Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
selbst. Wer wusste schon, wo die menschliche Natur begann und wo sie endete?
    »Komm«, sagte Susanne. »Wir müssen zusammenhalten.«
     
    Wie durch die Luft fliegende Glassplitter trieben historische Fragmente durch die Dunkelheit und stießen gegeneinander.
    Aber es gab einen Leuchtturm. Das Tal von Oi Dong hielt am immer währenden, sich ewig wiederholenden Tag fest. In der Höhle standen fast alle großen Zylinder still – die Zeit existierte nicht mehr. Einige von ihnen waren geborsten, andere geschmolzen oder explodiert. In einigen Fällen hatten sie sich einfach in Luft aufgelöst.
    Aber einer drehte sich noch.
    Der Große Thanda, ältester und größter Zauderer, drehte sich langsam auf einem Lager aus Basalt, spulte an einem Ende Zeit ab und am anderen wieder auf. Er wurde Wens Willen gerecht, indem er den perfekten Tag nie enden ließ.
    Rambut Handlich hielt sich allein in der Höhle auf. Im Schein einer Butterlampe saß er neben der sich drehenden Säule und gab gelegentlich eine Hand voll Schmiere auf das Lager.
    Ein steinernes Klicken veranlasste ihn, in die Dunkelheit zu spähen. Der Rauch von gebackenem Stein bildete dichte Schwaden.
    Das Geräusch wiederholte sich. Es folgte ein Kratzen, und ein Streichholz flammte auf.
    »Lu-Tze?«, fragte er. »Bist du das?«
    »Das hoffe ich, Rambut, aber kann man heutzutage sicher sein?« Lu-Tze trat ins Licht und setzte sich. »Man hält dich auf Trab, wie?«
    Handlich sprang auf. »Es ist schrecklich, Kehrer! Alle sind im Mandalasaal! Es geht noch schlimmer zu als beim Großen Zusammenbruch! Überall schwirren Fetzen der Geschichte umher, und wir haben die Hälfte der Zauderer verloren! Wir schaffen es nie, alles wieder…«
    »Na, na, du siehst aus wie jemand, der einen anstrengenden Tag hinter sich hat«, sagte Lu-Tze freundlich. »Hast vermutlich nicht viel Schlaf bekommen. Ich sag dir was: Ich kümmere mich hier um alles. Du kannst gehen und dich ein wenig hinlegen, einverstanden?«
    »Wir dachten, du hättest dich in der Welt verirrt, und…«, platzte es aus Handlich heraus.
    »Und jetzt bin ich zurück.« Lu-Tze lächelte und klopfte ihm auf die Schulter. »Gibt es hinter der Ecke noch immer den kleinen Alkoven, wo man die kleineren Zauderer repariert? Mit den inoffiziellen Betten für die Nachtschicht, wenn nur zwei oder drei Burschen gebraucht werden, um die Dinge im Auge zu behalten?«
    Handlich nickte und wirkte schuldbewusst. Über die Betten hätte Lu-Tze eigentlich nichts wissen dürfen.
    »Na, dann ab mit dir«, sagte Lu-Tze. Er sah dem Mann nach und fügte leise hinzu: »Wenn du aufwachst, bist du vielleicht der glücklichste Idiot, den es jemals gab. Nun, Wunderknabe? Was jetzt?«
    »Wir bringen alles in Ordnung«, erwiderte Lobsang und kam aus dem Schatten.
    »Weißt du, wie lange es beim letzten Mal gedauert hat?«
    »Ja«, sagte Lobsang, sah sich in der Höhle um und ging dann zum Podium. »Ja, ich weiß. Ich glaube nicht, dass ich so lange brauche.«
    »Ich wünschte, du würdest etwas zuversichtlicher klingen«, meinte Susanne.
    »Ich bin… ziemlich sicher.« Lobsangs Finger tasteten über die Spulen auf der Tafel.
    Mit einem kurzen Wink gemahnte Lu-Tze Susanne zur Vorsicht. In Gedanken war Lobsang bereits unterwegs zu einem anderen Ort, und Tods Enkelin fragte sich, wie viel Platz sein Bewusstsein beanspruchte. Seine Augen waren geschlossen.
    »Die… Zauderer, die noch übrig sind…«, sagte er. »Könnt ihr die Verbindungen herstellen?«
    »Ich zeige den beiden Damen, wie man’s macht«, entgegnete Lu-Tze.
    »Gibt es keine Mönche, die darüber Bescheid wissen?«, fragte Unity.
    »Es würde zu lange dauern«, sagte Lobsang. »Ich bin der Schüler eines Kehrers. Die Mönche würden viele Fragen stellen. Im Gegensatz zu euch.«
    »Da hat er Recht«, ließ sich Lu-Tze vernehmen. »Die Leute würden sagen ›Was hat das alles zu bedeuten?‹ und ›Will Keks!‹, und wir kämen zu nichts.«
    Lobsang sah auf die Spulen hinab und dann zu Susanne.
    »Stell dir… ein Puzzle vor, dessen Einzelteile überall verteilt sind. Und… ich verstehe mich gut darauf, Formen und Kanten zu erkennen. Darin bin ich wirklich gut. Und alle Teile bewegen sich. Aber da sie einmal miteinander verbunden waren, erinnern sie sich an die Verbindung. Diese Erinnerung kommt in ihrer Form zum Ausdruck. Sobald sich einige an der richtigen Stelle befinden, fällt es leichter, einen Platz für die anderen zu finden. Oh, und stell dir vor, dass alle Teile in der ganzen

Weitere Kostenlose Bücher