Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
von ihnen sagte: Sie begleiten dich zum Uhrmacher, wo heute alles geregelt wird. Sie werden weder essen noch atmen.
    Ha!, dachte eine der kleinen Stimmen, die Lady LeJeans Denken erledigten.
    Eine der Gestalten wimmerte leise.
    »Der Körper will atmen«, sagte Ihre Ladyschaft. »Ihr könnt ihn nicht dazu bringen, darauf zu verzichten.«
    Sie hörte Geräusche, die darauf hindeuteten, dass jemand zu ersticken drohte.
    »Ihr denkt: Ja, wir können die notwendigen Materialien mit der externen Welt austauschen, und das stimmt«, fuhr Lady LeJean fort. »Aber der Körper weiß das nicht. Er befürchtet zu sterben. Lasst ihn atmen.«
    Hier und dort schnappte jemand nach Luft.
    »Gleich fühlt ihr euch besser«, sagte die Lady und lauschte fasziniert einer inneren Stimme, die ihr mitteilte: Dies sind deine Aufpasser, aber du bist bereits stärker als sie.
    Eine der Gestalten tastete mit einer unbeholfenen Hand nach ihrem Gesicht, keuchte und fragte: »Zu wem sprichst du mit deinem Mund?«
    »Zu dir«, sagte Lady LeJean.
    »Meinst du uns?«
    »Hier sind einige Erklärungen erforderlich…«
    »Nein«, sagte der Revisor. »Auf diesem Weg liegt Gefahr. Wir glauben, der Körper zwingt dem Gehirn bestimmte Gedanken auf. Wir erheben deshalb keine Vorwürfe. Es handelt sich um… eine Fehlfunktion. Wir begleiten dich zum Uhrmacher. Sofort.«
    »Nicht in dieser Kleidung«, erwiderte Lady LeJean. »Damit erschreckt ihr ihn. Und das könnte irrationale Reaktionen zur Folge haben.«
    Es wurde kurz still. Die zu Menschen gewordenen Revisoren musterten sich hilflos.
    »Ihr müsst mit dem Mund sprechen«, sagte Lady LeJean. »Das Bewusstsein bleibt im Kopf.«
    Einer sagte: »Was ist falsch an dieser Kleidung? Sie hat eine einfache Form, wie man sie in vielen menschlichen Kulturen findet.«
    Lady LeJean trat zum Fenster. »Seht ihr die Leute dort unten?«, fragte sie. »Ihr müsst euch so kleiden, wie es in dieser Stadt gebräuchlich ist.«
    Widerstrebend kamen die Revisoren der Aufforderung nach. Sie blieben beim Grau, gaben sich aber Kleidung, die in den Straßen von Ankh-Morpork weniger auffällig sein würde. Allerdings…
    »Nur die weiblichen Körper sollten Kleider tragen«, ließ sich Lady LeJean vernehmen.
    Eine schwebende graue Kutte sagte: Warnung. Gefahr. Die Entität, die sich Lady LeJean nennt, könnte unsicheren Rat geben. Warnung.
    »Verstanden«, erwiderte einer der Fleisch gewordenen Revisoren. »Wir kennen den Weg. Wir gehen voran.«
    Er stieß gegen die Tür.
    Eine Zeit lang standen die Revisoren vor dem Hindernis. Schließlich sah einer zu Lady LeJean, die lächelte.
    »Türknauf«, sagte sie.
    Der Revisor starrte einige Sekunden auf den Knauf aus Messing. Dann glitt sein Blick über die Tür, die sich in Staub auflöste.
    »Mit dem Knauf wäre es einfacher gewesen«, kommentierte Lady LeJean.
     
    Tick
     
    Im Bereich der Mitte gab es hohe Berge. Aber nicht jeder derjenigen, die beim Tempel aufragten, hatte einen Namen, denn es waren einfach zu viele. Nur Götter haben genug Zeit, alle Kieselsteine an einem Strand zu benennen; es fehlt ihnen allerdings die Geduld dafür.
    Kupferkopf war klein genug, um groß genug für einen Namen zu sein. Lobsang erwachte und sah den schiefen Gipfel über kleineren Bergen, deren Silhouetten sich im Licht der aufgehenden Sonne abzeichneten.
    Manchmal haben die Götter überhaupt keinen Geschmack. Sie erlauben Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge in lächerlichen rosaroten und blauen Tönen, die ein professioneller Künstler als das Werk eines Amateurs, der nie einen wirklichen Sonnenuntergang gesehen hatte, abtun würde. Dies war ein solcher Sonnenaufgang. Wenn jemand erwacht und einen solchen Sonnenaufgang sieht, so wird er sicher Folgendes bemerken: »Bei einem richtigen Sonnenaufgang wäre der Himmel nicht rosarot wie eine Prothese.«
    Trotzdem war der Sonnenaufgang wunderschön. 15
    Lobsang lag halb in einem Haufen aus trockenem Adlerfarn. Vom Yeti fehlte jede Spur.
    In dieser Region hatte der Frühling begonnen. Es lag noch immer Schnee, aber an einigen Stellen waren der Boden und zaghaftes Grün zu sehen. Der Junge sah sich um und bemerkte knospende Blätter.
    Lu-Tze stand einige Meter entfernt und blickte an einem Baum empor. Er drehte nicht den Kopf, als sich Lobsang näherte.
    »Wo ist der Yeti?«
    »Er wollte nicht weiter gehen als bis hierher«, flüsterte Lu-Tze. »Von einem Yeti kann man nicht verlangen, dass er den Schnee verlässt.«
    »Oh«, flüsterte Lobsang.

Weitere Kostenlose Bücher