Der Zeitdieb
erwiderte er. »Fast alle Worte kommen von dort. Ein sonderbares Land. Direkt in der Mitte gibt es eine große Zeitquelle. Sehr nützlich. In vielen Bereichen von Viericks sind Zeit und Raum durcheinander geraten. Liegt wahrscheinlich an all dem Bier. Aber ein hübscher Ort. Nun, siehst du das Land dort drüben?«
Auf der einen Seite der Lichtung fiel der Boden steil ab, und jenseits der Baumwipfel lagen Felder wie Flicken in einer Falte des Gebirges. In der Ferne erstreckte sich eine Schlucht, und Lobsang glaubte, eine Brücke zu erkennen, die darüber hinwegführte.
»Sieht eher wie ein Regal aus«, sagte er.
»Das ist Hexenland«, meinte Lu-Tze. »Und wir werden uns einen Besen leihen, um damit nach Ankh-Morpork zu fliegen. Das schnellste Transportmittel weit und breit.«
»Läuft das nicht auf eine, äh, Einmischung in die Geschichte hinaus? Ich meine, man sagte uns, in den Tälern sei so etwas durchaus in Ordnung, aber hier unten in der Welt…«
»Hier unten in der Welt ist so etwas streng verboten, weil es auf eine Einmischung in die Geschichte hinausläuft«, sagte Lu-Tze. »Man muss sich natürlich vor der Hexe in Acht nehmen. Einige von ihnen sind ziemlich schlau.« Er bemerkte Lobsangs Gesichtsausdruck. »Deshalb gibt es Regeln, weißt du. Damit man nachdenkt, bevor man gegen sie verstößt.«
»Aber…«
Lu-Tze seufzte und drückte die Zigarette aus. »Wir werden beobachtet«, sagte er.
Lobsang drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, sah aber nur Bäume und summende Insekten.
»Da oben«, sagte Lu-Tze.
Ein Rabe saß in der Krone einer Kiefer, die während eines Wintersturms geborsten war. Er begegnete ihrem Blick.
»Krächz?«, machte er.
»Es ist nur ein Rabe«, sagte Lobsang. »Im Tal gibt es viele davon.«
»Er beobachtete uns, als wir anhielten.«
»Überall in den Bergen gibt es Raben, Kehrer.«
»Und als wir dem Yeti begegneten«, beharrte Lu-Tze.
»Dann muss es ein Zufall sein«, sagte Lobsang. »Kein Rabe hätte so schnell sein können.«
»Vielleicht ist es ein besonderer Rabe«, vermutete Lu-Tze. »Eins steht fest: Er stammt nicht aus den Bergen, sondern aus dem Tiefland. Bergraben krächzen nicht, sondern krähen. Warum ist er so sehr an uns interessiert?«
»Mir kommt es ein bisschen… seltsam vor zu glauben, dass uns ein Vogel verfolgt«, meinte Lobsang.
»In meinem Alter bemerkt man Dinge am Himmel«, sagte Lu-Tze. Er zuckte mit den Schultern und lächelte. »Man beginnt zu befürchten, dass es Geier sein könnten.«
Sie verblassten in die Zeit und verschwanden.
Der Rabe plusterte sich auf.
»Kräh?«, machte er. »Verdammt.«
Tick
Lobsang tastete unter den Dachvorsprung der Hütte und schloss die Hand um die Borsten eines Besens, den jemand ins Reet geschoben hatte.
»Das ist Diebstahl«, sagte er, als Lu-Tze ihm nach unten half.
»Nein«, widersprach der Kehrer, nahm den Besen entgegen, hob ihn an und blickte über seine Länge hinweg. »Und ich nenne dir auch den Grund. Wenn es uns gelingt, alles in Ordnung zu bringen, kommen wir auf dem Rückweg hier vorbei, und dann wird die Hexe nie erfahren, dass wir ihren Besen nahmen. Und wenn es uns nicht gelingt, die Sache in Ordnung zu bringen… Auch dann erfährt sie nichts davon, dass wir uns ihren Besen ausleihen. Um ganz ehrlich zu sein: Hexen gehen ziemlich unachtsam mit ihren Besen um. Sieh dir nur die Borsten hier an. Mit diesem würde ich nicht mal einen Teich reinigen! Na schön… In die Uhrzeit zurück, Junge. Ich möchte so ein Ding nicht fliegen, während ich die Zeit schneide.«
Er setzte sich rittlings auf den Besen und griff nach dem Stiel. Der Besen stieg ein wenig auf.
»Wenigstens hat er eine gute Federung«, sagte Lu-Tze. »Dir überlasse ich den bequemen Platz weiter hinten. Halt meinen Kehrbesen fest. Und wickel dich gut in deine Kutte. Auf diesen Dingern kann’s sehr windig werden.«
Lobsang ging an Bord, und der Besen stieg auf. Als er auf eine Höhe mit den unteren Zweigen kam, blickte Lu-Tze in die Augen eines Raben.
Der Vogel neigte sich voller Unbehagen hin und her. Er drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, als er versuchte, den Blick beider Augen auf Lu-Tze zu richten.
»Ich frage mich, ob du krächzt oder krähst«, murmelte der Kehrer wie im Selbstgespräch.
»Kräh«, sagte der Rabe.
»Du bist also nicht der Rabe, den wir auf der anderen Seite des Berges gesehen haben.«
»Ich? Lieber Himmel, nein«, sagte der Rabe. »Dort drüben wird gekräht.«
»Wollte
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