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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Lobsang hatte dabei gute
    Leistungen gezeigt, weil er es ausgezeichnet verstand, die Zeit zu
    schneiden. Das gab ihm stets einen Vorteil. Und wenn einem solche
    Vorteile zur Verfügung standen, benötigte man kein wirkliches
    Kampfgeschick.
    Doch hier gab es keine Zeit, die sich schneiden ließ.
    Er setzte eine Mischung aus Sna-fu, Okidoki und allen anderen funktionierenden Techniken ein, denn wenn man bei einem richtigen
    Kampf so vorging wie im Dojo, war man so gut wie tot. Die grauen
    Leute stellten eigentlich gar keine richtigen Gegner dar – sie versuchten 276

    nur, ihn zu packen und festzuhalten. Eine Oma hätte sie abwehren
    können.
    Einige rasche Hiebe ließen zwei Gegner zurücktaumeln, und Lobsang
    wandte sich dann dem dritten zu, der versuchte, ihn am Hals zu packen.
    Er befreite sich aus dem Griff, wirbelte herum, holte aus… und zögerte.
    »Oh, meine Güte!«, erklang eine Stimme.
    Susannes Schwert wirbelte an Lobsangs Gesicht vorbei.
    Der Kopf des dritten Gegners wurde vom Körper getrennt, aber es
    spritzte kein Blut. Stattdessen stieg bunter Staub auf. Der Leib löste sich auf und wurde zu einer in der Luft schwebenden grauen Kutte, die
    sofort verschwand.
    Lobsang hörte, wie es hinter ihm zweimal dumpf pochte, dann griff
    Susanne nach seiner Schulter.
    »In einem Kampf darf man nicht zögern !«, sagte sie.
    »Aber es war eine Frau!«
    »Nein, es war die Gestalt einer Frau, und darin steckte ein Revisor!
    Derzeit greift niemand sonst an. Lass uns gehen, bevor die anderen
    eintreffen.« Susanne nickte zu einer zweiten Gruppe Revisoren, die am Ende des Flurs standen und sie aufmerksam beobachteten.
    »Sie ließen sich ganz leicht abwehren«, sagte Lobsang und kam wieder zu Atem. »Was machen die dort drüben?«
    »Sie lernen. Kannst du besser kämpfen als eben?«
    »Natürlich!«
    »Gut. Denn beim nächsten Mal werden die Revisoren so gut sein wie
    du eben. Wohin jetzt?«
    »Äh, hier entlang!«
    In der nächsten Galerie gab es ausgestopfte Tiere. Vor einigen
    Jahrhunderten hatten sie sich großer Beliebtheit erfreut. Es handelte sich nicht um die traurigen Jagdtrophäen von einem kranken Bären oder
    altersschwachen Tiger, dessen Krallen ein mutiger Mann mit nur fünf
    Armbrüsten, zwanzig Ladern und hundert Treibern gegenübergetreten
    war. Einige dieser Tiere bildeten Gruppen. Recht kleine Gruppen, aus recht kleinen Tieren.
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    Frösche saßen an einem kleinen Esstisch. Hunde, gekleidet in
    Jagdjacken, verfolgten einen Fuchs, der eine Mütze mit Federn trug. Ein Affe spielte auf einem Banjo.
    »Oh, nein, es ist eine ganze Kapelle«, sagte Susanne. Ihre Stimme
    drückte entsetztes Erstaunen aus. »Und sieh dir nur die tanzenden Kätzchen an…«
    »Schrecklich!«
    »Was geschah wohl, als der Mann, von dem dies hier stammt, meinem
    Großvater begegnete?«
    »Bist du sicher, dass er deinem Großvater begegnete?«
    »Oh, ja«, sagte Susanne. »Ganz sicher. Und mein Großvater mag
    Katzen.«
    Lobsang verharrte am Fuß einer Treppe, die halb hinter einem
    unglücklichen Elefanten verborgen war. Ein rotes Seil, inzwischen so hart wie eine Stange, wies darauf hin, dass der Bereich dahinter nicht zu dem öffentlich zugänglichen Teil des Museums gehörte. Betont wurde
    dies durch ein Schild mit der Aufschrift: »Absolut kein Zutritt.«
    »Ich sollte dort oben sein«, sagte er.
    »Dann los«, erwiderte Susanne und sprang über das Seil hinweg.
    Die schmalen Stufen führten zu einem großen, leeren Treppenabsatz.
    Hier und dort standen Kisten.
    »Der Dachboden«, sagte Susanne. »He, warte mal… Was bedeutet das
    Schild dort?«
    »Nach links«, las Lobsang. »Wenn hier schwere Dinge bewegt werden
    mussten…«
    »Sieh dir das Schild an«, zischte Susanne. »Sieh nicht das, was du zu sehen erwartest. Sieh das, was wirklich da ist!«
    Lobsang sah genau hin.

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    »Was für ein dummes Schild«, sagte er.
    »Hmm«, erwiderte Susanne. »Ich finde es… interessant. Wohin sollen
    wir uns wenden? Bestimmt brauchen die Revisoren nicht lange, um zu
    entscheiden, uns zu folgen.«
    »Wir sind ganz nahe«, sagte Lobsang. »Jeder Weg ist richtig!«
    »Na schön.« Susanne wählte einen schmalen Durchgang zwischen zwei
    Kisten.
    Lobsang folgte ihr. »Was meintest du eben mit ›entscheiden‹?«, fragte er, als er durch die Düsternis eilte.
    »Das Schild am Seil verbietet den Zutritt.«
    »Von so etwas lassen sich die Revisoren aufhalten?« Lobsang blieb
    stehen.
    »Oh, letztendlich werden sie sich über das

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