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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ausgedrückt.
    Wienrich und Böttcher stellten keine Pralinen her – ebenso gut konnte man behaupten, Leonard da Quirm sei ein anständiger Maler, der gern
    mit Dingen herumspielte. Oder man konnte Tod als jemanden
    bezeichnen, dem man nicht jeden Tag begegnen wollte. Diese
    Beschreibungen trafen zwar zu, aber sie erzählten nicht die ganze
    Geschichte.
    Wienrich und Böttcher kreierten Pralinen. Das ist ein wichtiger
    Unterschied.* Der exklusive Laden verkaufte zwar die Resultate, aber man ließ sich nicht auf das Niveau hinab, mit den Köstlichkeiten im
    Schaufenster zu prahlen. Das hätte… zu viel Eifer ausgedrückt.
    Normalerweise präsentierte das Schaufenster von W & B Vorhänge aus Seide und Samt, außerdem einen Porzellanteller, auf dem eine der
    speziellen Pralinen oder höchstens drei der berühmten glasierten
    Karamellen lagen. Preisschilder gab es nicht. Wer nach dem Preis der Pralinen von W & B fragen musste, konnte sie sich nicht leisten. Und wenn man eine probierte und sie sich nicht leisten konnte… Dann geizte und sparte man, stahl und verkaufte Verwandte, nur für eine jener
    Delikatessen, die sich in die Zunge verliebten und die Seele in
    Schlagsahne verwandelten.
    Vor dem Schaufenster gab es einen direkten kleinen Abfluss im
    Pflaster, bestimmt für Leute, denen der Speichel von den Lippen tropfte.
    Wienrich und Böttcher waren Ausländer, und die Konditorgilde in
    Ankh-Morpork vertrat die Ansicht, dass sie sich nicht mit den
    Besonderheiten der städtischen Geschmacksknospen auskannten.
    Die Bewohner von Ankh-Morpork, so hörte man von der Gilde,
    waren herzhafte, sachlich denkende Leute, die keine mit Kakaolikör
    gefüllten Pralinen wollten und nichts von schwächlichen, affektierten Fremden hielten, die dazu neigten, alles mit Creme auszustatten.

    * Er beträgt bis zu 10 Ankh-Morpork-Dollar pro Pfund.
    299

    Angeblich waren ihnen Pralinen mit folgenden Ingredienzen lieber:
    Milch, Zucker, Talg, Hufe, Lippen, diverses Ausgepresstes, Rattenkot, Putz, Fliegen, Nierenfett, Teile von Bäumen, Haare, Mull, Spinnen und zerriebene Kokosnussschalen. Nach den kulinarischen Maßstäben der
    großen Pralinenzentren in Borograwien und Quirm bedeutete das: die
    Pralinen von Ankh-Morpork wurden offiziell als »Käse« klassifiziert; nur die Farbe verhinderte, dass man sie der Kategorie »Fugenkitt« zuordnete.
    Susanne gestattete sich eine der billigeren Schachteln pro Monat. Und sie konnte jederzeit bei der ersten Schicht aufhören, wenn sie wollte.
    »Du brauchst mich nicht ins Geschäft zu begleiten«, sagte Susanne, als sie die Tür öffnete. Erstarrte Kunden standen am Ladentisch.
    »Bitte nenn mich Myria.«
    »Ich glaube nicht, dass ich…«
    »Bitte«, sagte Lady LeJean demütig. »Ein Name ist wichtig.«
    Plötzlich regte sich in Susanne so etwas wie Mitgefühl für das Wesen.
    »Na schön. Du brauchst mich nicht zu begleiten, Myria.«
    »Ich kann es aushalten.«
    »Aber ich dachte, Schokolade wäre eine praktisch unwiderstehliche
    Versuchung?«, fragte Susanne, die sich selbst unter Kontrolle hatte.
    »Das stimmt.«
    Sie sahen zu den Regalen hinter dem Ladentisch.
    »Myria… Myria«, sagte Susanne und sprach nur einige ihrer Gedanken
    laut aus. »Abgeleitet vom ephebianischen Wort myrios, das ›zahllos‹
    bedeutet. Und LeJean dürfte auf ›Legion‹ zurückgehen… Meine Güte.«
    »Wir dachten, ein Name sollte über das betreffende Objekt oder die
    Person Auskunft geben«, erklärte Ihre Ladyschaft. »Und zu mehreren ist man sicherer. Tut mir Leid.«
    »Nun, dies ist das Basissortiment«, sagte Susanne und meinte damit
    den Inhalt der Regale. »Sehen wir uns im Hinterzimmer um… Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Es geht mir gut, es geht mir gut…« Lady LeJean schwankte.
    »Du kommst doch nicht etwa auf die Idee, dir den Bauch voll zu
    schlagen?«
    300

    »Wir… ich… habe Willenskraft. Der Körper sehnt sich nach den
    Pralinen, aber der Geist lehnt sie ab. Das sage ich mir zumindest. Und es muss stimmen! Der Geist ist stärker als der Körper! Welchen Zweck hat er sonst?«
    »Das habe ich mich oft gefragt«, erwiderte Susanne und öffnete eine
    andere Tür. »Ah. Die magische Höhle…«
    »Magie? Hier verwendet man Magie?«
    »Fast.«
    Lady LeJean stützte sich am Türrahmen ab, als sie die Tische sah.
    »Oh«, sagte sie. »Äh… ich erkenne… Zucker, Milch, Butter, Sahne,
    Vanille, Haselnüsse, Mandeln, Walnüsse, Rosinen, Orangenschalen,
    verschiedene Liköre, Zitruspektin,

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