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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und…«
    Er stand auf und griff nach dem Besen.
    »Die Beine unter die Arme genommen, Junge. Noch einmal zwei oder
    drei Sekunden, und wir sind unten in Bamm Futsch.«
    »Was wolltest du eben sagen?«, fragte Lobsang und stand auf.
    »Oh, es ist nur das wirre Gerede eines Alten«, erwiderte Lu-Tze.
    »Wenn man über siebenhundert Jahre alt ist, lässt man gelegentlich die Gedanken treiben. Komm jetzt.«
    »Kehrer?«
    »Ja, Junge?«
    »Warum tragen wir Dreher auf dem Rücken?«
    »Alles zu seiner Zeit, Junge. Hoffe ich.«
    »Wir tragen Zeit, nicht wahr? Damit wir in Bewegung bleiben können,
    wenn die Zeit anhält, stimmt’s? Wie… Taucher?«
    »Gut überlegt.«
    »Und…?«
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    »Noch eine Frage?«
    »Die Zeit ist eine ›Sie‹? Die Lehrer haben das nie erwähnt, und auch in den Schriftrollen steht nichts darüber geschrieben.«
    »Was eigentlich kein Wunder ist. Wen schrieb auch eine… Nun, man
    nennt sie die ›Geheime Schriftrolle‹. Sie wird in einem verschlossenen Zimmer aufbewahrt. Nur die Äbte und ranghöchsten Mönche
    bekommen sie jemals zu Gesicht.«
    Dabei konnte es Lobsang nicht bewenden lassen. »Und woher weißt
    du…«, begann er.
    »Von solchen Männern kann man doch nicht erwarten, dass sie selbst
    in dem Zimmer fegen«, bemerkte Lu-Tze. »Es war ziemlich staubig dort drin.«
    »Wovon berichtet die Schriftrolle?«
    »Ich habe nicht viel gelesen«, sagte Lu-Tze. »Es fühlte sich nicht richtig an.«
    »Tatsächlich? Und was hast du gelesen?«
    »Ein Liebesgedicht. Und ein ziemlich gutes…«
    Lu-Tzes Gestalt verschwamm, als er die Zeit schnitt, verblasste und
    verschwand dann ganz. Fußabdrücke erschienen im Schnee.
    Lobsang wickelte die Zeit um sich und folgte dem Kehrer. Eine
    Erinnerung erschien aus dem Nichts: Wen hatte Recht.

    Es gab viele Orte wie das Lagerhaus. Sie standen in jeder alten Stadt, ganz gleich, wie teuer Bauland ist. Manchmal ging Platz einfach verloren.
    Eine Werkstatt wird gebaut, und dann daneben noch eine. Fabriken,
    Lagerräume, Schuppen und provisorische Anbauten kriechen
    aufeinander zu, treffen sich und verschmelzen miteinander. Freiräume zwischen Außenmauern werden mit Teerpappe überdacht. Seltsam
    geformte Teile des Bodens werden kolonisiert, indem man eine
    Holzwand zusammennagelt und eine Türöffnung hineinsägt. Alte Türen
    verschwinden hinter Stapeln aus Nutzholz und neuen
    Werkzeugschränken. Die alten Männer, die wissen, was sich wo befindet, ziehen fort und sterben, ebenso wie die Fliegen in den staubigen
    163

    Spinnweben an schmutzigen Fenstern. Die jungen Leute in dieser
    scheußlichen Welt aus summenden Drehbänken, Lackierereien und
    vollgestopften Werkstätten haben keine Zeit, das Durcheinander zu
    erforschen.
    Und so entstanden Orte wie dieser: ein kleines Lagerhaus mit einem
    verkrusteten Oberlicht. Nicht weniger als vier Fabrikbesitzer glaubten, dass es einem der drei anderen gehörte – wenn sie überhaupt daran
    dachten. In Wirklichkeit gehörte jedem von ihnen eine Mauer, und
    niemand erinnerte sich daran, wer den Bereich überdacht hatte. Jenseits der Mauern waren auf allen vier Seiten Menschen und Zwerge damit
    beschäftigt, Eisen zu schmieden, Holz zu sägen, Schnüre anzufertigen und Schrauben zu drehen. Doch hier drin herrschte jene Art von Stille, die nur Ratten kennen.
    Die Luft bewegte sich, zum ersten Mal seit Jahren. Staubkugeln rollten über den Boden. Schwebende Staubkörnchen glänzten in dem matten
    Licht, das durch das Fenster im Dach fiel. Auf subtile Weise formte sich Substanz. Sie stammte von den Broten der Arbeiter, vom Schmutz im
    Rinnstein und von Taubenfedern, ein Atom hier, ein Molekül dort – von niemandem beobachtet, strömte die Materie ins Zentrum des
    Lagerhauses.
    Sie drehte sich und formte verschiedene uralte, schreckliche Gestalten, bis sie schließlich zu Lady LeJean wurde.
    Die Frau taumelte, aber es gelang ihr, sich auf den Beinen zu halten.
    Andere Revisoren erschienen ebenfalls, und als sie sich materialisierten, schienen sie sich schon immer an diesem Ort aufgehalten zu haben. Die tote Gräue des Lichts nahm nur eine Form an – wie Schiffe aus dem
    Nebel kamen sie zum Vorschein. Man starrte in den Nebel, und plötzlich stellte sich heraus, dass ein Teil des Nebels ein Schiffsrumpf war, und jetzt blieb nichts anderes übrig, als möglichst schnell die Rettungsboote zu Wasser zu lassen…
    Lady LeJean sagte: »Ich kann das nicht dauernd wiederholen. Es ist zu schmerzhaft.«
    Einer sagte: Ah,

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