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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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bekommen? ›Ihr findet ihn auf der Insel der Großväter‹? So ein Schweinehund! Wenn er nicht schon tot wäre, würde ich ihn umbringen.«
    »Das ist ein überstürztes Urteil«, sagte Wasily. »Denk daran, er ist seit über tausend Jahren hier…«
    »Unerhört«, jammerte Smoot. »Nur ein junger Hüpfer ist er, aber er kommt angestapft und trampelt rücksichtslos über jeden hinweg. Äußerst unhöflich, sage ich.«
    »Ich meine«, fuhr Wasily fort, »wenn das damals wirklich ein weithin bekannter Name gewesen ist, finden wir ihn vielleicht auf Fischmehls Atlas.«
    »Gute Idee«, stimmte Fischmehl zu. »Übrigens, Ham – das war großartig, auf diese Weise mit ihm zu reden. Ich wusste nicht, dass unser Heimatland Farah hieß.«
    »Ich bin mir nicht sicher«, gab Ham zu. »Das war ein Schuss ins Blaue hinein. Ich habe darauf spekuliert, dass das römische Imperium sich entweder tatsächlich bis zu einem Ort namens Farah erstreckte – von dem ich glaube, dass er sich näher am damaligen Persien befand – oder dass sein königliches Ego ihm nicht gestatten würde, die Loyalitätsbezeugung eines möglichen Untertanen zurückzuweisen.«
    »Toller Auftritt!«, sagte Wasily.
    »Ich habe es ja gleich gesagt«, jammerte Smotay, »unhöfliche kleine Elefanten, allesamt.«

 
KAPITEL ACHT
Das dritte Chamäleon
     
    Wie bereits auf der Reise nach Ukok, stellte die Beechcraft innerhalb weniger Stunden unter Beweis, dass sie keinen Geschwindigkeits- oder Entfernungsbegrenzungen mehr unterworfen war. Die kleine Reisegruppe hatte die Insel der Großväter auf dem Atlas gefunden und überquerte noch vor Einbruch der Dunkelheit das südwestliche Meer der Koreanischen Halbinsel.
    Trotz des ungewöhnlichen Durchhaltevermögens des auf wundersame Weise gefüllten Treibstofftanks, hätte das Flugzeug seine Leistungsfähigkeit schon längst überschritten haben müssen. Vom Motor abgesehen funktionierten nur sehr wenige Systeme, und diese waren vollkommen unzuverlässig. Sie flogen mit Hilfe von Hams natürlichem Talent als Pilot und Fischmehls angeborenen Navigationsfähigkeiten. Was für Schwierigkeiten es auch zuvor gegeben hatte – sie waren dankbar, dass das Flugzeug sie wenigstens nach Belieben starten und landen ließ.
    Wasily führte sie zur größten Insel des Archipels, in deren Mitte sich der scharf umrissene Schatten eines Vulkankegels abzeichnete, der von Hunderten kleinerer Kegel umgeben war.
    »Ist das unser Reiseziel?«, fragte Fischmehl und wies auf den schwarzen Turm.
    »Nein«, sagte Wasily. »Wir werden weiter unten landen.«
    Er gab Ham Kursanweisungen, und die kleine Maschine ging rasch tiefer und flog auf den Flughafen der Insel Cheju zu.
     

     
    Auf Grund von Überresten, die in der Stadt Cheju und auf der ganzen Insel gefunden wurden, vermutete man, dass auf Cheju schon seit Urzeiten Menschen gelebt hatten. »Niemand weiß, wann die Provinz gegründet wurde«, sagte der Skalde, während die Beechcraft die dunkle Landebahn hinunterrollte, dem anscheinend verlassenen Terminal entgegen. »Obwohl es eine Legende um drei Namen gibt, in der es heißt, dass drei Männer mit Namen Ko, Bu und Yang Cheju dafür verantwortlich waren. Der Rest von Korea und Japan behandelte Cheju wie eine verlassene Insel, und in der Chosun Dynastie wurde sie zum Verbannungsort für politisch engagierte Gelehrte.«
    »Woher weißt du das alles?«, fragte Fischmehl.
    »Mein Freund hat hier viel Zeit verbracht«, erwiderte Wasily. »Ich war mir allerdings nicht sicher, ob er immer noch hier ist. Davon abgesehen interessieren mich Geschichten über Menschen mit drei Namen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Ham.
    »Vergiss es«, sagte Wasily.
     

     
    Das Klima auf der kleinen Insel war genauso eisig wie auf dem gefrorenen Ozean, und die Kälte begann langsam ihren Tribut zu fordern: Fischmehl hatte Hände und Füße in den Stoff des Beutels gehüllt, den George ins Flugzeug geworfen hatte, und Ham wickelte sich so fest wie möglich in seinen Übermantel. Selbst der Skalde zeigte angesichts der extremen Temperaturen allmählich eine leichte Erschöpfung, wenn auch natürlich in geringerem Maße.
    »Ich weiß nicht, worüber du dich beschweren könntest«, sagte Ham gereizt. »Zumindest ist es unwahrscheinlich, dass dir Finger und Zehen abfrieren.«
    »Was du nicht sagst«, entgegnete Wasily. »Wenn du allerdings ein Taschentuch übrig hättest, das du mir über die Nase legen könntest, würde ich nicht Gefahr laufen, dass mir die

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