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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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sagte Bragi. »Wenn ich mich recht entsinne, war eigentlich keine größere Umkehrung fällig. Jedenfalls keine, die mehr als ein paar Albträume hervorgerufen und Leute zu Taten inspiriert hätte, für die sie sich später ordentlich schämen würden.«
    »Ich kann mich ebenfalls an keine erinnern«, stimmte Duk zu. »Und das bedeutet, dass jemand absichtlich eine Galder- Umkehrung herbeigeführt hat, und das wiederum bedeutet…« Er ließ die Worte in der Luft hängen.
    »Was?«, fragten Fisch und Ham im Chor. »Was bedeutet das?«
    Bragi schloss die Augen. »Ein Blutopfer. Jemand wie ich ist geopfert worden.«
    Fischmehl schritt nachdenklich auf und ab. »Vielleicht ist derjenige, der geopfert wurde, noch am Leben. Vielleicht hat er überlebt, so wie du mit Hilfe der Runen.«
    »Das ist unwahrscheinlich«, sagte Bragi. »Jedenfalls nicht auf die gleiche Weise. Ich kenne niemanden sonst mit Zungenrunen. Trotzdem muss es geschehen sein, sonst hätte sich die Welt nicht so verändert. Ich fürchte, dass wir sehr wahrscheinlich nichts dagegen unternehmen können – dass niemand irgendetwas tun kann.«
    »Oh, da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Duk. »Was meinst du: Wann hat diese Umkehrung begonnen?«
    »Vor etwas mehr als fünf Tagen«, erwiderte Bragi und kniff die Augen zusammen, während er nachrechnete. »Ja, das stimmt. Fünf, fast sechs Tage.«
    »Dann«, sagte das Kind, wischte sich die Hände ab und ging an ihnen vorbei in die Höhle hinein, »haben wir vielleicht immer noch die Möglichkeit, die Welt zu retten.«
     

     
    »Du warst während der letzten größeren Umkehrung nicht in der Bibliothek«, sagte Duk zu Bragi, während sie es sich in der Höhle bequem machten und einen Kessel Tee aufsetzten. »Deshalb wirst du dich nicht aus eigener Anschauung daran erinnern, dass ein abtrünniger Ankorit, genau das versucht hat. Sein Name war R.«
    »Romulus«, warf Bragi ein.
    »Ah«, sagte Duk überrascht. »Du hast also doch von ihm gehört.«
    »Er war der Mentor von Tarquinius Priscus.«
    »Lucius, König Tarquin von Rom. Ich habe vergessen, dass ihr einander kennt. So hast du mich wohl auch gefunden - du hast Lucius zu Rate gezogen?«
    »Ja.«
    »Hmm«, machte Duk grübelnd. »Er lebt also noch, ja?
    Wie geht es ihm denn, wenn du mir diese Frage gestattest?«
    »Das willst du nicht wissen«, erwiderte Bragi. »Was wolltest du über R erzählen?«
    »Ach ja. Romulus war ein Ankorit in der großen Bibliothek – der Jüngste sogar, obwohl er sich bereits mehrere hundert Jahre dort aufhielt. Die neuen Ankoriten übernehmen stets die Rolle des Lehrers, und unter Romulus’ Leitung wuchs die Bibliothek zu einer beachtlichen Fundgrube des Wissens an. Die sorgfältige Verwaltung der verfügbaren Ressourcen verhalf vielen Zeitaltern und ihren Übergängen zu einem reibungslosen Ablauf, und nichts wies darauf hin, dass sich dies in der Zukunft ändern würde. Dann trat in der Bibliothek ein großer Riss zutage. Eine Umkehrung – eine atemberaubende, ungeheuer wichtige Umkehrung nahte, begleitet von einer furchtbaren Entdeckung: Es stellte sich heraus, dass neun der Geschichten fehlten! Und zwar genau jene, die den entsprechenden Zeitrahmen betrafen.«
    »Die neun prophetischen Bücher, die die Sibylle Lucius gegeben hat«, sagte Fischmehl, dem ein Licht aufging.
    »In der Tat«, sagte Duk. »Unter den fehlenden Bänden befanden sich einige der ältesten, die die Bibliothek besessen hatte. Prophezeiungen, die sogar von den Anhängern der ältesten Sibyllen stammen mochten. Allerdings waren nicht alle Bücher des Kreislaufes verschwunden. Dem damaligen Lehrer der Ankoriten, Romulus, standen noch genug zur Verfügung, um das Wesen der Geschichte zu ermitteln, deren Anfang bevorstand. Es war eine Geschichte, die die Welt, aus der er stammte, vollkommen auszulöschen drohte.«
    »War das die Galder- Umkehrung?«, fragte Ham.
    »Nein. Die Umkehrung, die er fürchtete, war das natürliche Ende eines Kreislaufs und der Anfang eines neuen. Diese Kreisläufe waren nur zufällig größer als alle, die er kannte. Seinen Zorn weckte jedoch die Tatsache, dass er einen größeren Anteil an der Entwicklung der damaligen Geschichte gehabt hatte, als jedes andere Wesen – ob lebendig oder tot –, und er beschloss, alles in seiner Macht stehende zu tun, um den Ausgang zu verändern.«
    »Das war die Galder- Umkehrung«, sagte Fisch.
    »Ihre Anfänge jedenfalls, oder zumindest die Anfänge der ersten großen Rebellion gegen

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