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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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überlege, ist Mannschaftsführer oder Buagos wohl das gleiche.«
      Papà wurde nachdenklich. »Was macht ihr heute im Unterricht bei Gorgerino?«
      »Zuerst feiern wir die Eroberung von Makallé, was wir noch nicht haben tun können, und nachher …«
    »Einen Augenblick«, sagte Papà. »Wie ist diese Feier?«
    »Spartanisch.«
    »Und feiert ihr oft?«
      »Wir haben die Eroberung von Adua gefeiert, die von Axum und heute die von Makallé.«
      »Kommt mir vor, als würdet ihr mehr feiern als lernen«, meinte Mamà, als sie in die Küche ging.
      »Sag mir doch mal«, sagte Papà leise, »diese Feiern, feiert ihr die nackt, du und Gorgerino?«
    »Ja, Papà.«
    Papà fragte nicht weiter, er verabschiedete sich von seiner
    Frau und ging zur Arbeit.

    An die Feier der Eroberung von Makallé erinnerte sich Professore Gorgerino noch sein ganzes Leben.
      Sie waren nackt, Michilino bereits in Position und er mit der Vaseline in der Hand, als es an der Tür klopfte. Gorgerino zog eilig den Morgenmantel und die Pantoffeln an, legte den Zeigefinger an den Mund, was bedeutete »Kein Wort!«, schloß die Tür des Arbeitszimmers und ging in die Diele.
    »Wer ist da?«
    »Mach auf, Gorgerino, ich bin Giugiù Sterlini.«
    »Wenn ich Unterricht gebe, will ich nicht, daß …«
      »Mach diese Tür auf, Gorgerì, bring meine Eier nicht zum Dampfen.«
    »Ich habe gesagt, daß …«
      Der Stoß mit der Schulter, den Papà der Tür versetzte, brachte die Wohnung zum Erzittern.
    »Ich mach ja schon auf.«
    »Wo ist Michilino?«
    »Im Arbeitszimmer. Stör ihn nicht.«
    »Aber wer stört ihn denn! Ich will ihn ja nur sehen.«
      Langsam öffnete er die Tür zum Arbeitszimmer, er sah den Jungen nackt, der ihm zulächelte.
      »Papà! Wie schön! Bist du gekommen, um mich mit Mamà abzuholen?«
      »Ich möchte dir erklären, Kamerad …«, fing Gorgerino an, der hinter Papà stand.
    Ohne Ah! noch Oh! zu sagen, drehte Papà sich um und pflanzte seine Faust in Gorgerinos Gesicht, der durch die gesamte Diele bis zur Wohnungstür flog. Er fiel mit dem Hintern auf den Boden, aus der gebrochenen Nase floß ziemlich viel Blut. Michilino erstarrte vor Angst. Warum nur war Papà so wütend, daß er Gorgerino so verprügelte? Was hatte der Professore denn Schlimmes getan?
    »Zieh dich an«, sagte Papà zu Michilino.
      Papà ging zu Gorgerino, der versuchte, das Nasenbluten mit dem Morgenmantel zu stoppen, und versetzte ihm einen gewaltigen Tritt in die Schamteile, die aufgrund der Haltung des Professore freilagen. Gorgerino krümmte und wälzte sich auf dem Boden, nahm die blutverschmierten Hände von der Nase, um sie über den Vogel zu legen, und fing an zu weinen, wobei er sich mit Rotz, mit Spucke und Blut verschmierte. Sobald er Papà wieder vor den Schuß kam, versetzte Papà ihm noch einen Tritt, diesmal ins Gesicht. Der Professore verlor das Bewußtsein, er lag mit dem Bauch in der Luft und geöffneten Armen. In der Tür zum Arbeitszimmer tauchte Michilino auf, wachsgelb.
    »Hast du ihn umgebracht, Papà?«
    »Nein, aber verdient hätte er's.«
    Gorgerino jammerte. Papà wandte sich ihm zu.
    »Hörst du mich?«
      »Fa, fa«, gelang es dem Professore zu sagen, dessen Zunge gespalten sein mußte.
      »Ich sag es dir auf sizilianisch: Tu, tra mezzura, apprisenti una littra di dimissioni dall'Opira Balilla. E dumani a matinu, entro mezzojornu, devi essere partuto da chisto paìsi e nun ci devi cchiù mettiri pedi. Chiaru? In einer halben Stunde erklärst du in einem Brief deinen Rücktritt vom Nationalen Baliila-Werk. Und morgen vormittag, bis zwölf Uhr, mußt du diesen Ort verlassen haben und darfst nie wieder deinen Fuß hier reinsetzen. Klar?«
    »Fa.«
    »Und wenn du nicht tust, was ich dir gesagt habe, zeige ich dich bei den Carabinieri an. Hast du verstanden?«
    »Fa.«
      »Und jetzt red' ich spartanisch mit dir, das magst du ja. Wenn ich dich morgen nach dem Mittagessen noch im Ort antreffe, pack' ich dich vor allen Leuten und schiebe dir einen Besenstiel in den Arsch. Hast du mich verstanden, du Scheißkerl?«
    »Fa.«
      »Noch etwas: Wenn du dir die Verletzungen behandeln läßt, dann sagst du, du wärst die Treppe runtergefallen. Stockt dir das Blut in der Nase?«
    »Fa.«
    »Dann kümmere ich mich umgehend darum.«
    Papà hob einen Fuß und senkte ihn aufs Gesicht des
    Professore. Gorgerino krümmte sich, er sah aus wie eine dieser Schaben, die sich bei der geringsten Berührung

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