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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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nichts erklärt?« fragte er Mamà.
    Mamà wurde rot.
    »Nein.«
      »Weißt du, Michelino«, sagte Padre Burruano. »Männer und Frauen sind unterschiedlich beschaffen. Frauen haben Brüste, damit sie säugen können, Männer haben die nicht. Männer sind stark, sie haben Muskeln, Frauen haben keine. Männer haben einen … den … Wie nennt ihr den bei euch?«
    »Vögelchen«, sagte Mamà und wurde puterrot.
      »… Männer haben das Vögelchen, und die Frauen haben statt dessen das, was dir wie eine Wunde vorgekommen ist, in Wirklichkeit aber keine Wunde ist.«
    »Und wie heißt das?« fragte Michilino.
    Es schien, als hätte der Pfarrer eine Schwierigkeit.
      »Das sagt dir deine Mamà später«, entschied er. Und fuhr fort: »Jetzt geh ins Eßzimmer, denn Mamà möchte beichten.«
    Mamà sah ihn finster an.
    »Vielleicht wär's ein andermal besser.«
    »Jetzt.«
    »Geh rüber, Michelino. Nachher rufe ich dich wieder.«
      Michilino ging hinaus, die Wohnzimmertür wurde mit dem Schlüssel abgesperrt. Wie er noch so dastand, hörte er, wie Mamà sagte: »Nein! Nein! Christus, nein!«
    »Knie nieder!« gebot Padre Burruanos Stimme.
    »Nein! Nein!«
    »Knie nieder, hab ich dir gesagt!«
      Offensichtlich hatte Mamà keine Lust niederzuknien und zu beichten. Sicher schämte sie sich, vor dem Pfarrer all die unanständigen Wörter zu wiederholen, die ihr aus dem Mund gekommen waren! Aber Buße mußte sie tun, das war nur gerecht.
      Danach war es still. Mamà hatte es ganz sicher eingesehen und sprach jetzt die Devotionen.

    Drei Tage nach der Eroberung von Makallé sagte Mamà nach dem Essen zu Michilino: »Papà kommt mit dem Zug um Mitternacht zurück. Leg du dich schon schlafen.«
      »Weckst du mich, wenn er kommt? Ich will ihm Guten Abend sagen.«
    »Ganz sicher.«
      Michilino ging ins Bad, er zog sich aus, wusch sich, zog das Nachthemd an und legte sich hin. Eine Zeitlang hörte er die Musik der Canzonetten, die Mamà am Radio hörte. Dann schlief er ein. Wach wurde er wieder, als er Papà kräftig lachen hörte. Er war im großen Bett neben Mamà und lachte.
    »Pstt! Du weckst Michilino doch auf!« sagte Mamà.
    »Den wecken nicht mal Kanonenschüsse auf. Die Faust hatte er in der Witwe Sucato? Die ganze Faust?«
    »Madonna, wie unanständig du bist, Giugiù!«
    »Ich habe einen Sohn, auf den ich wirklich stolz sein kann!«
    »Bist du denn nur auf derartige Sachen stolz, Giugiù?«
    »Wieso? Du denn nicht?«
    »Wie ist Mussolini? Hast du ihn aus der Nähe gesehen?«
      »Einen Schritt entfernt. Das ist ein Mann, der hat quadratische Eier. Weißt du was? Neben mir stand ein weiblicher Föderalsekretär aus einem Ort in der Nähe von Bologna. Als Mussolini dicht an uns vorbeiging, sagte sie zu mir, daß ihr Schlüpfer naß geworden sei.«
    »Madonna, was für eine Schlampe!«
      »Nein, Ernestí, die faschistischen Frauen vom Festland reden spartanisch.«
      Das war's! Die faschistischen Frauen waren Spartanerinnen, wie Professore Gorgerino gesagt hatte, und auch wenn sie Pipì gemacht hatten, schämten sie sich nicht, es zu sagen.
      »Und du? Was hast du mit dieser Kameradin vom Festland gemacht?«
      »Ich? Nichts!« sagte Papà. »Du weißt doch, daß ich nur dich liebe.«
    »Wirklich?« fragte Mamà und umarmte ihn.
      Sie begannen mit ihrem Kampf und wälzten sich im Bett herum. Dann legte Mamà, die die Oberhand hatte, wohl weil Papà müde von der Reise war, ihn unter sich und erteilte ihm eine Strafe, indem er das Pferd sein mußte, während sie die Reiterin war.
      »Die Tatsache, daß unser Sohn nicht auf eine öffentliche Schule geht«, sagte Papà, während er an seinem Mokka schlürfte, »bedeutet nicht, daß er von den faschistischen Samstagsversammlungen befreit ist.«
    »Magst du das, mit den anderen Balillajungen zur
    Samstagsversammlung gehen?« fragte Mamà Michilino.
    »Was machen sie denn bei den Versammlungen?«
    »Sie marschieren, machen Gymnastik, so was eben!«
    »Nackt?«
    »Wieso nackt?« fragte Mamà völlig verdattert.
      »Weil in Sparta die Leibesübungen nackt durchgeführt wurden, Jungen und Mädchen gemeinsam.«
    »Nein«, sagte Mamà, »hier macht man das in Uniform.«
      »Willst du Mannschaftsführer der Balillajungen werden?« fragte Papà.
    »Mannschaftsführer weiß ich nicht, aber Buagos ganz sicher.«
    »Was ist denn ein Buagos?«
    »Der Kommandeur einer Buai, einer Kompagnie spartanischer
    Soldaten. Aber wenn ich's mir genau

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