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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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nach Delphi gekommen war.
    Sie war hierher zurückgekommen …
    Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund und glaubte für einen Moment wahnsinnig zu werden. Konnte es wirklich sein, dass es sich wiederholte? Aber warum? Weswegen war sie hier? Um ein Buch über Delphi zu schreiben? Nein, das konnte es nicht sein. Sie spürte es. Aber was war es dann?
    In ihrem Kopf wirbelten tausend Gedanken und Erinnerungen durcheinander. Bilder von golden geschmückten Pferdewagen, die den alten Pilgerweg von Athen nach Delphi hinaufzogen und vor dem Heiligen Bezirk anhielten. Vor ihrem inneren Auge sah Karen einen reich gekleideten Mann und einen Menschen mit einem Buckel. Der Bucklige ging nur einen Meter hinter dem Mann mit der golddurchwirkten Chlamys.
    Sie kamen die Heilige Straße hinauf. Zum Apollon-Tempel. Zur Pythia. Zu ihr.
    Karen fiel auf den Stuhl zurück und hielt sich den Kopf, doch sie konnte die Flashbacks nicht verhindern. Irgendetwas in ihrem Inneren rebellierte gegen diese Erinnerungen.
    Warum kamen sie gerade jetzt? Was war geschehen? War jemand in Gefahr?
    Leise hörte sie El Bahays eindringliche Stimme in ihrem Kopf. »… das Buch hat Sie gesucht. Lesen Sie es. Es wird Ihnen weiterhelfen«, hatte er zu ihr in Athen gesagt, und wenig später war er wie ein Geist verschwunden.
    Das Buch. Sie brauchte das Buch! Wo hatte sie es hingestellt? Mit einem schnellen Blick ging sie die Bücher durch, die rechts von ihr auf einem Wandregal standen, und griff gezielt nach dem Band, den El Bahay ihr vor einigen Tagen in Athen gegeben hatte.
    »Sagen und Legenden aus dem alten Griechenland«, murmelte Karen, während sie die alten Blätter des Buchs durchging und nach dem Papyrus-Lesezeichen suchte, das sie bei einer der Sagen gefunden hatte. Und dann lag es vor ihr – das Lesezeichen mit der ägyptischen Maat, der zierlichen Göttin mit der weißen Feder auf dem Kopf.
    Der Feder der Wahrheit und der Gerechtigkeit.
    Unbewusst griff Karen nach ihrem Hals und strich über den goldenen Maat-Anhänger, den Julius ihr vor langer Zeit zum Geburtstag geschenkt hatte und den sie wie einen Glücksbringer stets bei sich trug. Sie hatte immer gedacht, dass es eine perfekte Replik eines ägyptischen Originals sei, doch im vergangenen Jahr hatte sie herausgefunden, dass der Maat-Anhänger echt und über dreitausend Jahre alt war. Merkwürdig.
    Als Nikos sie das erste Mal an der Tempelruine getroffen hatte, hatte er ihre Maat-Kette sofort bemerkt und sie gefragt, ob sie aus Ägypten komme …
    Nikos?
    Mit bebenden Händen nahm sie El Bahays Buch und las die Legende von Agapios weiter, die sie in Athen nicht zu Ende gelesen hatte.
    Der Archont Agapios hatte sich in Delphi eines Vergehens schuldig gemacht …

60
    Inzwischen ging Delvaux mit Eliadis und Yannis den Weg zum Stadion hinauf, wo sie einigen niederländischen Touristen begegneten, doch Delvaux versteckte den Revolver unter einer Zeitung hinter Yannis’ Rücken, sodass die Niederländer ihn nicht bemerkten und fröhlich grüßend an ihnen vorüberzogen.
    Auf Delvaux’ Stirn glänzten einige Schweißperlen, als er und seine Geiseln eine Viertelstunde später vom Hauptweg abbogen und einen schmaleren Weg nach Osten einschlugen. Gleichzeitig kamen ihm Bedenken, denn dies war der direkte Weg zur Kastalischen Höhle. Nicht gerade der Ort, an dem er so etwas Wertvolles wie seine Kylix verstecken würde.
    »Das kann nicht euer Ernst sein. Ihr habt die Kylix nicht in dieser Höhle versteckt. Ihr schickt mich in die Irre.«
    »Nein, das stimmt nicht«, entgegnete Eliadis. »Es ist der richtige Weg. Es ist Yannis’ Lieblingshöhle.«
    Delvaux schnalzte mit der Zunge. »Du hast den Jungen wirklich nicht im Griff, Nikos. Du hättest ihm sagen müssen, dass man so ein wertvolles Stück nicht einfach so in einer Höhle versteckt, in dem sie jeder drittklassige Tourist finden könnte.«
    »Du hast sie immerhin nicht gefunden, Simon. Also halt den Mund«, erwiderte Eliadis.
    Delvaux’ rechte Hand zuckte einen kurzen Moment. Am liebsten hätte er Nikos für diese Bemerkung eine Kugel in den Rücken gejagt, doch er hielt sich zurück. Er musste noch warten. Aber schon bald würde er diese beiden Trottel dafür bezahlen lassen, dass sie ihn so lange von seinem Ziel abgehalten hatten. Eine Million Euro!
    Wenn sie gewusst hätten, was für einen Schatz sie in Händen hielten, hätten sie ihn niemals in einer dieser erdbebengefährdeten Höhlen versteckt. Was für ein Wahnsinn, dachte

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