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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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Fluss?«
    Der Fahrer presste eine kurze Bestätigung durch die Zähne.
    Mansfield lehnte den Kopf gegen das kalte Glasfenster. Diese Kälte würde er bald am ganzen Körper spüren. »Tun Sie mir einen Gefallen?« Er drehte den Kopf zum Fahrer, obwohl er den Mann nicht sehen konnte. »Eine letzte Bitte. Erschießen Sie mich, bevor Sie mich in den Fluss werfen.«
    Der Farbige am Steuer knurrte: »Du willst doch nur, dass deine Kumpel meine Kugel bei dir finden, um mich zu identifizieren.«
    »Nein. Wenn Sie mir am Fluss den Revolver direkt auflegen, geht die Kugel durch mich durch, das wissen Sie genau. Niemand wird sie finden, wenn sie in Richtung Wasser zielen.«
    Der Farbige kaute auf einer halben Zigarette herum und brummelte: »Du redest zu viel, Bulle. Also halt’s Maul. Ich werd’s auf meine Art machen, verstanden?«
    Mansfield wusste, dass er nichts mehr zu verlieren hatte, nahm alle Kraft zusammen und ließ sich mit dem Oberkörper auf die Fahrerseite fallen. Der Farbige fluchte, als der Wagen ins Schlingern geriet und er mit voller Wucht auf die Bremse treten musste. Er stieß Mansfield auf den Beifahrersitz zurück und zielte mit seiner Waffe auf ihn.
    »Du verdammter Bastard! Wenn du das noch einmal versuchst …«
    »Was dann? Dann bringst du mich um, du Idiot?«
    Mansfield hörte das leise Klicken, als ein Revolver gesichert wurde, und merkte dann, dass der Wagen langsam wieder beschleunigte. Der Mann neben ihm schien sich nicht aus der Reserve locken zu lassen.
    Kurze Zeit später stoppte der Chrysler, und der Fahrer zog Mansfield aus dem Wagen. Er fühlte steinharten Untergrund unter den Sohlen. Anscheinend waren sie auf einer alten betonierten Kaimauer am Fluss, einer von hunderten rechts und links des Hudson.
    »Knie dich hin!«, befahl der Farbige.
    Mansfield hörte wieder das leise Knacken des Revolvers, doch diesmal war die Waffe entsichert worden und schussbereit. Nur noch wenige Sekunden, und sein Entführer würde ihn exekutieren. Seine Hände waren auf den Rücken gebunden, sein linkes Bein schmerzte höllisch, als er es anwinkeln musste. Er stöhnte leise und biss die Zähne zusammen. Er wollte in seinen letzten Sekunden nicht winseln wie ein Hund und dem anderen keinen Triumph gönnen.
    Wenn sein Gehör ihn nicht täuschte, stand der Mann leider zu weit weg, sonst hätte er noch einen Angriff gewagt, aber mit seinem verletzten Bein konnte er sich nicht mehr schnell genug bewegen.
    Plötzlich wurde ihm die Maske vom Kopf gerissen. Der Farbige saß hinter Mansfield, zog an seinen Haaren und hielt ihm den Revolver direkt gegen die Wange.
    »Wie willst du es denn am liebsten haben. So? Oder so?« Er nahm den Revolver von der Wange und schob ihm den Lauf in den Mund.
    Mansfield schloss die Augen und sackte innerlich zusammen. Erinnerungen wurden wach, als er vor zwei Jahren zusehen musste, wie einem Kollegen auf diese Weise das halbe Gehirn weggeschossen worden war. Er hatte es nicht verhindern können. Es waren Bilder, die er nie wieder losgeworden war. Und jetzt geschah es ihm selbst.
    »Oder willst du es lieber so haben?«, fuhr der Farbige fort, riss Mansfield noch mal an den Haaren, während er den Revolver aus seinem Mund zog und mit dem Lauf direkt auf sein Herz zielte. »Große Ratestunde, mein Freund. Was wird es sein? Kopf oder Herz, Bulle. Los, rate!«
    Mansfield atmete schwer. »Herz«, entschied er.
    »Falsch geraten, Mansfield. Sorry.«

10
    Mehrere Stunden später klingelte ein Telefon im New Yorker Police Departement, und eine junge Frau nahm den Hörer ab. Sie warf einen Blick zum Schreibtisch gegenüber und machte mit der linken Hand ein hektisches Zeichen zu ihrem Kollegen.
    »Tom, ein Anruf für dich!«
    »Ist es Mike?«
    »Nein, jemand anders. Er will seinen Namen nicht nennen.« Tess Callahan hob vielsagend die Augenbraue und zeigte auf Toms Telefon. Er nahm den Hörer ab und fuhr sich nervös durchs Haar.
    »Thomas Davidson.«
    »Schön, Sie wiederzuhören, Tom. Suchen Sie zufällig Ihren Partner?«
    Davidson hatte diese dunkle Stimme schon mal gehört, konnte sie aber im Augenblick nicht zuordnen. »Wer spricht da?«
    »Unwichtig. Wenn Sie Mansfield suchen, er liegt am Pier 76. In der Nähe der alten Holzfabrik.« Der Mann beendete das Gespräch.
    »Was?« Tom legte den Hörer auf und griff gleichzeitig nach seiner Jacke.
    »Allan, komm! Ich weiß, wo Michael ist!«
    Sein Gesicht war leichenblass, zeigte aber Entschlossenheit. Er liegt am Pier 76 … Was hatte das zu

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