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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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lockern. Die letzten Stunden hatte sie auf einer harten Kunststoffbank im Krankenhausflur gesessen und voller Anspannung auf die Nachricht des Arztes gewartet. Die Beine taten ihr weh, und der Rücken war völlig verkrampft, weil die Bank keine Rückenlehne hatte und sie sich die ganze Zeit gegen die harte Flurwand lehnen musste. Eigentlich schmerzte ihr ganzer Körper, aber im Augenblick konnte sie nur an Michael denken. »Was machen wir jetzt? Du bist doch eigentlich noch im Dienst, oder?«
    »Sieht ganz danach aus«, sagte Davidson mit einem Nicken zum Fahrstuhl, aus dem gerade sein Vorgesetzter heraustrat.
    Captain Graham Winslow kam mit langen Schritten auf sie zu.
    »Mrs. Davidson.« Er bedachte Alicia mit einem kurzen Nicken und fragte sich, was Davidsons Schwester hier zu suchen hatte, als ihm wieder einfiel, dass Mansfield vor etwa zwei Jahren mal mit ihr liiert gewesen war. Aber der Gedanke dauerte nur eine Sekunde lang.
    »Tom, wie sieht’s aus? Ich habe gehört, dass Mansfield lebt. Wie geht es ihm?«
    Davidson kratzte sich am Hinterkopf. »Wir wissen es nicht, Sir. Die Ärzte untersuchen ihn schon seit zwei Stunden. Er … er ist nicht bei Bewusstsein.«
    »Verdammt! Wissen wir schon, wer’s war? Sie haben doch mit diesem Kerl am Telefon gesprochen, oder? Haben Sie eine Ahnung, wer er sein könnte?«
    »Nein, Captain. Ich zermartere mir das Hirn, aber ich komm nicht drauf. Ich kenne seine Stimme, ganz sicher, doch … ich weiß auch nicht. Vielleicht ist es schon zu lange her.«
    Winslows Blick verfinsterte sich. »Aber der Anrufer hat Sie gekannt, nicht wahr? Er hat doch ausdrücklich nach Ihnen verlangt?«
    »Ja.«
    »Dann kriegen wir ihn auch. Sie gehen sofort zurück ins Büro und arbeiten die Fälle der letzten zwei Jahre durch. Und wenn das nichts bringt, gehen Sie bis auf fünf Jahre zurück. Ich will, dass Sie sich erinnern. Ich will diesen Kerl haben, der Mansfield das angetan hat.«
    »Aber, Sir«, wagte Davidson zu sagen, »er hat Michael immerhin am Leben gelassen.«
    »Vielleicht. Für ein paar Stunden. Das wird sich erst noch zeigen.«
    Das war zu viel für Alicia. Sie drehte sich um und ging mit Tränen in den Augen zu einem Wasserspender, der am Ende des Flurs stand. Sie hatte keinen Durst, aber sie ertrug Toms und Winslows sachliche Kälte nicht länger. Sie kannte Winslow und wusste, dass er es nicht so meinte, wie er es sagte, aber als Polizist und Vorgesetzter hatte er es sich im Laufe seiner vielen Dienstjahre zu eigen gemacht, sich niemals von Emotionen irritieren zu lassen. Dies und noch einige andere Dinge waren es, die sie an Toms und Michaels Job so sehr hasste.
    Verstohlen griff sie nach ihrem Taschentuch, schnäuzte zweimal leise hinein und ließ es dann wieder in ihrer Jackentasche verschwinden. Die beiden Männer diskutierten immer noch im Flur. Niemand bemerkte ihre Tränen. Um sich abzulenken, nahm sie einen der kegelförmigen Plastikbecher und goss sich etwas Wasser ein. Es war kühl und tat ihr gut, als es die raue Kehle hinunterlief. Plötzlich hörte sie eine tiefe Stimme neben sich und erschrak.
    »Entschuldigung, Mrs. Davidson, aber Tom meinte, dass Sie bereit seien, bei Michael zu bleiben, während wir den Kerl suchen, der ihm das angetan hat«, sagte Winslow. Alicia nickte bestätigend, während Winslow sich wieder an Tom wandte. »Was ist eigentlich mit Michaels Vater? Ist Mansfield senior schon benachrichtigt worden?«
    Davidson schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe es versucht, aber er ist nicht in der Stadt. Er ist zurzeit in Indien. Kommt erst in ein paar Tagen wieder, sagte seine Assistentin.«
    Winslow war mit der Auskunft sehr zufrieden. »Umso besser für uns. Dann haben wir ein bisschen Zeit, um ihm schon Ergebnisse nennen zu können, denn ich habe keine Lust, mir von diesem reichen Medienboss schon wieder Vorhaltungen machen zu lassen. Haben Sie der Assistentin gesagt, dass Michael hier im Krankenhaus liegt?«
    »Nein. Ich wollte Ihnen in dieser Sache nicht vorgreifen, Sir.«
    In dieser Sache ?, dachte Alicia und biss sich auf die Unterlippe, während ihre Beine schwach wurden und die Flurwände sich vor ihren Augen merkwürdig verbogen. Sie taumelte einen Schritt zurück und stützte sich an der Wand ab, während sie kurz die Augen schloss und tief durchatmete.
    Merkte ihr Bruder wirklich nicht mehr, was er da redete, waren diese Polizei-Floskeln ihm schon so in Fleisch und Blut übergegangen? Hätte er so auch über sie, seine Schwester, geredet,

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