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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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Krankenhaus.«
    »Grüß ihn von uns.«
    Davidson grinste zufrieden. »Auf jeden Fall.«

41
    Bei Karen wurden im Krankenhaus in Amphissa nach den ersten Untersuchungen nur einige blaue Flecken auf dem Rücken und eine leichte Unterkühlung festgestellt, während die Ärzte bei Delvaux Quetschungen am ganzen Körper und zwei angebrochene Rippen im hinteren Brustbereich lokalisierten. Er musste noch einen Tag länger im Krankenhaus bleiben, während Karen am nächsten Tag schon wieder mit Prof. Hillairet zurück nach Delphi fahren durfte.
    »Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet, Madame Alexander, als ich heute Nacht von Ihrem Unglück erfuhr. Aber zum Glück ist Ihnen ja nicht viel passiert. Und Simon wird offenbar auch wieder ganz gesund werden. Gott sei Dank.«
    »Ja, wir haben viel Glück gehabt. Auch, dass Nikos uns so schnell gefunden hat, war entscheidend. Ich weiß nicht, was sonst aus uns geworden wäre.«
    Karen betrachtete einige blaue Flecken und Hautabschürfungen an ihren Unterarmen, während der Professor durch die silbergrünen Olivenhaine der Krissa-Ebene fuhr. Er wollte Karen ablenken und sie mittags zu sich zum Essen einladen, aber sie lehnte dankend ab, denn sie hatte das Bedürfnis, sich etwas hinzulegen und auszuruhen.
    Eliadis hatte sie eigentlich nachmittags besuchen und nachfragen wollen, wie es ihr gehe, doch als er von Hillairet erfuhr, dass sie erschöpft sei und sich hinlegen müsse, entschied er sich, Karen in Ruhe zu lassen. Außerdem passte ihm das gut, da er noch andere wichtige Dinge zu erledigen hatte, ehe Delvaux wieder da sein würde.

42
    Während Delvaux sich am Dienstag auf eigene Gefahr aus dem Krankenhaus entlassen und Prof. Hillairet es sich auch diesmal nicht nehmen ließ, seinen Mitarbeiter persönlich in Amphissa abzuholen, brodelte es bei den griechischen Hilfsarbeitern im Ausgrabungscamp.
    Unruhig steckten sie die Köpfe zusammen und diskutierten heftig über die starken Erdstöße, die am Sonntag mehrere hundert Todesopfer in Athen, Patras und Galaxidi gefordert hatten. Erdstöße, wie es sie seit mehr als hundert Jahren nicht mehr in Griechenland gegeben hatte. Die Fernsehstationen hatten den ganzen Abend und die Nacht hindurch immer schrecklichere Bilder über zusammenfallende Häuser gezeigt und Menschen, die in den Nationalgarten geflüchtet waren und sich dort aus Planen eine Notunterkunft für die Nacht bauten.
    Feuerwehren aus dem ganzen Land wurden nach Athen zusammengerufen, um gegen die Feuer aus den leckgeschlagenen Gasleitungen anzukämpfen.
    Ein nie verlöschendes Feuer, munkelten die delphischen Helfer im Camp und deuteten auf die Ruinen des Apollon-Tempels, in dem zu Orakelzeiten das ewige Feuer auf einem kleinen Altar gebrannt hatte und von den Tempeldienerinnen am Leben erhalten wurde.
    Doch dieses Feuer in Athen brauchte niemand am Leben zu erhalten. Es fraß sich selbst seinen Weg durch die Stadt.
    Die Metro war gesperrt, da mehrere Linien verschüttet waren, und die berühmte Station am Omonia-Platz, durch die Karen vor wenigen Tagen noch gegangen war, lag in Trümmern vor den Rettern, die mit ihren Spürhunden unter den eingestürzten Betondecken nach Überlebenden suchten.
    Die delphischen Arbeiter gaben Nikos Eliadis Recht, der die neue Ausgrabung am Brunnenbecken für das ganze Unheil verantwortlich machte. Man solle Apollon nicht reizen, hatte er gesagt, und viele stimmten ihm darin inzwischen von ganzem Herzen zu.
    Sie waren kurz davor zu streiken, aber Prof. Hillairet und Delvaux bemerkten die Unruhe im Camp nicht. Sie hatten andere Probleme.
    Vor allem Delvaux.
    Delvaux’ Körper schmerzte bei jeder Bewegung, aber er wollte sich keine Pause gönnen. Der Aufenthalt im Krankenhaus hatte ihn schon genug Zeit gekostet, weswegen er nachmittags wieder in den Lagerraum ging und an der Kylix weiterarbeiten wollte.
    Er war allein im Lager, als er die Zahlenkombination des Tresors eingab und die schwere Stahltür öffnete. Im obersten Fach befanden sich immer noch einige Papiere und die mykenische Plastik, aber als er in das untere Fach blickte, wurde er kreidebleich.
    Der Glaskasten mit der Kylix war verschwunden.
    Aber wie konnte das sein? Hatte Prof. Hillairet sie herausgenommen, um sie jemandem zu zeigen oder um sie irgendwohin zu bringen? Hatte er schon den Auftrag bekommen, sie dem Archäologischen Nationalmuseum in Athen zu übergeben? Aber wenn es so gewesen wäre, hätte er ihm davon erzählt, da war er sich sicher.
    Delvaux betrachtete

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