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Der Zimmerspringbrunnen

Der Zimmerspringbrunnen

Titel: Der Zimmerspringbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Sparschuh
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wieder einige Grade lauter, hervor: »Was hast du dir dabei gedacht!«
    (Anmerkung: Es ist übrigens falsch, zu behaupten, es gebe keine dummen Fragen. Hätte ich vielleicht – um Julia noch mehr zu reizen – antworten sollen: Nichts! Nichts habe ich mir dabei gedacht. Wie denn auch! Was denn auch!)
    Nein, so kamen wir nicht weiter. Ich zuckte die Schultern und gab es auf, etwas sagen zu wollen. Beinahe überflüssig, zu erwähnen, daß sich zwischenzeitlich Punkt 6 meines Ratgeberbüchleins (»Halten Sie Blickkontakt!«) von selbst erledigt hatte; Julia war gegangen.
    Wenn ich die Geräusche, die von draußen in mein Reich eindrangen, richtig ortete, schien sie sich nun im Bereich Küche   /   Bad zu bewegen. Ein ständiges Hin und Her, und zwar mit bedeutungsvoll schwer gesetzten Schritten, Tür auf, Tür zu – ich zuckte jedesmal davon zusammen. Wasser wurde plötzlich knatternd in einen Eimer gelassen, dann mit großem Krach ein Schrubberaus der Kammer genommen. Offenbar schien Julia mit den Aufräumungsarbeiten begonnen zu haben.
    Ich stand auf und ging zur Küche. Doch Julia hatte den Eimer innen so vor die Tür gestellt, daß ich nicht öffnen konnte. Ich hörte nur, was sie sagte, Sätze wie »So nicht, mein Freund, nicht mit mir« oder »Du wirst schon noch sehen«.
    Was werde ich sehen?
    (Merksatz 7: »Gehen Sie unklar formulierten Einwänden auf den Grund. Schießen Sie nicht ins Blaue!«)
    Julia! Bitte …
    Ich stand wie blöd vor der Tür, und meine Stimmung ließ nun allmählich doch zu wünschen übrig. Selbst ein gemeingefährlicher Verbrecher hat das Recht auf Verteidigung. Das letzte Wort in einem ordentlich geführten Verfahren gebührt schließlich dem Angeklagten. Leben wir denn nun in einem Rechtsstaat, Julia, oder nicht? Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, weshalb in einem Ehestreit nicht wenigstens die Regeln der Strafprozeßordnung gelten sollten.
    Muß ich noch sagen, daß unterdessen der Hinweis von Merksatz 8, »Bleiben Sie freundlich im Ton, aber fest in der Sache«, völlig ins Unverbindliche entschwebt war? Er konnte mir nur noch ein grimmiges Lächeln entlocken. Mein Kommentar zur Sache, ob freundlich oder nicht, war gar nicht mehr gefragt.
    So ging ich also mit festen Schritten zurück in den Hobbyraum. Wenigstens war ich nun entschlossen, mich darauf zu freuen, daß demnächst der Außendienst beginnen würde.
    »Weißt du eigentlich, wie wahnsinnig du mich aufregst?« hatte mir Julia noch zum Abschluß dieses denkwürdigen Tages ins Gesicht geschrien und sich dannfür mehrere Stunden ins Bad eingeschlossen. Nein, das hatte ich nicht gewußt. Spät in der Nacht hielt ich es im Protokollbuch fest: »Julia findet mich wahnsinnig aufregend!«
    Ansonsten verhielt ich mich wachsam, still und abwartend. Doch es geschah nichts weiter.

– Ich will. Ich kann! Ich werde!!! –
    – diese Erfolgsformel für positiv denkende Menschen, die goldenen Worte Nikolaus Enkelmanns also im Ohr, lag ich im Bett. Es war Viertel nach neun, Julia mußte längst zur Arbeit gegangen sein.
    Am Nachmittag sollte ich mich mit Strüver treffen. Ich wollte ausgeruht sein, also stellte ich den Wecker auf halb zwölf, legte meinen Kopf vorsichtig wieder zurück aufs Kissen und konzentrierte mich: Ich will weiterschlafen. Ich kann weiterschlafen. Ich werde  …
    Eintrag ins Protokollbuch: »Der Traum vom Vertreter – Ich war zu Hause. Das war ein Hundeheim. Doch das störte mich nicht, Hunde waren kaum anwesend. Beim Frühstück war mir ein Zahn herausgebrochen. Ich trug ihn an einer Schnur um den Hals. Ich überlegte gerade, ob ich die Schrippen aus dem Tiefkühlfach nicht doch lieber vorher auftauen sollte, da klingelte es. Ich – nichts wie hin! Doch ich war zu spät gekommen. Der Vertreter entfernte sich schon wieder. Ich lief ihm im wehenden Bademantel hinterher und beschwor ihn zurückzukommen.
    Achselzuckend und, wie mir schien, nicht gerade begeistert, kam er zurück. Ich huschte vor ihm in die Wohnung, klappte die Tür zu. Er klingelte, nun schon etwas ungeduldig. Ich öffnete, sagte schnell meinen Spruch: ›Ich mache keine Geschäfte an der Haustür!‹ und knallte zu. Soweit alles in Ordnung – nur beim ›sch‹in ›Geschäfte‹ hatte sich der fehlende Zahn zischend in Erinnerung gebracht. So aber stellte sich immerhin ein Zusammenhang mit dem Tagesbeginn her. Die Suche nach der Zahnarzttelefonnummer strukturierte den Vormittag. Ich geriet dabei an ganz abgelegene Mappen! In

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