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Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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Zimmer
zu, das am weitesten von den beiden anderen entfernt war, und als er in einen der anderen Räume trat, empfing ihn der Anblick von Bücherregalen, die in einer Wand eingelassen waren. Keine Frage, dass das Alans Zimmer sein würde. Nick stellte die Kiste ab und zog das Messer aus seinem Stiefelschaft, um das Klebeband an der Kiste durchzuschneiden. Er fing an, die Bücher ins Regal einzusortieren. Es konnte eine Weile dauern, bis Alan ihre Mutter beruhigt hatte.
    Nick wollte gerade das letzte Buch in die Regalreihe stellen, als es ihm aus der Hand rutschte.
    Etwas Weißes flatterte aus den vergilbten Seiten des alten Buches - und dann lag da auf dem müde aussehenden Teppich das Bild eines Mädchens.
    Das Mädchen sah älter aus als Nick, vielleicht neunzehn oder zwanzig Jahre alt, mit lockigen blonden Haaren und einem strahlenden Lächeln. Sie trug eine weite Bluse aus fließendem Stoff im Retro-Stil der 1960er, wie viele Mädchen, zu denen sich Alan hingezogen fühlte, und sie wirkte, als hätte ihr gerade jemand einen Witz erzählt.
    Es dämmerte Nick, dass es dieses Foto gewesen war, das Alan angestarrt hatte, als er kurz vor ihrer Abfahrt vor dem Kofferraum gestanden hatte. Sobald er sich unbeobachtet gefühlt hatte, war er zu dem Foto gegangen, als ob es die einzige Quelle war, die ihm Trost spenden konnte.
    Er war nicht zu Nick gekommen.
    Alan war sentimental genug, um Fotos zu behalten.
Die wenigen Mädchen, die tatsächlich seine Freundinnen gewesen waren, hatten einen Ehrenplatz in seiner Brieftasche. Neben seinem Bett standen immer ein Bild von Nick und eins von ihren Eltern an deren Hochzeitstag.
    Dieses Foto, das von dem Mädchen, hatte er geheim gehalten. Er hatte erst ein einziges Mal etwas vor Nick geheim gehalten: die Briefe, wegen denen er morgens früh aufgestanden war und die er aus dem Briefkasten geholt hatte. Nick war dahintergekommen und noch früher aus dem Bett gestiegen, um sie abzufangen. Irgendwann war kein Brief mehr gekommen.
    Nick fragte sich, ob die Briefe von dem Mädchen auf dem Foto gewesen waren. Er hob das Bild auf und schaute sie genauer an, aber er konnte nichts Besonderes an ihr erkennen. Die Sache mit den Briefen war vor über einem Jahr gewesen. Warum hatte Alan ihr Bild behalten? Er drehte es um und schaute auf die Rückseite. Da war ein Aufdruck in grauen Buchstaben: Tony’s Fotos , und darüber in schwarzer Handschrift der Name Marie .
    Nick hörte Alans humpelnde Schritte auf der Treppe, und zwar gerade noch rechtzeitig, um das Foto dorthin zurückzustecken, wo er es gefunden hatte. Als sein Bruder das Zimmer betrat, merkte Nick, dass Alan einen bestürzten Blick auf das Regal warf.
    Also gab es für das Foto keine harmlose Erklärung.
    Alan hatte nicht vergessen, dass das Bild in dem Buch steckte. Alan hatte das Foto nicht zufällig in einem Buch gefunden, das er gebraucht gekauft hatte. Alan hatte dieses
Mädchen bewusst verborgen, hatte sie vor ihm - Nick - versteckt.
    Alan hatte vorher noch nie Geheimnisse gehabt, abgesehen von der Sache mit den Briefen, die Nick schon fast vergessen hatte. Die Tatsache, dass er jetzt etwas verschwieg, beunruhigte Nick zutiefst: Es schien ihm nicht in Ordnung, dass das Mädchen Alan etwas bedeutete, wenn er selbst nicht einmal wusste, wer sie war. Warum war sie so wichtig, dass Alan sie vor seinem eigenen Bruder verbarg?
    Nick nahm sich vor, es herauszufinden.
     
    In dieser Nacht schlief Nick auf dem Küchenfußboden ihres neuen Hauses. Die Korkplatten rollten sich an den Kanten hoch wie alte Brotscheiben, und er hatte sich kein Kissen geholt, weil er es nicht bequem haben wollte. Unbehaglich döste er vor sich hin und fühlte sich wie ein Wachhund, der nicht zur Ruhe kommen darf, weil er auf mögliche Gefahren von draußen lauschen muss.
    Er achtete allerdings nicht auf etwas, das von draußen kam.
    Er befand sich an einem jener dunklen Orte, wohin man gelangt, wenn man die Augen geschlossen hat und den Schlaf näher kommen sieht, als er hörte, wie sich die Eingangstür mit einem leisen Klicken öffnete. Sein Körper bewegte sich, noch bevor es sein Geist tat: Mit zwei großen Schritten hatte er die Diele durchquert, so schnell und leichtfüßig wie ein Raubtier. Das Jagen war ihm schon immer leichter gefallen als das Denken.

    Aber als er sich auf Alan stürzte, dachte er dabei nach: Er achtete darauf, dass er von links angriff. Beide fielen auf das Gras im Vorgarten und Nick landete in der Hocke neben seinem Bruder. Er

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