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Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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war nur innerlich völlig leer, bar jeglicher Gefühle oder Vorstellungen, als ob ihn jemand aufgeschlitzt und alles herausgenommen hätte.
    Alan sagte über einen solchen Regen immer, es würde Katzen und Hunde regnen, und an diesem Tag schienen sich ganze Armeen von ihnen aus dem grauen Himmel zu ergießen. Das Grau des Himmels verband sich allmählich mit dem Grau der Stadt. Nick konnte kaum etwas sehen. Erst als der Wagen stotternd auf der Tower Bridge zum Stehen kam, wurde ihm bewusst, dass er sich bereits mitten in der Stadt befand. Hinter dem dichten Vorhang aus Regen hatte sich die Nacht niedergesenkt.
    Nick stieg aus und ging zur Motorhaube. Er wollte nach dem Motor sehen, aber der Regen hämmerte ihm alle Gedanken aus dem Kopf. Er starrte die Motorhaube an, dann die Straße und die vorbeifahrenden Wagen, die der Regen zu einem Fluss aus dunkler Tinte verwischte, gelegentlich durchbrochen von einem metallischen Aufblitzen.
    Er wandte sich ab und ließ den Wagen inmitten eines empörten Hupkonzerts stehen. Er ging durch den Regen davon. Bereits nach wenigen Minuten war er völlig durchgefroren und das unbarmherzige Hämmern des Regens wurde ihm beinahe genauso vertraut wie der Rhythmus seiner Schritte.
    Die Türme des Towers ragten wie eine feindliche Festung
in die schiefergrauen Regenwolken, die langsam von der Nacht umschlossen wurden. Nick starrte zu ihnen hoch, dann auf die Skyline von London, auf die Gipfel der Gebäude, die im Laternenlicht wie Messerspitzen aufblitzten. Dann senkte er den Kopf und lief durch den vom Wind aufgepeitschten Regen.
    Es dauerte lange, bis er nach Hause kam. Der Himmel hatte ein trübes Totenschwarz angelegt, und seine Beine fühlten sich bleischwer an, was bedeutete, dass er morgen einen heftigen Muskelkater haben würde. Es regnete immer noch. Das flackernde Licht der Neonreklame über dem chinesischen Imbiss verwandelte die Regentropfen in silbrige Kugeln. Nick wusste nicht mehr, wie es sich anfühlte, trocken zu sein.
    Er betrat das Haus und lehnte sich gegen die Tür. Der Regen trommelte draußen auf die Erde, und er fragte sich, ob er wieder kehrtmachen und einfach weitergehen sollte. In Bewegung zu sein, war ein gutes Gefühl gewesen.
    »Nick!«
    Nick schaute auf, nicht weil jemand seinen Namen gerufen hatte, sondern weil plötzlich das Licht eingeschaltet wurde. Oben auf der Treppe stand Mae, eingerahmt von dem blassgelben Licht einer kahlen Glühbirne.
    »Wo warst du?«, fragte sie. »Es ist drei Uhr morgens. Alan ist schon ganz krank vor Sorge.«
    Bei der Nennung dieses Namens zuckte er zusammen wie ein getretener Hund und er hasste sich dafür. In Maes fragende Augen trat ein misstrauischer Ausdruck.
    »Nick«, sagte sie. »Was ist los?«

    Er wollte sie anfahren und ihr sagen, dass es sie nichts anginge; er wollte sie zum Schweigen bringen, wollte, dass sie ihm nicht länger im Weg stand. Er wollte ihr sagen, dass er sie nie hatte leiden können. Er wollte sagen, dass er zwar gedacht hatte, er könnte sie leiden, dass es aber ein Irrtum gewesen sei.
    Doch er fand einfach keine Worte, nur ein hohles Gefühl, wo die Worte hätten sein sollen. Er öffnete den Mund und heraus kam ein merkwürdiges Geräusch, wie das Krächzen eines Vogels. Mit starren Augen schaute er sie an.
    Mae rannte die Treppe hinunter und er kam ihr entgegen. Er wollte ihr sagen, sie solle stehen bleiben und aufhören, ihm Fragen zu stellen, aber er wollte nicht schon wieder den Mund aufmachen und merken müssen, dass nichts da war.
    »Du bist ja klatschnass«, sagte Mae. Sie sprach liebevoll, und Nick wünschte, sie würde damit aufhören. Es erinnerte ihn an Alan.
    Sie berührte seine Schulter, nahm sein Hemd zwischen Daumen und Zeigefinger und zog den durchnässten Stoff von seiner Haut weg. Nick wusste, dass er bis auf die Knochen nass war; das brauchte sie ihm nicht erst zu sagen. Aber in dem Moment, in dem sie ihn berührte, weiteten sich ihre Augen beunruhigt. Er stand stumm da und wunderte sich über ihre Reaktion. Sie drückte ihm ihre flache Hand auf die Schulter.
    Und unter dem Gewicht ihrer Hand spürte er, dass er zitterte.

    »Ich hole …«, sagte Mae und wollte sich schon abwenden, aber Nick hielt sie fest.
    Es war so leicht, sie einzufangen und gegen das Geländer zu drücken. Sie war klein und er war stark und er hielt sie nur mit einer Hand.
    Ihr Atem kam ein bisschen schneller, und er sah den Puls an ihrer Kehle, selbst in diesem schummrigen Licht. Aber sie wehrte sich

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