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Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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beschützt.
    Nick wusste, dass alles nur Illusion war. Diese Leute verletzten einander genauso wie alle anderen Familien,
und wenn jemals Magie in ihr Leben einbrechen sollte, wären sie alle völlig hilflos.
    Aber vielleicht war jene Illusion ja genau das, wonach sich Alan sehnte. Dieser Ort hier stand in krassem Gegensatz zu der Bruchbude, in der Merris sie gestern untergebracht hatte. Das neue Domizil befand sich in der Nähe ihres alten, sodass sie etwaige Magier, die von Gerald zu ihrer alten Adresse geführt wurden, aufspüren konnten. Das neue Haus stand eingequetscht zwischen einem chinesischen Imbiss mit einer zerbrochenen Neonreklame, deren Buchstaben zischten und flackerten, und einem verlassenen Gemäuer, dessen vernagelte Fenster so dunkel und düster waren wie tote Augen.
    Alan hatte wohl mehr gewollt als nur das Mädchen: Er hatte ein Haus wie dieses haben wollen. Nick betrachtete das Haus genauso, wie er einen Feind abschätzen würde. Aber statt anzugreifen, ging er zu der fröhlich bemalten Tür und zog fest an der Glocke.
    Wenn ihre ängstlichen Augen nicht gewesen wären, hätte Nick geglaubt, die falsche Frau vor sich zu haben. Natasha Walsh war blond, auf eine schwächliche Art dünn - und viel älter, als er erwartet hatte.
    »Ja? Wer sind Sie bitte?«, fragte sie.
    »Nicholas Ryves«, erklärte Nick kurz angebunden und war überrascht, wie diese schmale, pastellfarben gekleidete Hausfrau förmlich aufblühte und ihn mit offenen Armen willkommen hieß.
    »Oh, du gehörst zu Daniels Familie! Bitte komm rein!« Nick trat in die Diele, die mit einem braunen, dicken Teppich
mit rosafarbenem Blütenmuster ausgelegt war, und fragte sich, warum Alan dieser Frau von seinem Vater erzählt hatte.
    »Du sagtest, du wüsstest etwas über Alan«, fuhr diese Fremde fort und knetete ihre Hände.
    »Sie sagten, Sie hätten ihn Weihnachten das letzte Mal gesehen.«
    Sie öffnete eine Tür und bat ihn in ein Wohnzimmer mit cremefarbenen Sofakissen aus Seide und silbernen Bilderrahmen, wohin das Auge blickte. Nick blieb mitten in dem Raum stehen und fühlte sich wie ein tapsiges Tier, das man eigentlich nicht hätte einlassen dürfen und das jeden Moment etwas zerbrechen würde.
    »Ja«, antwortete sie. »Er verbrachte Weihnachten mit uns. Es war so schön - wir waren so glücklich, ihn bei uns zu haben. Er spielte mit den Kindern. Sie haben ihn so gern.« Sie hob das Kinn, fast trotzig, als ob sie sich dem Schmerz entgegenstemmen würde. »Wir alle haben ihn gern und trotzdem hat er nicht auf meine Briefe geantwortet.«
    Er hat nicht auf Ihre Briefe geantwortet , dachte Nick, weil ich sie weggeworfen habe. Er glaubte, er wäre Ihnen egal.
    Alan war hierher gekommen. Er hatte ihn allein gelassen. Er hatte ihn verlassen wollen.
    Nick wusste nicht, was er davon halten sollte. Es war das gleiche Dilemma wie mit der Tatsache, dass Alan seine Seekrankheit gekannt und in Kauf genommen hatte, scheinbar ohne Rücksicht auf ihn. Sein Geist scheute vor diesem Gedanken und dem ziellosen Schmerz, den er beinhaltete,
zurück. Wütend zu werden, war eindeutig besser. Er hasste diese Frau, hasste diese ganze Familie. Sie alle waren schwach und dumm und sie würden seinen Bruder nicht kriegen. So einfach war das. Er musste sonst gar nichts mehr fühlen.
    Bei der Vorstellung, wie Alan mit den Kindern gespielt hatte, empfand er einen verräterischen Stich. Alan liebte Kinder. Jedes Mal wenn er eins hochhob, senkte sich ein weicher, staunender Ausdruck über sein Gesicht. Kein Wunder, dass Marie - die ein solches Zuhause hatte - für Alan eine Versuchung darstellte.
    Natasha schaute ihn flehend an. »Kennst du Alan gut?«
    »Ja«, sagte Nick knapp. »Er ist mein Bruder.«
    Sie starrte ihn eine Weile an und sagte dann ganz einfach, als ob jeder es wüsste: »Alan hat keinen Bruder.«
    Im Zimmer war es plötzlich kalt geworden; all die blassen Pastellfarben und das Silber waren wie eingefroren. Nick fand seine Stimme wieder, aber sie klang sehr weit entfernt.
    »Vielleicht hat er mich nicht erwähnt«, sagte er und schob eine dicke Mauer zwischen sich und die Möglichkeit, dass Alan ihn verleugnet hatte, dass er ihn aus seinem Leben hatte verbannen wollen. »Aber ich war mein ganzes Leben lang sein Bruder.«
    »Meinst du vielleicht, du bist sein Stiefbruder?«, fragte Natasha Walsh und schaute ihn verwirrt an.
    Es war nichts Neues, dass die Leute an seinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Alan zweifelten, aber im
Augenblick war

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