Der Zirkel Des Daemons
Seine Mutter war zu seinem Vater - nein, zu Daniel Ryves - zurückgekehrt, traumatisiert, verängstigt, mit einem Amulett und einem Baby.
Sie war mit jemand anderem durchgebrannt und dieser Jemand war Black Arthur gewesen. Black Arthur, der Menschen an Dämonen verfütterte, der die Frau, die er vorgab zu lieben, so lange gefoltert hatte, bis sie vor ihm floh.
Du bist ganz bestimmt nicht Daniel Ryves’ Sohn .
Schon immer hatten sich die Leute schwer damit getan zu glauben, dass er Alans Bruder war. Denn er war nicht Alans Bruder. Er hatte nie einen Bruder gehabt.
»Kennst du Alan wirklich?«, fragte Mrs Walsh jetzt mit zitternder Stimme. »Kannst du mir sagen, wie es ihm geht? Eines Tages sind Daniel und Alan ganz einfach verschwunden, und ich habe mich immer gefragt, was mit ihnen geschehen ist. Und dann, irgendwann, hat Alan Kontakt mit mir aufgenommen. Er hat mich angerufen und mir geschrieben und er ist hergekommen. Er war so höflich und so nett. Ich hatte meinen Neffen vierzehn Jahre lang nicht gesehen, und dann stand er da, verkrüppelt, und sagte, sein Vater sei tot. Und dann ist er wieder verschwunden. Ich möchte nur wissen, ob es ihm gut geht.«
Sie sah so aus, als ob sie gleich in Tränen ausbrechen würde. Alan hätte sich davon anrühren lassen.
Nick starrte diese Frau an, Alans Tante, und realisierte, dass diese Fremde mehr Anspruch auf Alan hatte als er.
Das kleine, üppig dekorierte Wohnzimmer war nicht
länger eingefroren. Nick hätte am liebsten alles zerschlagen. Vorhin war ihm kalt gewesen, aber jetzt kochte sein Blut. Er brannte innerlich, bebte vor Zorn.
Die Stimme dieser schrecklichen Frau veränderte sich. »Was ist mit dir?«, fragte sie. »Willst … willst du dich setzen? Soll ich dir ein Glas Wasser holen?«
Natasha Walsh trat vor und Nick packte sie am Oberarm. Sie wich vor dem Ausdruck auf seinem Gesicht zurück.
Er wusste, dass er den Menschen oft Angst einjagte. Das war offensichtlich ein Talent, das er von seinem Vater geerbt hatte.
Die Frau atmete mit einem Mal schwer und in dem kurzen, abgehackten Aufkeuchen lag Furcht. »Tu mir nicht weh.«
Er hasste sie. Sie hatte ihm eröffnet, dass alles, woran er je im Leben geglaubt hatte, eine Lüge war, und er hasste sie fast genauso sehr, wie er diesen Lügner Alan hasste. Alan, der hierher gehörte, zu dieser Frau und ihrer Familie, und nicht zu ihm.
Nick legte seine Lippen an ihr Ohr und flüsterte: »Warum nicht?«
Er schüttelte sie heftig, und sie stieß einen dünnen, erstickten Schrei aus und versuchte, sich loszureißen. Sie hatte keine Chance.
»Lass mich los«, flehte sie.
»Warum?« Nicks Stimme erhob sich zu einem Schrei. »Ich habe kein Mitleid mit Ihnen. Ich empfinde gar nichts für Sie. Warum sollte ich?«
Er schüttelte sie wieder. Ihre Schultern fühlten sich in seinem Griff unglaublich dünn und zerbrechlich an. Sie starrte mit entsetzten Augen zu ihm empor, die ihm wie eine blassere Kopie von Alans tiefblauen Augen vorkamen. Eine Sekunde lang glaubte er, es nicht länger ertragen zu können. Er hatte keine Ahnung, was er tun würde.
Dann glitt ihr das Bild aus den zitternden Fingern und fiel klappernd zu Boden.
Nick schaute hinunter und sah das Gesicht von Daniel Ryves zu ihm emporstarren.
Er stürzte sich aus dem warmen, gemütlichen Haus hinaus in den Regen.
Er hatte nicht bemerkt, dass es angefangen hatte zu regnen. Die dicken Tropfen prallten auf seine Haut und prasselten auf das Wagendach. Er stand da, hatte die Unterarme auf das Dach gelegt und ließ es zu, dass der Regen ihm die schwarzen Haare wie einen dichten Vorhang vor die Augen schwemmte. Er fragte sich, warum er nicht einfach einstieg und nach Hause fuhr. Und dann ging ihm auf, dass er nicht wusste, wohin er gehen sollte. »Zu Hause« war immer ein wankelmütiger Begriff gewesen, der an keinen bestimmten Ort gebunden war, sondern an einen bestimmten Menschen, von dem er nun wusste, dass er nicht zu ihm gehörte.
Er hatte kein Zuhause, in das er zurückkehren konnte. Er drückte die Stirn gegen die nassen Unterarme, gegen das schlüpfrige Blech des Wagendachs und versuchte zu denken. Es konnte nicht wahr sein. Es durfte nicht wahr sein. Er würde es nicht überleben, wenn es wahr wäre.
Schließlich fuhr er nach London zurück, weil er nicht ewig vor diesem Haus herumstehen konnte. Und er wusste nicht, was er sonst hätte tun sollen. Er geriet nicht in Panik und verkroch sich auch nicht in irgendeinem Loch wie ein verwundetes Tier. Er
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