Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zirkulationsprozess des Kapitals

Titel: Der Zirkulationsprozess des Kapitals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Marx
Vom Netzwerk:
verlängert sich also auch seine Umschlagsperiode. Soweit die über die Arbeitszeit überschüssige Produktionszeit nicht durch ein für allemal gegebne Naturgesetze bestimmt ist, wie beim Reifen des Korns, dem Wuchs der Eiche usw., kann die Umschlagsperiode oft mehr oder minder verkürzt werden durch künstliche Abkürzung der Produktionszeit. So durch Einführung der chemischen Bleicherei statt der Wiesenbleicherei, durch wirksamere Trockenapparate in Trocknungsprozessen. So in der Gerberei, wo das Eindringen der Gerbsäure in die Häute nach der alten Methode 6 bis 18 Monate wegnahm, nach der neuen, worin die Luftpumpe angewandt wird, nur anderthalb bis zwei Monate. (J. G. Courcelle-Seneuil, »Traité théorique et pratique des entreprises industrielles etc.«, Paris 1857, 2. éd. [p. 49].) Das großartigste Beispiel von künstlicher Abkürzung der durch Naturprozesse ausgefüllten bloßen Produktionszeit liefert die Geschichte der Eisenproduktion und namentlich die Verwandlung von Roheisen in Stahl in den letzten 100 Jahren, von dem um 1780 entdeckten Puddling bis zu dem modernen Bessemerprozeß und den seitdem eingeführten neuesten Verfahrungsweisen. Die Produktionszeit ist enorm abgekürzt worden, aber in demselben Maß auch die Anlage von fixem Kapital vergrößert.
    Ein eigentümliches Beispiel für die Abweichung der Produktionszeit von der Arbeitszeit liefert die amerikanische Fabrikation von Schuhleisten. Hier entsteht ein bedeutender Teil der Unkosten daraus, daß das Holz bis zu 18 Monaten zur Austrocknung lagern muß, damit der fertige Leisten sich nachher nicht zieht, seine Form verändert. Während dieser Zeit macht das Holz keinen andern Arbeitsprozeß durch. Die Umschlagsperiode des angelegten Kapitals ist daher nicht nur bestimmt durch die zur Leistenfabrikation selbst erheischte Zeit, sondern auch durch die Zeit, während deren es im austrocknenden Holz brachliegt. Es befindet sich 18 Monate im Produktionsprozeß, bevor es in den eigentlichen Arbeitsprozeß eintreten kann. Dies Beispiel zeigt zugleich, wie die Umschlagszeiten verschiedner Teile des zirkulierenden Gesamtkapitals verschieden sein können infolge von Umständen, die nicht innerhalb der Zirkulationssphäre, sondern aus dem Produktionsprozeß entspringen.
    Besonders deutlich tritt der Unterschied von Pro duktionszeit und Arbeitszeit hervor in der Landwirtschaft. In unsern gemäßigten Klimaten trägt das Land einmal jährlich Korn. Die Abkürzung oder Verlängrung der Produktionsperiode (für Wintersaat durchschnittlich neun Monate) ist selbst wieder vom Wechsel guter oder schlechter Jahre abhängig, daher nicht genau vorher bestimmbar und kontrollierbar wie in der eigentlichen Industrie. Nur Nebenprodukte, Milch, Käse etc., sind fortlaufend in kürzern Perioden produzierbar und verkaufbar. Dagegen stellt sich die Arbeitszeit wie folgt:
    »Die Zahl der Arbeitstage wird in den verschiednen Gegenden von Deutschland mit Rücksicht auf die klimatischen und übrigen einwirkenden Verhältnisse für die drei Hauptarbeitsperioden anzunehmen sein: Für die Frühjahrsperiode von Mitte März oder Anfang April bis Mitte Mai auf 50-60; für die Sommerperiode von Anfang Juni bis Ende August auf 65-80; und für die Herbstperiode von Anfang September bis Ende Oktober oder Mitte oder Ende November auf 55-75 Arbeitstage. Für den Winter sind bloß die darin zu verrichtenden Arbeiten, wie Dünger-, Holz-, Markt-, Baufuhren usw. zu bemerken.« (F. Kirchhof, »Handbuch der landwirthschaftlichen Betriebslehre«, Dessau 1852, S. 160.)
    Je ungünstiger daher das Klima, desto mehr drängt sich die Arbeitsperiode der Landwirtschaft, und daher die Auslage in Kapital und Arbeit, auf kurzem Zeitraum zusammen. Z.B. Rußland. Dort ist in einigen nördlichen Gegenden Feldarbeit nur möglich während 130-150 Tagen im Jahr. Man begreift, welchen Verlust Rußland erleiden würde, wenn 50 aus den 65 Millionen seiner europäischen Bevölkrung ohne Beschäftigung blieben während der sechs oder acht Wintermonate, wo alle Feldarbeit aufhören muß. Außer den 200000 Bauern, welche in den 10500 Fabriken Rußlands arbeiten, haben sich überall auf den Dörfern eigne Hausindustrien entwickelt. So gibt es Dörfer, worin alle Bauern seit Generationen Weber, Gerber, Schuhmacher, Schlosser, Messerschmiede etc. sind; besonders ist dies der Fall in den Gouvernements Moskau, Wladimir, Kaluga, Kostroma und Petersburg. Beiläufig wird diese Hausindustrie schon mehr und mehr in den

Weitere Kostenlose Bücher