Der zögernde Schwertkämpfer
erschlaffte.
»Du hast es geschafft!« sagte Wallie und ließ ihn los.
Er zog ihnen beiden die Masken ab. Nnanjis Gesicht war fast violett, und seine Lippe blutete.
»Was?«
Wallie zerrte ihn zum Spiegel und warf ihm sein Florett in die Hand. »Ausfall!« befahl er.
Wütend machte Nnanji einen Ausfall in Richtung Spiegel. Er schaffte es wieder. Dann wandte er sich zu Wallie, da er jetzt endlich begriffen hatte.
»Ich kann es!« Mit einem Freudengebrüll machte er Luftsprünge quer durch den Raum und warf die Arme in die Luft.
Wallie kam sich vor wie Professor Higgins – oder wie ein Flamenco-Tanzlehrer. Er gab Nnanji einen Klaps auf den Rücken. Er lachte und versicherte ihm, daß er all die Beschimpfungen, die er ausgestoßen hatte, nicht ernst gemeint habe, und versuchte ganz allgemein, ihn zu beruhigen. Nnanji tanzte ungläubig zurück vor den Spiegel und legte einen weiteren perfekten Ausfall hin; dann wirbelte er wieder durch den Raum. Die Blockade war gefallen.
»Ich habe es geschafft! Ich habe es geschafft!« Dann betrachtete Nnanji seine und Wallies Wunden, und seine Miene wurde ernster. »Ihr habt es geschafft. Ich danke Euch, mein Gebieter! Danke! Danke!«
Wallie fuhr sich mit dem Arm über die Stirn. »Gern geschehen. Und jetzt – schnell, bevor du steif wirst! Laufe hinunter und mache ein paar Abkühlungsübungen, dann nimm ein heißes Bad. Los!«
Wallie schlug die Tür hinter ihm zu, lehnte sich dagegen und schloß die Augen. Er hätte die gleiche Behandlung selbst gebraucht, aber er mußte auch mit sich ins reine kommen. Er fühlte sich schmutzig, ekelhaft, abartig. Wer war auf die Probe gestellt worden? War es vielleicht Nnanji? Oder war es eine Prüfung, um festzustellen, ob Wallie die rechte Blutrünstigkeit aufbrachte? Er hatte sich geschworen, den Jungen niemals zu schlagen, und jetzt hatte er genau das getan. Um welchen Preis hatte er Erfolg gehabt? Er war schlimmer als Hardduju.
Er öffnete die Augen, und Jja stand vor ihm. Sie musterte ihn mit ihren großen, dunklen und unergründlichen Augen. Er hatte sie in ihrer Ecke ganz vergessen. Sie hatte alles beobachtet. Was mußte sie von diesem sadistisch veranlagten Monster halten, das ihr Besitzer war?
»Jja!« sagte er. »Hab keine Angst, ich bitte dich! So etwas tue ich normalerweise nicht.«
Sie griff nach seiner Hand. »Ich habe keine Angst, Herr. Ich weiß, daß das nicht Eure Art ist.«
»Ich habe ihn verstümmelt!« sagte Wallie betrübt. »Er wird wochenlang Schmerzen haben. Die Narben werden ihm fürs ganze Leben bleiben!«
Sie legte die Arme um ihn und den Kopf auf seine Schulter, obwohl er naßgeschwitzt und blutig war, doch es war nicht Sex, den sie ihm bot – es war Trost. Er trank ihn gierig wie ein Mann kurz vor dem Verdursten.
»Der Eleve Nnanji ist ein rauher Bursche«, sagte sie. »Ich glaube, diese Lektion war für Wallie um einiges schwieriger als für Nnanji. Er wird nicht darunter leiden.«
Er griff den Gedanken erleichtert auf. »Wird er das nicht?«
Sie lachte ihm leise ins Ohr. »Das sind nur Schrammen, Herr. Er wird sie wie Juwelen tragen. Ihr habt ihm seinen Stolz zurückgegeben.«
»Habe ich das?« Wallie entspannte sich langsam. »Ja, das habe ich, nicht wahr?« Die Probe war bestanden. Er hatte einen Schwertkämpfer aus ihm gemacht, und … »Wie hast du mich gerade genannt?«
Sie erstarrte, da ihr das gleiche plötzlich bewußt wurde. »Das ist der Name, den Ihr in unserer ersten Nacht benutzt habt, Herr. Entschuldigung!«
»Oh, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Jja. Ich habe es gern, wenn du mich so nennst.« Er hielt sie ein wenig auf Abstand, um sie genau ansehen zu können. »Was weißt du von Wallie?«
Sie starrte ihn an, verwirrt und unsicher, wie sie ihre Gedanken in Worte kleiden sollte. »Ich glaube, er versteckt sich im Innern von Lord Shonsu«, sagte sie schließlich verlegen.
Er nahm sie wieder fest in die Arme. »Du hast so recht, mein Liebling. Er ist einsam da drin, und er braucht dich. Du kannst ihn jederzeit herausrufen, wenn dir danach ist.«
Obwohl er es eine Zeitlang nicht in seiner ganzen Tragweite begriff, brachte dieser Moment die entscheidende Wende. Während Nnanji seine geistige Blockade eingerissen hatte, hatte sich Jja ihrerseits eine solche aufgebaut – ein merkwürdiger Zwiespalt in ihrer Beziehung zu ihrem Besitzer und zu ihrem Mann. Irgendwie hatte sie eine strenge Unterscheidung zwischen den beiden gemacht, auf eine rein gefühlsmäßige Weise, die man
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