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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Wahrscheinlich hatte ihm Tarru ohnehin einen einleuchtenden Grund gegeben: »Lord Shonsu hat sich unrechtmäßig das Schwert der Göttin angeeignet, und wir müssen es zurückgewinnen.« Das klang glaubhaft genug, wenn eine Verweigerung den Tod bedeutet hätte.
    Früher oder später würde Tarru merken, daß Shonsu nicht mehr in seine Gemächer zurückkehrte. Die Jagd würde beginnen. Man würde Janghiukis Leiche finden. Dann brauchte sich Tarru um die Blutrünstigkeit seiner Männer keine Sorge mehr zu machen. Dann hatten die Hunde die Fährte ihrer Beute aufgenommen.
    Der Besitz von Sklaven, das Anbeten von Götzenbildern, die Todesstrafe … all diese Dinge hätten den alten Wallie Smith entsetzt. Jetzt kam noch Mord hinzu. Moralische Werte waren unveränderlich, hatte er an jenem Morgen dem kleinen Jungen erklärt. Der Halbgott hatte geantwortet, daß dies etwas Angelerntes sei, das er ebenfalls aus seinem Kopf streichen müßte. Doch das konnte er nicht.
    Shonsu hätte nicht die geringsten Skrupel gehabt, Janghiuki zu töten; wenn er es nach den Vorschriften der Sutras getan hätte, hätten ihn hinterher keinerlei Schuldgefühle gequält. Er hätte die Frage der Gastregeln mit einem Zitat aus dem einen oder anderen Sutra beantwortet, und niemand hätte seine Auslegung in Frage gestellt. Wallie Smith würde niemals lernen, in diesen Bahnen zu denken. Er hatte versprochen zu versuchen, ein Schwertkämpfer zu sein, doch es würde ihm nicht gelingen.
    Die Göttin mußte sich einen anderen Auserwählten suchen.
    Etwas raschelte im Stroh hinter ihm. Er sprang mit einem Satz auf, doch was immer es war, es war jedenfalls nicht menschlich.
    Er fragte sich, ob Honakura jemals Sklavenbehausungen wie diese hier gesehen hatte und was er dazu sagen würde. Wahrscheinlich würde er nur wieder etwas daherplappern über Missetaten in früheren Leben, für die die Sklaven büßten. Es war schon eine harte Sache, für etwas bestraft zu werden, an das man sich nicht einmal erinnern konnte! Doch Wallie hatte gelobt, der Göttin keine Vorhaltungen zu machen, wie sie Ihre Welt zu führen habe.
    Es gab Hunderte von Sklaven. Es gab Hunderte von Schwertern in der Schmiede. Wie schon einige Male zuvor, spielte Wallie mit dem Gedanken an eine Sklavenarmee. Und wie jedesmal verwarf er ihn wieder. Die Sutras erlaubten einem Schwertkämpfer die Bewaffnung von Zivilisten im Notfall, doch der Wortlaut schloß Sklaven ausdrücklich davon aus. Das wäre sowohl ein Verbrechen als auch ein Verstoß gegen die Regeln. Der entscheidende Gesichtspunkt war für Wallie jedoch, daß es mit Sicherheit ein Blutbad bedeuten würde. Schwertkämpfer verfügten in jedem Fall über mehr tödliche Macht, wie die Voraussetzungen auch sein mochten, und er wollte nicht sein eigenes Leben retten, indem er das Leben anderer Unschuldiger opferte. Außerdem war er überzeugt davon, daß die Freundschaft der Sklaven nicht so weit ging. Verständlicherweise würden sie Vergeltungsmaßnahmen befürchten. Keine Kultur, in der Sklavenbesitz üblich war, würde einen Sklavenaufstand dulden, gleichgültig, wer ihn anführte. Wenn Shonsu versuchen würde, Spartakus zu sein, würde sich der Rest dieser Welt hier gegen ihn zusammenschließen.
    Was war zu tun? Wallie bemühte sich, Tarrus Gedankengänge nachzuvollziehen. Er mußte das Gefühl haben, unter Druck zu stehen. Männer zu zwingen, sich für eine unehrenhafte Sache durch einen Schwur an ihn zu binden, war ein Vergehen. Ihnen zu befehlen, die Ablegung des dritten Eides geheimzuhalten, war ein weiteres. Die Zeit war begrenzt, in der er hoffen durfte, seine rechtswidrige Armee zusammenhalten zu können, und es war überhaupt fraglich, inwieweit er ihr trauen konnte. Tarru unterlag also dem Zwang, schnell zu handeln. Er mußte das Schwert bald finden und sich aus dem Staub machen. Und der Weg zu dieser besonderen Waffe führte nur über Shonsu, der, wenn er auch wahrhaftig nicht wußte, wo es war, doch zumindest informiert sein mußte, wer es wußte. Netze waren ein naheliegendes Mittel, wenn ein Siebentstufler lebend gefangengenommen werden sollte.
    Die Strafe für ein Versagen, hatte der Halbgott gesagt, war der Tod … oder etwas Schlimmeres. Tarru plante Folterqualen.
    Die Tür quietschte, und Jja schlüpfte herein, mit Vixini auf dem Rücken. Wallie erhob sich, ohne sich jedoch aufrecht hinstellen zu können, und küßte sie; dann zog er einen zweiten zerbrochenen Stuhl heran, damit sie dicht beieinander sitzen

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