Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
Vom Netzwerk:
tief Luft und schwieg, in der Hoffnung, daß die beiden ihre Erregung nicht bemerkt hätten; doch anscheinend entging dem Schwertkämpfer nicht so leicht etwas, denn seine tiefgründigen, furchtsamen Augen ruhten wieder auf ihr. »Was wolltest du sagen?« fragte er.
    Sie schluckte. »So etwa um die Mittagsstunde, mein Lord …«
    »Ja?« Er nickte ihr aufmunternd zu.
    »Ich habe einen Schritt vor die Tür getan, mein Lord … nur für einen Moment, mein Lord. Doch ich mußte mich erleichtern. Ich war nur einen kurzen Augenblick draußen.«
    »Wie schön.« Er war ungeheuer aufmerksam und geduldig. »Was hast du gesehen?«
    Sie erzählte, daß sie eine Priesterin der Fünften Stufe erblickt habe, eine rundliche Frau mittleren Alters, die die Straße heraufgekommen sei und in jede Hütte gespäht habe. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen, und sie hatte sich daran erinnert, wie nachdrücklich ihre Herrin Kikarani darauf hingewiesen hatte, daß niemand von der Anwesenheit des edlen Herrn hier erfahren dürfe.
    Honakura pfiff durch die Zähne. »Wie ich befürchtet habe, hat die Korruption auch die Priesterschaft ergriffen! Ihr seid entdeckt, mein Lord!«
    »Wartet mal einen Moment«, brummte der Schwertkämpfer, der Jja immer noch unverwandt ansah und sie erneut sanft anlächelte. »Ist sie hereingekommen, hat sie mich gesehen?«
    Jja spürte, wie ihr flammende Röte ins Gesicht stieg. »Nein, mein Lord.«
    »Doch der Umstand, daß sie nicht eingelassen worden ist, verrät ihnen, was sie wissen wollen«, sagte der Priester wütend.
    Der Schwertkämpfer beachtete ihn nicht. »Was hast du dann gemacht, Jja?«
    Sie senkte den Kopf und berichtete flüsternd, wie sie sich das Kleid ausgezogen und ihn mit ihrem Körper bedeckt habe, indem sie so tat, als ob sie sich miteinander verlustierten. Die Frau war nicht hereingekommen und konnte ihn nicht deutlich gesehen haben.
    Dann herrschte Schweigen, bis sie zitternd aufblickte und sah, daß er lächelte – nein, grinste, ein freches, jungenhaftes Grinsen, was in seinem kraftvollen Gesicht verblüffend wirkte.
    »Ich wollte, ich hätte es miterlebt!« sagte er. Er wandte sich an den Priester. »Ich wiederhole, daß ich mich über die Bedienung absolut nicht beklagen kann.«
    Honakura strahlte. »Das ist ganz sicher das Werk der Göttin. Ich hatte recht mit der Annahme, daß Sie Euch hierhergeführt und alles so bestimmt hat. Nicht eine Sklavin unter Tausenden hätte die Geistesgegenwart aufgebracht, Euch auf diese Weise zu schützen, mein Lord, oder den Willen.«
    »Sklavin?« Sie war durch sein Lächeln erschreckt und dachte nicht darüber nach, weshalb er so erzürnt sein mochte. »Bedeuten das die Linien in deinem Gesicht, daß du eine Sklavin bist?« Sie nickte schüchtern, und sein Zorn entlud sich jetzt auf den Priester. »Und wer ist der Besitzer dieser Sklavin?«
    »Der Tempel, soviel ich weiß, oder die Priesterin Kikarani.« Der Priester war nicht betroffen, lediglich verdutzt. »Warum fragt Ihr, mein Lord?«
    Der Schwertkämpfer antwortete nicht. Er blickte finster ins Leere und murmelte leise vor sich hin: »In welchen Pfuhl bin ich hier geraten?« Dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich wieder an den Priester.
    »Ich soll ihn also töten, diesen – Kerl Hardduju, ja? Was ist mit seinen Freunden?«
    Der Alte schien überrascht zu sein. »Wenn Ihr die anderen Schwertkämpfer meint, mein Lord, so werden sie den Ausgang einer formgerechten Auseinandersetzung respektieren. Die meisten von ihnen, davon bin ich überzeugt, sind ehrenwerte Männer. Und dann, wenn Ihr in das Amt des Obersten Anführers der Wache eingeführt seid, könnt Ihr die Verräter bestrafen, den Pilgern wirksamen Schutz gewähren und Jagd auf die Banditen machen.«
    »Ich verstehe.« Er verfiel in Schweigen und starrte zu Boden. Ein Maultierzug trabte draußen vorbei, mit schallendem Stakkato der Hufe auf den Pflastersteinen, und die Reiter stießen Rufe der Erleichterung aus, als sie sahen, daß sie ihrem Ziel endlich so nahe waren. Ein einzelnes Pferd kam die Straße herauf getrottet. Der Sonnengott stand tief, der Lichtfleck auf der Wand verblaßte zu einem schwachen Rosa. Fliegen summten in der Luft. Der Schwertkämpfer verscheuchte sie mit einer lässigen Handbewegung, und hin und wieder erwischte er eine im Fluge und zerdrückte sie.
    Dann sah er den Priester wieder mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Nun gut, wo sind wir hier?«
    »Dies ist eine Hütte, die als Unterkunft für

Weitere Kostenlose Bücher