Der zögernde Schwertkämpfer
angebrachten Fenstern und vielen Bannern an den Wänden darunter. Wallie nahm diese skeptisch in Augenschein und kam zu dem Schluß, daß sie die Ausgeburt der Phantasie eines Innenarchitekten waren und nicht etwa echte Schlachttrophäen.
Der weitläufige Raum war zur Hälfte angefüllt mit Schwertkämpfern, die an langen Tischen saßen, aus Schalen aßen und sich unterhielten; sie schwiegen jedoch, als er im Eingang stehenblieb, und einige Augenblicke lang war nichts anderes zu hören als das Scharren fetter Hunde, die emsig die Abfälle am Boden durchwühlten. Wallie sah sich auf der Suche nach freien Plätzen um und traf dann seine Wahl, ohne weiter darüber nachzudenken.
»Nein, du zuerst«, sagte er zu Nnanji, und sie beide nahmen Platz. Schwertkämpfer saßen natürlich auf Hockern, damit die Scheiden frei hängen konnten.
»Warum, mein Gebieter?« fragte Nnanji verdutzt.
»Warum was?«
»Warum seid Ihr ausgerechnet zu diesem Platz gegangen, und warum sollte ich mich zuerst setzen?«
Wallie grub in Shonsus Gedächtnis. »Mit dem Rücken zur Wand, damit wir die Tür im Auge behalten können, mit dem besten Schwertarm zur Rechten«, sagte er.
»Vielen Dank, mein Gebieter«, sagte Nnanji feierlich.
»Gern geschehen«, erwiderte Wallie. »Das war die erste Lektion.« Für sie beide.
Die Gespräche waren zögernd wieder in Gang gekommen, doch die Neuankömmlinge wurden mit vielen seitlichen Blicken beobachtet, was Wallie ignorierte. Ein Diener mit einem Holzbein brachte zwei Schalen mit einem Eintopfgericht, zwei dunkle Laibe dampfendes
Roggenbrot und zwei Humpen Bier. Falls das Fleisch in dem Eintopf Pferdefleisch war, so roch es jedenfalls köstlich und ließ Shonsu das Wasser im Mund zusammenlaufen, und das Bier reichte, um einen mittleren Brand zu löschen. Er kam schnell dahinter, daß das Bier unbedingt nötig war, denn das Gericht war feurig-scharf gewürzt, in der Art, wie man in heißen Ländern das Fleisch vom Vortag behandelte. Aber es schmeckte gut.
Wallies Füße pochten wieder unter den Verbänden. Er legte sie auf einen Hocker vor sich, sich der Tatsache bewußt, daß sie lächerlich aussehen mußten, ohne sich jedoch besonders darum zu scheren. Er hatte sich bei dem Halbgott beschwert, daß er sich nicht in den Tischsitten dieser Welt auskannte, doch wenn er sich Nnanji als Beispiel nahm, dann waren hauptsächlich Begeisterung und Geschwindigkeit gefragt. Eine Weile lang schaufelten sie schweigend das Essen in sich hinein und tranken Bier dazu. Männer kamen und gingen ungezwungen ein und aus, manche nahmen auch ihr Essen und wechselten zu einem anderen Tisch. Als er die Gepflogenheiten genauer beobachtete, merkte er, daß das Ende der Mahlzeit dadurch angezeigt wurde, daß man die Schüsseln zu Boden stellte, damit sie die Hunde auslecken konnten. Er aß immer weniger und beobachtete immer mehr.
Sein erster Eindruck von den Schwertkämpfern war, als der Halbgott ihn durch das Tempeltor geführt hatte, der eines verwilderten Haufens gewesen. Während er sich im Speisesaal umsah, entdeckte er nicht viel, was diesen Eindruck widerlegt hätte. Von einem Siebentstufler wurde erwartet, daß er seinen Schützling anständig kleidete; der Erlös aus Harddujus Schwert würde die Kosten dafür decken, und Nnanji war wenigstens sauber und gekämmt. Viele der anderen Jungen waren das nicht. Welche dieser Schwertkämpfer sollte er versuchen für sich als Leibwache zu gewinnen?
Dann merkte er, daß ihn ein Viertstufler unverhohlen anstarrte – ein Mann von ungefähr dreißig Jahren, gut gebaut und auffallend ordentlicher und sauberer aussehend als die meisten. Er kannte diesen Mann.
»Vasall?« fragte er leise. »Wer ist dieser Viertstufler dort drüben, der neben dem Drittstufler sitzt? Er war der Befehlshaber der Todesschwadron von gestern.«
Nnanji blickte hinüber und wandte die Augen dann schnell wieder ab.
»Der Adept Briu, mein Gebieter«, sagte er. Er starrte hinunter in seinen Eintopf und schien keinen Appetit mehr zu haben.
Gestern hatte sich Briu einer abscheulichen Aufgabe mit Würde entledigt. Er hatte den Kopf behalten, als die Menge ihren boshaften Gefühlen freien Lauf ließ, und er hatte davon abgesehen, die Peitsche zu benutzen, als ihn Wallie reizte. Briu könnte als brauchbarer Gefolgsmann in Frage kommen.
»Glaubst du, daß er Lust haben könnte, sich unserer Mission anzuschließen?« fragte Wallie.
Nnanji schenkte ihm ein kurzes Lächeln für das Wort »unserer«, doch
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