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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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zwischen den auf sein Handwerk bezogenen Erinnerungen, die ihm gegeben worden waren, und seinen persönlichen Erinnerungen, die sich ihm entzogen. Das Empfinden bereitete ihm Unbehagen. Wer oder was war Chioxin?
    »Das hört sich nach diesem Schwert an, nicht wahr?« sagte er. »Der Vogel Greif und der Saphir. Was weißt du noch darüber?«
    Nnanji machte plötzlich ein verlegenes Gesicht. »Den Rest habe ich nie gehört, mein Gebieter. Es war in meiner ersten Nacht im Lager der Schwertkämpfer, ich stand vor der Kratzprobe.« Er lächelte bei der Erinnerung an sich selbst in jüngeren Jahren. »Wenn ich heute daran zurückdenke, halte ich denjenigen nicht mehr für einen besonders guten Barden, aber damals kam er mir wundervoll vor. Er sang die Ballade von den Sieben Schwertern des Chioxin, und ich wollte sie ganz hören. Aber er war gerade bis zum letzten Teil gekommen, in dem es um das Siebte Schwert geht, und dann … und dann mußte ich weg, mein Gebieter.«
    »Zur Wilden Ani, möchte ich wetten«, sagte einer der anderen. Alle brüllten und johlten vor Lachen, und Nnanji lief vor Zorn dunkelrot an.
    Coningu, der schwankend am Rand der Gruppe stand wie eine vom Wind gebeugte Zypresse am Strand, starrte das Schwert an. Er spürte Wallies Augen auf sich, wandte den Blick zu ihm und dann schnell in die andere Richtung. Coningu hatte die Ballade gehört, von Anfang bis Ende, und er wußte, was darin über das Siebte Schwert gesagt wurde. So alt und abgeklärt wie er, jetzt sah er doch so aus, als wäre er von etwas tief beeindruckt.
    Wallie hievte sich aus der Wanne, um für Ablenkung zu sorgen. Kurz darauf war er abgetrocknet, und man bot ihm eine Auswahl verschiedener blauer Kilts aus den Kästen der Kleiderkammer an. Er entschied sich für den schlichtesten, obwohl auch der aus feinstem Damast bestand. Nnanji schnallte ihm den Harnisch um – und dann zog er sich aus und ließ sich platschend in das gebrauchte Badewasser seines Mentors plumpsen. Das gehörte offensichtlich zu den Privilegien eines Schützlings.
    Zwei Heilkundige, einer der Sechsten und einer der Dritten Stufe, verneigten sich vor Wallie und nickten voller Anerkennung beim Anblick eines Patienten, der so aufsehenerregende Verletzungen hatte, im Grunde aber kerngesund war. Widerwillig erlaubte er ihnen, Salbe auf seine Wunden zu schmieren. Dann machten sie sich daran, ihm die Füße zu verbinden.
    »Halt!« fuhr er dazwischen. »Was ist das?«
    »Das sind Verbände, mein Lord«, erklärte der Sechststufler überrascht. »Das sind sehr gute Verbände. Ich habe sie vor vielen Jahren im Tempel weihen lassen, und seither haben sie schon zahlreiche Patienten geheilt.«
    Sie sahen aus wie die alten Lappen einer Autowerkstatt.
    »Wie ist es den letzten beiden Patienten ergangen?« wollte Wallie wissen, und die Antwort bestand aus einem vernichtenden Blick. »Beschafft Euch ein paar neue, Heilkundiger. Das Geweihte an diesen hat sich abgenutzt. Im Moment könnt Ihr Handtücher verwenden.«
    Der Heilkundige setzte zu einer Widerrede an.
    Wallie war zu müde für eine Auseinandersetzung. »Vasall?« sagte er, und Nnanji, der sich gerade wieder fertig angezogen hatte, lächelte und zog sein Schwert.
    Wallies Füße wurden mit Handtüchern umwickelt wie im Endstadium der Gicht.
    Auf einem Tisch waren allerlei Speisen aufgetragen worden, und mehr brauchte er nicht. Er dankte ihnen und schickte sie alle weg – den Kammerherrn, die Sklaven, Schwertkämpfer, Heilkundige sowie die Badewanne – unter Ablehnung aller Angebote von Tischbedienung oder Musikanten oder weiblicher Gesellschaft … woraufhin Nnanji ein etwas enttäuschtes Gesicht machte. Dann schob er die Riegel vor die Tür zum Korridor. Frieden!
    Nnanji hob die silbernen Deckel von den Schüsseln. Wallie lief so stark das Wasser im Mund zusammen, daß es weh tat. Suppen, gebackener Fisch, gebratenes Geflügel und würzige Fleischpasteten, mehrere Currys, verschiedene Gemüseplatten und Desserts, knusprig warmes Brot, etliche Käsesorten, sechs Karaffen Wein, Kuchen und Obst. Nein, kein Obst, danke.
    »Das reicht bestimmt für zwanzig Leute«, sagte Wallie und nahm Platz. »Deshalb kann ich dir vielleicht auch ein bißchen abgeben, Vasall. Mit was möchtest du anfangen?«
    »Nach Euch, mein Gebieter.« Nnanjis Augen glitzerten, aber seine Erziehung gebot ihm zu warten.
    Wallie befahl ihm, sich hinzusetzen, und eine Weile schwelgten sie schweigend in den Genüssen. Wallie wunderte sich, wieviel er essen

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