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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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konnte, aber schließlich war er jetzt ein großer Mann und hatte seit Tagen gehungert. Nnanji, der typische Halbwüchsige, hielt Bissen um Bissen mit; es hatte vielerlei Vorteile, Vasall eines Siebentstuflers zu sein. Als sie schließlich etwas langsamer wurden und eine Unterhaltung begannen, war nicht mehr viel übrig.
    »Das ist schon was anderes als im Gefängnis.«
    »Und was ganz anderes als in der Kantine der Nachwuchs-Schwertkämpfer.«
    Sie lachten, und Wallie erhob sich.
    »Ich werde jetzt bis zum Morgen schlafen«, verkündete Wallie, »aber ob bis zum morgigen Morgen oder dem übermorgigen, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Auf jeden Fall muß zumindest eine von diesen beiden Türen verriegelt bleiben, denn mein kleiner Gott könnte etwas wütend werden, wenn ich mir sein Schwert stehlen lasse. Wenn du willst, kann ich dich jetzt rauslassen, dann kannst du dich noch eine Weile rumtreiben und später im vorderen Raum schlafen. Wie es dir beliebt.«
    Es war noch sehr früh zum Schlafengehen, aber Nnanji konnte sich nicht überwinden wegzugehen. Vielleicht hatte er Angst, Wallie würde sich inzwischen auflösen wie ein Traum.
    Wallie legte sein Schwert aufs Bett, häufte ein paar Kissen übereinander und legte sich in der Matratze versinkend zurück.
    »Ein Federbett! Etwas weicher als der Gefängnisboden!« Und dann, weil er wollte, daß sein Begleiter die Unterhaltung führte, fragte er: »Erzähle mir die Sache mit der Wilden Ani!«
    Nnanji wurde wieder rot. »Eine der Frauen in der Mannschaftskaserne, mein Gebieter. Eine Sklavin. Sie ist groß und häßlich und kräftig wie ein alter Ochse. Titten wie Mehlsäcke, ein Auge weg. Sie schließt Wetten ab, daß kein Mann sie vergewaltigen kann, in unbegrenzter Höhe, und bis jetzt hat sie immer gewonnen.« Er kicherte. »Man sagte, daß einige Männer mehr verloren haben als ihren Einsatz.«
    »Die Frau meiner Träume«, sagte Wallie schläfrig. »Und was ist die Kratzprobe?«
    »Das ist eine Tradition. Wir … die Zweitstufler erklären den Anfängern, daß sie ihre Männlichkeit unter Beweis stellen müssen. Jeder muß seine erste Nacht mit der Wilden Ani verbringen.« Er kicherte wieder. »Deshalb habe ich das Ende der Ballade nicht gehört.«
    »Du brauchst mir nicht zu erzählen, wie es war.«
    »Da ist nichts dabei«, sagte Nnanji ohne Verlegenheit. »Sie ist in Wirklichkeit eine großartige Frau. Wenn man einen weiblichen Drachen will, sie ist ein weiblicher Drache, so brutal, wie man es sich nur vorstellen kann. Doch mit einem Neuling ist sie geduldig und mitfühlend. Also, ich meine, ich wußte ja nicht wo … ich meine, was …« Er grinste, als die Erinnerungen zurückkamen. Dann sah er, daß sein Gebieter bereits eingeschlafen war.
    Auf der einen Seite des Schwerts kämpften sieben Schwertkämpfer mit sieben Fabeltieren; auf der anderen Seite wurden dieselben Tiere gefüttert, geritten oder sonstwie von sieben Jungfrauen verwöhnt. Keine Körperhaltung glich genau der anderen, und sogar der Ausdruck in den einzelnen Gesichtern war unterschiedlich. Wallie hatte keine Vorstellung, wie so kunstvolle und zarte Linien in ein so hartes Material geritzt werden konnten.
    In den Unterkünften der Schwertkämpfer herrschte noch Stille, und die Morgendämmerung schöpfte erst noch im Osten Atem, um sich darauf vorzubereiten, den Tagesanbruch mit Lichtfanfaren zu verkünden. Ein undefinierbares Deckenbündel, das quer vor der Tür lag, zeugte davon, wie die romantischen Vorstellungen von Pflichterfüllung eines gewissen Vasallen über die Anziehungskraft eines Bettes gesiegt hatte. Ein Büschel roter Haare stand an einem Ende heraus.
    Wallie lag in dem riesigen Federbett; er fuhr müßig mit dem Finger über das Schwert des Gottes und kuschelte sich immer wieder voller Wohlbehagen zusammen. Seine Verletzungen waren bis zum Maße fast angenehmer Schmerzen gelindert, wie man sie vielleicht von zuviel sportlicher Betätigung zurückbehalten mochte; das Pochen in seinen Füßen war nur noch ein sanftes Kribbeln im Vergleich zu dem, was es gewesen war. Diese Welt hatte alle Voraussetzungen, daß er sie genießen konnte, wie der Halbgott ihm prophezeit hatte. Noch ein paar Tage für seine Genesung und das Anheuern einiger tauglicher Schützlinge der mittleren Stufen, dann konnte er sich auf den Weg machen, diese Welt zu erforschen, unerschrocken und ehrenwert, und die Offenbarung seiner Aufgabe erwarten. Gestern war er auf glitschigem Stein erwacht, in der

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