Der zögernde Schwertkämpfer
Jedes Schwert hat seine eigene Geschichte. Ich bin kein Barde, mein Lord, ich werde euch also nichts vorsingen, doch wurde das Smaragdschwert zum Beispiel von dem großen Helden Xinimi geschwungen, als er dem Ungeheuer von Vinhanugoo den Garaus machte, und dann ging es in den Besitz von Darijuki über, der damit die Schlacht von Haur gewann – so wird jedenfalls berichtet. Die Barden wissen die ganze Nacht davon zu singen.«
Schließlich wurde er gewahr, daß ein Humpen seiner harrte, und nahm einen großen Schluck. Tarrus Miene verriet Argwohn. Wallie wartete darauf, etwas von Fluch und Verwünschung zu hören – in solchen Geschichten kam doch immer das eine oder andere Verwunschene vor oder ein Fluch lastete auf etwas. Der Speisesaal leerte sich immer mehr, da die Männer der Wache sich nach und nach wieder ihren Beschäftigungen zuwandten. Die Diener räumten die Schüsseln weg, die die Hunde ausgeleckt hatten.
Der Waffenschmied wischte sich den Schaum vom Mund und fuhr mit seiner Beschreibung fort. »Und ich habe das Perlenschwert gesehen. Oder immerhin Teile davon. Der Griff und Bruchstücke der Klinge befinden sich im Besitz des Königs von Kalna, und er hat es mir gezeigt, als ich noch ein junger Lehrling war. Angeblich besitzt die Stadt Dis Marin das Beryllschwert, und ein Stück einer anderen Klinge ist in der Sommerresidenz in Casr. Der Griff ist verlorengegangen, doch es wird angenommen, daß es der Rubin war.«
Wieder dieses Flüstern des Gedächtnisses. Casr? »Und das Saphirschwert?« fragte Wallie.
»Ach! Es gibt keine Überlieferung zu dem Saphirschwert. Nur die sechs sind bekannt. Nach den Balladen der Barden schenkte Chioxin das siebte Schwert der Göttin selbst.«
Es entstand eine bedeutsame Pause. Das erklärte den Ausdruck im Gesicht des alten Coningu gestern abend. Die unausgesprochene Frage hing in der Luft, doch man stellte einem Siebentstufler keine solchen Fragen.
»Kein Fluch?« erkundigte sich Wallie. »Keine magischen Kräfte?«
»Oh, die Barden … Sie erzählen, daß jemand, der ein solches Schwert handhabt, niemals geschlagen werden kann. Aber ich bin nur Handwerker. Ich kenne kein Rezept, um einem Schwert magische Kraft zu verleihen.«
»Mit diesem hier sind bis jetzt zwei Siege und eine Beilegung durch Rückzug zu verzeichnen«, bemerkte Wallie nüchtern.
Tarru wurde jetzt tatsächlich rot. »Es ist für ein Schwert dieses Alters in einem bemerkenswert guten Zustand.«
»Die Göttin wird es schon ordentlich gepflegt haben, nehme ich an«, sagte Wallie scherzhaft. Er lächelte Tarru an. »Ihr habt mich aus dem Wasser kommen sehen. Ich vermute, daß Ihr die Schwertkämpfer verhört habt, die mich beim Hineingehen gesehen haben.«
»Ja, mein Lord«, sagte Tarru mürrisch. »Sehr gründlich.« Wie sein früherer Vorgesetzter war er kein Mann, der an Wunder glaubte.
»Mein Lord«, sagte Athinalani. »Würdet Ihr gütigerweise einwilligen, daß ich diese Darstellungen von einem Künstler kopieren lasse? Ich wäre ewig in Eurer Schuld.«
»Selbstverständlich. Ich nehme an, daß Ihr Schwerter zu verkaufen habt? Mein Schützling wird zu Euch kommen, um Euch ein ziemlich wertvolles zu verkaufen. Gleichzeitig wird er den Wunsch haben, ein etwas brauchbareres, sozusagen ein Alltagsschwert zu erwerben.«
Kurz darauf kam der gebeugte alte Kammerherr Coningu hereingeschlurft. Er verharrte höflich vor ihnen, bis Tarru eine Augenbraue hob.
»Ein Kurier aus dem Tempel, meine Lords. Für Lord Shonsu.« Dann fügte er hinzu: »Ein Grüngewandeter.« Er rollte die Augen in Richtung Tarru, um dessen Reaktion zu beobachten – ein Sechststufler als Kurier? Tarru verzog das Gesicht.
Die Unterhaltung war abgebrochen, obwohl Athinalani offensichtlich gern den ganzen Rest des Tages dagesessen und das Siebte Schwert des Chioxin angestarrt hätte. Auf dem Weg zur Tür fragte Tarru mit gedämpfter Stimme: »Habt Ihr dem Lehrling Nnanji Lord Harddujus Schwert gegeben, mein Lord?«
»Ja«, sagte Wallie, und Tarru fletschte die Zähne wie ein Hai. »Ist das komisch?«
»Nnanji ist nur der Sohn eines Handwerkers. Zur gleichen Zeit traten mehrere Rekruten in die Tempelwache ein, die aus solchen Familien des Kleingewerbes stammen, obwohl ich weiß, daß damals viele andere Bewerber zur Verfügung standen, die tauglicher gewesen wären, die Söhne von Schwertkämpfern. Es war ungefähr um diese Zeit, daß Lord Hardduju sich dieses Schwert anschaffte.«
Tarru mochte an etlichen ernsthaften
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