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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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stocherte in seinem Eintopf herum und starrte mit einem wütenden Stirnrunzeln hinein.
    »Was ist denn los?« wollte Wallie wissen. Nnanji sah nicht aus wie ein Mann, der gerade seiner Verstümmelung entgangen war.
    »Ich hätte mich weigern sollen, Euch den Eid zu schwören, mein Lord.«
    »Und sterben?«
    »Ja«, sagte Nnanji verbittert.
    »Ich glaube nicht, daß ich dich getötet hätte«, sagte Wallie und erntete einen erstaunten Blick. »Ich töte selten, wenn ich nicht unbedingt muß.« Er hoffte, daß seine Miene unbewegt blieb.
    »Nun, was hättet Ihr denn getan, wenn ich mich geweigert hätte?« fragte Nnanji verdutzt und vielleicht auch gereizt.
    Wallie fragte sich das selbst auch. »Ich weiß nicht genau. Ich nehme an, ich hätte dich gebeten, mir einen Feigling zu bringen. Ich bin sehr froh, daß es nicht so gekommen ist. Möchtest du, daß ich dich von dem Eid entbinde?«
    Nnanji wußte darauf keine Antwort.
    Sein Mentor widerstand dem Verlangen, ihn hochzuheben und zu schütteln. Offenbar lebte Nnanji nach völlig unrealistischen Prinzipien, und möglicherweise würde ihn das in der Zukunft zu einer ernsthaften Last machen. Doch wenn er darüber nachdachte, kam Wallie zu der Ansicht, daß ein Siebentstufler, der aus mehr als elfhundert Sutras schöpfen konnte, so ziemlich alles zu rechtfertigen wußte.
    »Ich lege gewiß keinen Wert auf einen Mann von zweifelhafter Ehre als Begleiter bei meiner Mission«, sagte er – und Nnanji wurde blaß. »Du hast einen Fehler gemacht.« Nnanji wurde kalkweiß.
    »Du hättest fragen sollen, warum es zum Blutvergießen kommen würde. Dann hätte ich dir natürlich gesagt, daß ich einen Auftrag von der Göttin hätte …«
    Nnanjis Augen weiteten sich, vielleicht bei dem Gedanken, einen Siebentstufler einem Kreuzverhör zu unterziehen.
    »Und natürlich haben Gehorsam und Treue gegenüber der Göttin Vorrang vor allem anderen, selbst vor der Pflicht gegenüber einem Mentor.«
    Nnanji schnappte nach Luft. Erleichterung und Dankbarkeit überfluteten sein Gesicht, an dem so erstaunlich leicht jede Regung abzulesen war. »Ich bin ein Mann von Ehre, mein Gebieter … glaube ich.«
    »Das glaube ich auch«, sagte Wallie bestimmt. »Und damit ist die Sache abgeschlossen! Jedenfalls haben wir soeben die zweite Lektion durchgenommen. Was hast du aus dem Duell gelernt, wenn ich es mal so nennen darf?«
    Bei der Erwähnung der Schwertkämpferkunst gewann Nnanji seine gute Laune wieder und kicherte. »Er hatte den Daumen in der Nase, mein Gebieter.«
    »Stimmt«, sagte Wallie lächelnd. »Aber warum? Ein Viertstufler dürfte eigentlich nicht so leicht kleinzukriegen sein, auch für mich nicht.«
    Nnanji dachte nach, dann zählte er mit den Fingern auf, während er sagte: »Ihr habt ihn so beleidigt, daß er Euch herausfordern mußte, und damit hattet Ihr die Wahl von Zeit und Ort, richtig? Dann hat er Euren Verband gesehen und wahrscheinlich gedacht, Ihr würdet die Sache lieber um einen oder zwei Tage verschieben. Drittens: Innerhalb des Kasernenbereichs sind keine Duelle erlaubt. Er hat vergessen, daß Ihr diese Regel nicht kennt oder nicht daran gebunden seid.« Er lachte laut. »Und wer hat je davon gehört, daß ein Duell quer über einen Tisch ausgetragen wurde?« Er grinste fröhlich.
    »Sehr gut!« sagte Wallie. Er dachte selbst eine Weile darüber nach. »Ich würde diese Methode jedoch nicht für den alltäglichen Gebrauch empfehlen. Wenn er nur eine Spur schneller gewesen wäre, hätte er mich an die Wand hinter mir genagelt.« Shonsu mochte zwar der Schnellste im Ziehen auf dieser ganzen Welt sein, doch Schwerter waren keine Pistolen. Hier war nicht Dodge City.
    Unauffällig schlüpften ein paar Fünftstufler wieder in den Saal, während andere Männer hinausgingen, um an ihr Tagewerk zu gehen. Nachdem kurze Zeit verstrichen war – gerade genug, daß es nicht so aussah, als hätte er in der Nähe gelauert –, kam der Ehrenwerte Tarru hereingeeilt, mit einem Ausdruck tiefsten Bedauerns. Wallie erhob sich für die formelle Begrüßung. Nnanji machte Anstalten, sich zu entfernen, doch Wallie winkte ihn zurück zu seinem Platz.
    Tarru entschuldigte sich überschwenglich wegen der Verletzung der Gastfreundschaft, die natürlich niemals vorgekommen wäre, wenn einige der älteren Männer zugegen gewesen wären, und die sicher nie wieder vorkommen würde.
    »Gut«, sagte Wallie mit einem – so hoffte er – drohenden Unterton.
    Tarru war wahrscheinlich jünger, als er

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