Der zögernde Schwertkämpfer
von der Wallie nichts wissen sollte.
Verwirrt und hilflos sagte Wallie: »Darf ich fragen, ob mit der Geschichte eine Moral verbunden ist?«
»Sicher. Große Taten gereichen den Göttern zur Ehre.«
Er dachte darüber nach. »Und große Taten werden von Sterblichen vollbracht?«
»Natürlich. Und Wunder werden von Göttern vollbracht, doch da das für sie eine Leichtigkeit ist, gereichen sie ihnen nicht zur Ehre.«
Wallie wünschte, daß auch er sich in einem bequemen Sessel zurücklehnen könnte. »Mir soll damit also wohl die Botschaft vermittelt werden, daß ich keine Hilfe von den Göttern erwarten darf?«
»Ganz so ist es nicht, glaube ich.« Honakura runzelte die Stirn. »Doch was immer es sein mag, das die Göttin getan haben möchte, sie will, daß es von Sterblichen vollbracht wird – von Euch. Vielleicht hilft Sie Euch, doch erwartet nicht, daß Sie die Arbeit tut.«
»Der Gott hat etwas davon erwähnt, daß ich geführt werden soll. Aber er hat mir auch gesagt, daß dieses Schwert verlorengehen oder zerbrechen kann und daß Götter Wunder nicht auf Befehl vollbringen. Glaubt Ihr, ich habe ihn richtig verstanden?«
Honakura nickte, wobei die Falten an seinem Hals schlaff schwabbelten. »Und was immer Eure Aufgabe sein mag, mein Lord, es geht offenbar um etwas sehr Wichtiges. Eure Belohnung wird hoch sein.«
»Sofern ich Erfolg habe«, sagte Wallie düster. Er wünschte, der Halbgott hätte ihm ein paar Gutscheine für Wunder mitgegeben.
»Das vordringlichste Problem ist also«, sagte der Priester nachdenklich, »lebend hier herauszukommen. Aber ich vernachlässige meine Pflichten als Gastgeber … probiert doch diese Kuchen, Lord Shonsu. Die mit den Pistazien sind überaus köstlich, soweit ich mich erinnere, obwohl sie heutzutage meine Fähigkeiten zu beißen übersteigen.« Er hielt die Kuchenplatte ausgestreckt, ohne die Fliegen davon zu verscheuchen.
Wallie lehnte dankend ab. »Warum sollte es ein Problem sein, am Leben zu bleiben? Ich bin genauso geschützt durch den Kodex der Schwertkämpfer wie alle Gäste. Wer kann mir etwas anhaben?«
Der kleine Mann schüttelte traurig den Kopf. »Ich wollte, ich könnte Euch eingehender darüber aufklären, mein Lord. Es gibt nur einen Weg nach draußen, und der führt über einen langen Pfad, zum größten Teil durch einen dichten Dschungel, und eine Fähre über den Fluß nach Hann. Es steht fest, daß mehrere hochrangige Schwertkämpfer, die für Hardduju möglicherweise eine Bedrohung dargestellt haben, von Hann losgezogen und niemals angekommen sind. Ich weiß nicht, ob die Schuldigen aufständische Schwertkämpfer oder von ihm bezahlte Meuchelmörder waren.«
Meuchelmörder waren alle Zivilisten, die Schwertkämpfer umbrachten – und in den Augen der Schwertkämpfer die schlimmsten Verbrecher überhaupt.
»Wie …«, setzte Wallie an und beantwortete seine Frage selbst. »Bogenschützen?« Pfeil und Bogen waren für Schwertkämpfer etwas besonders Verabscheuungswürdiges.
Der Priester nickte, während er an einem Kuchen herumknabberte. »Ich vermute es. Oder vielleicht lag es einfach an der puren Überzahl. Viele Pilger fielen im Lauf der Jahrhunderte auf dem Pfad Wegelagerern zum Opfer. Es ist die Pflicht der Wache, dort zu patrouillieren und für die Sicherheit zu sorgen, doch ich fürchte, daß seit einiger Zeit die Hunde mit den Wölfen gemeinsame Sache machen. An der Anlegestelle der Fähre ist eine berittene Wache postiert, so daß die Nachricht von einer bedeutenden Ankunft sofort in den Tempel gebracht werden kann. Wir haben den Verdacht, daß die Nachrichten den falschen Leuten in die Hände gefallen sind, und die wertvollsten Opfergaben kamen nie an ihrem Ziel an.«
Wallie hatte ein Gespräch über seine unbekannte Mission erwartet, über das geheimnisvolle Rätsel des Gottes, und nicht über unmittelbar drohende Gefahren. »Aber warum sollten sie mir etwas anhaben?« fragte Wallie. »Ich reise ab, ich komme nicht an. Ob diese Geschöpfe der Dunkelheit vielleicht den Tod Harddujus rächen wollen?«
»Oh, das bezweifle ich sehr.« Honakura goß geistesabwesend Wein nach. »Ihre Beziehung zu ihm war rein geschäftlicher Natur, nicht sentimentaler. Aber Ihr habt mir von dem Schwert erzählt, das Ihr bei Euch tragt. Darf ich es mal sehen?«
Wallie zog das Siebte Schwert und hielt es so ausgestreckt, daß der Priester es untersuchen konnte. Im Gegensatz zu dem Waffenschmied und zu den Schwertkämpfern galt sein Interesse weniger der
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