Der Zorn der Götter
hinein. Das große Wohnzimmer war teils mit Antiquitäten, aber auch mit modernen, eleganten französischen Möbeln eingerichtet. Obwohl es ein warmer Tag war, brannte in dem riesigen Kamin ein Feuer. Die drei folgten dem Wachposten durch das Wohnzimmer in ein fast ebenso großes, abgedunkeltes Schlafzimmer. Altieri lag im Bett und war an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Er war blass und ausgezehrt und wirkte viel älter als bei seinem Auftritt vor Gericht, Ein Priester und eine Pflegerin saßen bei ihm.
Altieri blickte Diane, Kelly und Greenburg an und wandte sich dann wieder Diane zu. Seine Stimme klang heiser und krächzend, als er das Wort ergriff. »Was zum Teufel wollen Sie von mir?«
»Mr. Altieri«, sagte Diane, »ich möchte, dass Sie Mrs. Harris und mich in Ruhe lassen. Rufen Sie Ihre Männer zurück. Es genügt, dass Sie meinen Mann umgebracht und …«
Altieri fiel ihr ins Wort. »Wovon reden Sie überhaupt? Ich habe noch nie was von Ihrem Mann gehört. Ich habe lediglich von dieser dämlichen Notiz gelesen, die man bei der Leiche gefunden hat.« Er grinste hämisch. »› Sonst landest du bei den Fischen. ‹ Da hat anscheinend jemand zu oft Die Sopranos gesehen. Ich will Ihnen mal was sagen, gute Frau. Kein Italiener schreibt so was. Ich bin nicht hinter Ihnen her. Mir ist es völlig egal, ob Sie leben oder sterben. Ich bin hinter niemandem her. Ich …« Er zuckte zusammen. »Ich bin dabei, meinen Frieden mit Gott zu machen. Ich …« Er fing an zu husten.
Der Priester wandte sich an Diane. »Ich glaube, Sie sollten jetzt lieber gehen.«
»Was hat er?«, fragte Greenburg.
»Krebs«, erwiderte der Priester.
Diane betrachtete den Mann, der im Bett lag. Ich bin nicht hinter Ihnen her … Mir ist es völlig egal, ob Sie leben oder sterben … Ich bin dabei, meinen Frieden mit Gott zu machen. Er sagte offenbar die Wahrheit.
Und mit einem Mal packte Diane die helle Panik.
Detective Greenburg wirkte nachdenklich und besorgt, als sie von Altieris Haus wegfuhren. »Eines muss ich Ihnen sagen. Ich glaube, Altieri hat das wirklich ernst gemeint.«
Kelly nickte widerwillig. »Ich auch. Der Mann liegt im Sterben.«
»Fällt Ihnen sonst noch jemand ein, der irgendeinen Grund haben könnte, Sie beide zu töten?«
»Nein«, erwiderte Diane. »Wenn Altieri nicht dahinter steckt …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung.«
Kelly schluckte. »Ich auch nicht.«
Detective Greenburg brachte Diane und Kelly zu Dianes Apartment zurück. »Ich werde mich jetzt hinter diese Sache klemmen«, sagte er. »Hier sind Sie vorerst in Sicherheit. In fünfzehn Minuten wird ein Streifenwagen vor Ihrem Haus stehen und die nächsten vierundzwanzig Stunden dort auf Posten bleiben. Mal sehen, was wir bis dahin herausfinden. Rufen Sie an, wenn Sie mich brauchen.«
Dann ging er.
Diane und Kelly starrten einander an. Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen.
»Möchten Sie eine Tasse Tee?«, fragte Diane.
»Kaffee«, versetzte Kelly trotzig.
Diane warf ihr einen kurzen, gereizten Blick zu und seufzte. »Na schön.«
Diane ging in die Küche und setzte Kaffee auf. Kelly lief unterdessen im Wohnzimmer umher und betrachtete die Bilder an den Wänden.
Als Diane aus der Küche kam, musterte Kelly gerade eines ihrer Gemälde. »Stevens.« Sie wandte sich an Diane. »Haben Sie das gemalt?«
Diane nickte. »Ja.«
»Ganz hübsch«, sagte Kelly mit abfälligem Unterton.
Diane kniff die Lippen zusammen. »Ach? Kennen Sie sich mit bildender Kunst aus?«
»Nicht besonders, Mrs. Stevens.«
»Was mögen Sie denn? Grandma Moses, nehme ich an.«
»Sie ist interessant.«
»Und welche anderen naiven Maler sagen Ihnen sonst noch zu?«
Kelly wandte sich an Diane. »Ehrlich gesagt, ziehe ich den Konstruktivismus und die abstrakte Malerei vor. Natürlich gibt es Ausnahmen. Tizians Venus von Urbino zum Beispiel. Der diagonale Schwung ihrer Darstellung ist einfach atemberaubend, und …«
Sie hörten, wie der Kaffee in der Küche durchlief.
»Der Kaffee ist fertig«, sagte Diane kurz angebunden.
Schweigsam saßen sie einander im Esszimmer gegenüber und ließen ihren Kaffee kalt werden.
Diane unterbrach schließlich die Stille. »Fällt Ihnen irgendjemand ein, der einen Grund haben könnte, uns umzubringen?«
»Nein.« Kelly zögerte einen Moment lang. »Die einzige Gemeinsamkeit, die wir haben, sind unsere Männer, die beide bei der KIG gearbeitet haben. Vielleicht waren sie mit irgendeinem
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