Der Zorn der Götter
da, Martin …«
Dann stockte sie. Der Portier war ihr völlig unbekannt.
»Guten Tag, Madame.«
»Guten Tag. Wo ist Martin?«
»Martin arbeitet nicht mehr hier. Er hat gekündigt.«
Kelly war betroffen. »Oh, das tut mir Leid.«
»Bitte, Madame, gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Ich bin Jérôme Malo.«
Kelly nickte.
Sie ging ins Foyer. Ein großer, schlanker Mann, den sie nicht kannte, stand neben Nicole Paradis an der Rezeption.
Der Fremde lächelte. »Guten Abend, Madame Harris. Wir haben Sie erwartet. Ich bin Alphonse Girouard, der Concierge des Hauses.«
Kelly blickte sich verdutzt um. »Wo ist Philippe Cendre?«
»Ah. Philippe und seine Familie sind nach Spanien gezogen.« Er zuckte die Achseln. »Eine neue berufliche Herausforderung, glaube ich.«
Kelly wurde mit einem Mal unruhig. »Und ihre Tochter?«
»Sie ist mit ihnen weggezogen.«
Habe ich Ihnen schon erzählt, dass meine Tochter an der Sorbonne angenommen wurde? Für uns ist ein Traum in Erfüllung gegangen.
Kelly versuchte so ruhig wie möglich zu klingen. »Wann sind sie weggezogen?«
»Vor ein paar Tagen. Aber machen Sie sich bitte keine Gedanken, Madame. Wir werden uns auch künftig gut um Sie kümmern. Ihr Apartment ist für Sie vorbereitet.«
Nicole Paradis, die an der Rezeption saß, blickte auf. »Willkommen daheim.« Aber ihr Blick besagte etwas anderes.
»Wo ist Angel?«
»Oh, der kleine Hund? Philippe hat ihn mitgenommen.«
Kelly konnte nur mühsam die Panik unterdrücken. Sie bekam kaum noch Luft.
»Wollen wir uns hinaufbegeben, Madame? Wir haben in Ihrem Apartment eine kleine Überraschung für Sie vorbereitet.«
Ganz bestimmt. Kellys Gedanken überschlugen sich. »Ja, einen Moment noch«, sagte sie. »Ich muss nur noch kurz etwas holen.«
Ehe Girouard etwas sagen konnte, war Kelly draußen und rannte die Straße entlang.
Jérôme Malo und Alphonse Girouard standen auf dem Bürgersteig und hielten Ausschau nach ihr. Sie hatten sich überrumpeln lassen, und jetzt war es zu spät. Sie konnten sie nicht mehr aufhalten. Ohnmächtig mussten sie mit ansehen, wie sie in ein Taxi stieg.
Mein Gott! Was haben sie mit Philippe und seiner Familie gemacht? Und mit Angel?, fragte sich Kelly.
»Wohin, Madame?«
»Fahren Sie einfach los!« Heute Abend werde ich erfahren, was hinter dieser ganzen Sache steckt, dachte Kelly. Bis dahin muss ich noch vier Stunden totschlagen.
In seinem Apartment beendete Sam Meadows gerade ein Telefongespräch. »Ja. Mir ist klar, wie wichtig es ist. Ich werde mich darum kümmern … Ich erwarte sie in ein paar Minuten zum Abendessen … ja … Ich habe bereits dafür gesorgt, dass jemand die Leiche beseitigt … Vielen Dank. Das ist sehr großzügig, Mr. Kingsley.«
Sam Meadows legte den Hörer auf und warf einen Blick auf seine Uhr. Sein Gast müsste jede Minute eintreffen.
36
Nachdem Diane am Berliner Flughafen Tegel gelandet war, musste sie fünfzehn Minuten in der Schlange stehen, bis sie ein Taxi bekam. Endlich war sie an der Reihe.
Der Fahrer lächelte. »Wohin soll’s gehen?«
»Sprechen Sie Englisch?«
»Natürlich, gnädige Frau.«
»Zum Hotel Kempinski, bitte.«
»Jawohl.«
Fünfundzwanzig Minuten später stand Diane an der Rezeption des Hotels.
»Ich würde gern einen Wagen samt Fahrer mieten.«
»Aber gern, gnädige Frau.« Der Mann an der Rezeption blickte nach unten. »Ihr Gepäck?«
»Das kommt nach.«
»Wohin möchten Sie, gnädige Frau?«, fragte der Fahrer, als der Wagen eintraf.
Sie brauchte ein bisschen Zeit zum Nachdenken. »Fahren Sie bitte einfach eine Weile herum.«
»Gut. In Berlin gibt es viel zu sehen.«
Kelly kam aus dem Staunen kaum heraus. Sie wusste, dass im Zweiten Weltkrieg weite Teile Berlins durch Bomben und Straßenkämpfe zerstört worden waren, aber jetzt erlebte sie eine brodelnde, geschäftige Stadt mit reizvollen modernen Gebäuden und einer erfrischend lebhaften Atmosphäre.
Die Straßennamen allerdings kamen ihr absonderlich vor: Windscheidstraße, Regensburger Straße, Lützowufer …
Der Fahrer erklärte ihr die Geschichte der Parks und Gebäude, an denen sie vorbeifuhren, aber Diane hörte kaum zu. Sie musste mit den Leuten an Sonja Verbrügges Arbeitsplatz sprechen und herausfinden, was sie wussten. Der Eintragung im Internet zufolge war Franz Verbrügges Frau tot und er selbst verschwunden.
Diane beugte sich nach vorn. »Kennen Sie ein Internet-Café?«, fragte sie.
»Selbstverständlich, gnädige
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