Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
sind
unserer Patrouille entkommen. Die Männer hatten viermal verfluchtes Glück, dass die Kreaturen sie nicht aufgefressen haben, heißt es.«
»Oh, ja, das hatten sie gewiss«, beeilte sich Artaynis zu versichern.
Als sich daraufhin Schweigen zwischen ihnen ausbreitete, erkundigte sich die Dyrierin vorsichtig: »Wenn ich Euch davon überzeugen konnte, dass ich nicht mit diesen Trollen im Bunde stehe, spricht etwas dagegen, dass ich nun meine Reise fortsetze? Ich würde gern noch eine längere Strecke hinter mich bringen, bevor es dunkel wird.«
Der Soldat nickte zustimmend. »Das wird sicher das Beste sein. Wenn Ihr dem Flusslauf folgt, kommt Ihr gegen Abend in ein anderes Dorf. Im dortigen Gasthaus könnt Ihr die Nacht verbringen. Es ist sicher und sauber. Ich kenne es, denn ich bin dort aufgewachsen.«
Wie schön für dich, dachte Artaynis, deren Unmut durch die unnötige Unterhaltung allmählich geweckt wurde. Zu schade, dass ich an diesem zweifelsohne lauschigen Ort sicher nie einkehren werde.
»Ich danke Euch!«, entgegnete sie jedoch überschwänglich. »Und ich wünsche Euch viel Glück bei der Jagd nach den Trollen. Lasst Euch nicht fressen!«
Noch bevor der Soldat etwas entgegnen konnte, hatte sie sich auf ihre Fuchsstute geschwungen und trieb das Pferd an.
Die gestammelten Abschiedsworte des Soldaten verklangen hinter ihr im Wind.
Das Land um sie begann sanft anzusteigen, während sie der Landstraße folgte. Die weiten Felder, viele davon bereits abgeerntet, blieben langsam hinter ihr zurück und machten einem Bewuchs aus niedrigen Büschen und Bäumen Platz, der immer wieder von Wiesen unterbrochen wurde. Auf vielen Weiden stand noch Vieh, das aber gewiss bald in die Ställe geschafft werden würde.
Seit sie am Morgen aufgebrochen war, schien die Sonne, und sie hatte die Hoffnung, dass der ewige Regen sie heute verschonen würde.
Bislang war sie langsamer vorangekommen, als sie gehofft hatte. Der Regen weichte die Straßen auf oder machte die gepflasterten Abschnitte rutschig und unsicher, und sie konnte nicht so schnell reiten, wie sie es sich gewünscht hätte. Und sie musste häufig Pausen machen, um das Pferd zu schonen. In Dyrien angelangt, würde es ihr einfach möglich sein, das Reittier an den zahlreichen Wegposten zu wechseln, aber in Ardoly wollte sie lieber nichts tun, was Aufmerksamkeit auf sie lenken konnte. Und so wenig Menschen wie möglich begegnen. Es war nicht sehr wahrscheinlich, aber immerhin möglich, dass jemand, den sie unterwegs traf, schon einmal in Teremi gewesen war und wusste, dass Seikos, der dyrische Händler, gar keine Tochter hatte.
Şten cal Dabrân hatte darauf bestanden, dass sie nicht unter ihrem eigenen Namen reiste. »Euer Vater würde mich umbringen, wenn man Euch gefangen nimmt, um ihn oder mich zu erpressen«, hatte er beim Abschied zu ihr gesagt, und sie hatte ihm zustimmen müssen.
Artaynis lenkte ihre Stute eine weitere Anhöhe hinauf und blieb dann stehen, da sich ihr ein ungeheurer Ausblick bot.
Von der Kuppe des Hügels aus hatte sie freie Sicht auf die Hänge und Gipfel der Sorkaten, die von hier aus schon ganz nah wirkten, obwohl sie noch mindestens zwei Tagesritte entfernt waren. Die untergehende Sonne tauchte die Gipfel in blutrotes Licht, während die tiefer liegenden zerklüfteten Hänge schon in Schwärze gehüllt dalagen.
Artaynis wusste, dass sie sich einen Lagerplatz suchen musste, aber sie blieb noch einen Moment im Sattel sitzen und bestaunte die Schönheit des Naturschauspiels, ehe sie weiterritt.
Am nächsten Morgen erwachte sie davon, dass schwere Regentropfen auf ihre Decke fielen. Der Himmel war grau und düster, und es war über Nacht deutlich kälter geworden.
Mit einem blumigen Fluch rappelte sie sich auf, und nach einem hastigen Frühstück sprang sie in den Sattel, zog ihren gewachsten Mantel fest um sich und machte sich auf den Weg. Man hatte ihr vieles im Imperium beigebracht, und das Ertragen von Unannehmlichkeiten war nur ein Teil ihrer Ausbildung gewesen. Ihr Vater hatte dafür gesorgt, dass sie sich zu behelfen wusste, sowohl in den Intrigen am Hofe als auch in den unzivilisierten Gegenden der Welt. Damals hatte sie ihn dafür verflucht, aber jetzt war sie dankbar für seine Umsicht.
Den ganzen Tag ritt sie durch den Regen, der immer kräftiger zu werden schien, je näher sie den Sorkaten kam. Die Straße wurde mehr und mehr zu einem schlammigen Pfad, der immer weiter anstieg.
Gegen Abend war sie bereits hoch
Weitere Kostenlose Bücher