Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
das Tor schreiten wollte, trat ihm eine Wache in den Weg. Eine Soldatin, die ihr langes, dunkles Haar zu einem Knoten hochgebunden hatte und ihren Helm unter dem Arm trug.
    »Was ist dein Begehr?«, erkundigte sie sich schroff.
    Unwillig, auf die anmaßende Anrede einzugehen, blieb der Priester stehen und betrachtete sie herablassend. »Ich wüsste nicht, dass ich mich dir erklären müsste.«
    »Vorschriften … Priester. Wir haben den Auftrag, das Tor zu bewachen.«
    Cornel warf einen fragenden Blick auf die Menschen, die um sie herum durch das Tor strömten. Aber die Soldatin sah ihn nur herausfordernd an. Sie lehnte auf ihrem Speer und hob die Augenbrauen.
    Seufzend schüttelte Cornel den Kopf. »Ich habe Geschäfte in der Stadt zu erledigen.«
    »Aha. Was für Geschäfte?«
    Die offensichtliche Ungerechtigkeit und ihre Impertinenz kratzte über Cornels Geist. Einst wäre er vielleicht wütend und laut geworden, hätte ihr mit Worten zugesetzt und ihr so das gegeben, worauf sie wahrscheinlich hoffte. Jetzt jedoch blieb er ruhig. Seine Stimme war gelassen, als er sagte: »Wohl jeder hier in Teremi kennt mich und weiß, was ich bin. Ich gehe jetzt durch dieses Tor. Wenn du mich aufhalten willst, musst du es mit Gewalt tun.«
    Sie blinzelte, und auf einmal zeigte sich Nervosität in ihren Zügen. Die andere Wache, ein junger, schlaksiger Bursche, der Cornel bislang immer höflich gegenübergetreten war, beugte sich zu ihr herüber: »Komm schon. Lass ihn. Sonst wird es Ärger geben.«
    Widerwillig bewegte sie sich einen halben Schritt zur Seite, gerade genug, um Cornel den Weg freizumachen.
Ohne ein weiteres Wort nutzte er die Lücke und ging betont langsam weiter. Hinter sich konnte er geflüsterte Worte hören, ein wütendes Zischen, aber er scherte sich nicht darum. Jeder Tag unter seinem eigenen Volk hielt ganz neue Demütigungen bereit.

10
    R ufe im Hof holten Natiole aus dem Schlaf, aber nicht weit genug, um ihn wirklich aufwachen zu lassen. Stattdessen schwebte er noch einen Augenblick im Grenzland, von den Rufen verwirrt, die in seinen Träumen ihm galten. Vor seinem geistigen Auge strömten Soldaten über die Mauern der Feste, hunderte, tausende. Sie überwanden die Wehrmauern so leicht, als seien sie nicht mehr als Nebel. Das ganze Land war von Soldaten überschwemmt, und ihr einziges Ziel war es, Wlachkis zu vernichten.
    Erst das laute Klopfen an seiner Tür ließ ihn aufschrecken. Sein verschlafenes »Was?« war kaum mehr als ein Murmeln, dennoch riss jemand die Tür auf und trat in seine Gemächer.
    »Nati! Wach auf. Vater will dich sehen. Sofort. Zieh dich an.«
    Unfähig, die dringlichen Worte seines Bruders so schnell zu verarbeiten, klammerte sich Natiole an das, was er sah.
    »Ionnis? Was … Wie spät ist es?« »Es ist noch mitten in der Nacht. Komm schon, steh auf. Ich erzähle dir alles, während du dich anziehst.«
    Immer noch schlaftrunken, wälzte Natiole sich aus den Decken und setzte sich auf die Kante seines Bettes. Er blinzelte in das Licht, das ihm unerträglich hell vorkam, obwohl es nur eine einzige brennende Kerze in einem Leuchter war, den Ionnis in der Hand hielt. Sein Bruder war bereits vollständig angekleidet und sah ihn ungeduldig an.

    »Wie kommt es, dass du schon so wach bist?«, erkundigte sich Natiole, um Zeit zu gewinnen. Seine Beine waren schwer und fühlten sich ungelenk an, und er brauchte noch einige Momente, bis er aufstehen konnte.
    »Ich habe noch nicht geschlafen«, erwiderte Ionnis aufgeräumt.
    »Um die Zeit? Meine Güte, warst du etwa schon wieder bei einer Frau?«
    Ionnis schwieg. Überrascht blickte Natiole auf. Sein Bruder war sonst nicht auf den Mund gefallen, doch jetzt hatten sich seine Lippen in einen dünnen, abweisenden Strich verwandelt. Er war bei einer. Aber nicht bei einem Mädchen aus der Stadt. Doch nicht bei der Dyrierin? Der Gedanke missfiel dem jungen Wlachaken, obwohl er nicht sagen konnte warum. Selbst die Frauen aus Wlachkis sind ihm wohl nicht mehr gut genug, schoss es ihm durch den Kopf. Aber der Gedanke erschien ihm selbst hohl.
    »Komm schon«, trieb ihn sein Bruder an.
    »Ja. Erzähl mir doch, was überhaupt los ist. Haben die Masriden den Frieden gebrochen? Sind die Lindwürmer über uns hergefallen?«
    Mit diesen Worten erhob sich Natiole und streckte sich.
    »Nichts dergleichen. Es wurden Trolle gesichtet.«
    »Trolle?«, fragte Natiole erstaunt und streifte eine bequeme Hose aus weichem Leder über, die er mit einem breiten

Weitere Kostenlose Bücher