Der Zorn des Highlanders
hatte sie von dem Augenblick an vermisst, als sie fortgegangen war, und es wurde einfach nicht besser. Genau genommen wurde es immer schlimmer – es wurde zu einer Qual.
»Cameron«, Katherine sprach ihn laut genug an, um Payton und Leargan zu unterbrechen, »ich finde, du musst mit den Bediensteten sprechen.«
»Warum?« Ihm war bewusst, dass er barsch und uninteressiert klang, doch Katherine äußerte viel zu viele Beschwerden, und die meisten waren belanglos.
»Sie stehlen Essen. Und sie putzen jämmerlich schlecht.«
»Die Halle sieht sauber aus, und Diebstahl ist ein Verbrechen. Deswegen solltest du deine Worte gut abwägen, bevor du jemanden beschuldigst.«
»Die Halle ist inzwischen sauber, aber heute Morgen war überall an der Wand Marmelade, und es hat Stunden gedauert, bis sie weg war.«
»Marmelade ist unter Umständen sehr schwer wegzuputzen«, murmelte Cameron, stolz auf seine gelassene Stimme.
»Für gewöhnlich ist es am besten, sie abzulecken«, stichelte Leargan.
»Sie war an der Wand«, schnappte Katherine und schüttelte den Kopf.
Cameron überkam ein äußerst ungutes Gefühl – ein Gefühl, das sich noch verstärkte, als er das Lachen in Leargans und Paytons Augen wahrnahm. »Sie ist jetzt weg. Was also hat es mit dem Diebstahl auf sich?«
»Als ich herunterkam, um mein Frühstück zu mir zu nehmen, gab es keine Schlagsahne und keinen Honig für mein Teegebäck und meinen Haferbrei.«
»Das heißt noch nicht, dass sie gestohlen wurden.«
»Nein? Ich habe aber gesehen, dass Anne und Thérèse etwas in den Falten ihrer Röcke versteckten, als sie davoneilten.«
»Anne und die Schlagsahne«, hörte Cameron Leargan flüstern. »Ranald liebt sie.«
»Dann muss es Thérèses Mann Hugh sein, der das Honigmaul ist«, erwiderte Payton im Flüsterton.
Cameron ließ sich in seinem Stuhl zurücksinken und trank einen großen Schluck Wein. Irgendjemand hatte irgendwie eines seiner Liebesspiele mit Avery entdeckt. Vermutlich war das ein Anlass, sich geschmeichelt zu fühlen, weil andere sich beeilten, es ihm nachzutun. Er war nie zuvor ein verwegener Liebhaber gewesen, und wahrscheinlich hatten solche Wonnen einfach ihren Preis.
»Und dann wollte ich am Morgen etwas Erdbeermarmelade für mein Brot haben.« Katherine hob kurz die Augenbrauen, als Cameron ächzte, aber sie hielt in ihrer Beschwerde nicht lange inne. »Der Page sagte, es gäbe keine. Ich wusste, dass das eine Lüge ist, also ging ich in die Küche hinunter.«
»Ich bin überrascht, dass Ihr überhaupt wisst, wo sie sich befindet«, sagte Payton gedehnt.
Katherine überging seinen Einwurf. »Die Köchin behauptete, dass keine mehr da sei, dabei stand ein Topf davon direkt vor uns auf dem Tisch. Sie sagte, die sei schlecht geworden, und ließ sie mich nicht nehmen. Ich glaube nicht, dass sie schlecht war.«
Cameron kam zu dem Schluss, dass es vergeudete Zeit war, vorzugeben, nichts von der Enthüllung seines Geheimnisses zu wissen. Er sah Payton und Leargan an, die verneinend ihre Köpfe schüttelten. »Vermutlich war sie verschimmelt. Die Köchin wird so etwas schon wissen«, antwortete er Katherine.
»Dann erkläre mit bitte, warum ich später, als ich meiner Stute einen Apfel bringen wollte, Maud, die Küchenhilfe, mit eben diesem Topf Marmelade zu ihrer Hütte eilen sah.«
Cameron stellte sich in Gedanken Maud vor, eine Frau, die beinahe so groß war wie er und einige Kilo schwerer. Dann stellte er sich ihren kleinen, dünnen Mann vor. Ein Blick auf die Gesichter von Payton und Leargan, die ihre Augen aufrissen, sagte ihm, dass sie das Gleiche taten. Es war keine Vorstellung, bei der er verweilen wollte. Und ganz gewiss würde er Katherine nicht sagen, was er über den Verbleib der Marmelade wusste.
»Den Leuten, die unser Essen zubereiten, kann man gelegentlich schon eine kleine Nascherei gönnen«, sagte Cameron. »Wenn es überhand nimmt, spreche ich mit ihnen.«
»Und ich stehe dir standhaft zur Seite, Cousin, wenn du das machst«, versprach Leargan, dessen Augen vor Lachen funkelten.
Cameron ersparte seinem Cousin den kurzen durchdringenden Blick, den er ihm eigentlich zuwerfen wollte, und trank stattdessen einen weiteren großen Schluck Wein. Leargan wusste, dass Cameron niemals mit seinen Bediensteten über die Marmelade sprechen würde. Was hätte er sagen sollen? Hört bitte auf, Liebesspiele mit meinem Essen zu treiben? Er hoffte nur, dass sich das Stibitzen in ein paar Tagen auf ein erträgliches Maß
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