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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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ergeben.
    »Der Saturn wurde« – Zoller sah auf den Zettel in ihrer Hand –, »hm, genau 4 , 6  Meilen entfernt von der Kreuzung Henrici und Durango gefunden.«
    Alvarez lokalisierte die Stelle direkt an der scharfen Kurve und kennzeichnete auch diese mit einer Reißzwecke. »Wenn die Vorgehensweise des Täters sich nicht ändert, müssten wir sie im Umkreis von zwei Meilen vom Fahrzeug aus finden …« Sie fuhr mit dem Finger um das Gebiet mit zerklüfteten Schluchten und Bergen, Wäldern und Felsvorsprüngen herum. »Die Hubschrauberbesatzungen sollen sich umsehen und Fotos machen. Sie sind doch schon unterwegs, auf der Suche nach Pescoli, oder?«
    »Ja. Bisher noch keine Nachricht.«
    »Sie finden sie nicht«, prophezeite Alvarez und drückte an der Fundstelle von Pescolis Jeep widerwillig eine Reißzwecke in die Karte. »Es ist noch nicht so weit. Der Perverse wartet. Pflegt sie gesund, bevor er …«
    »Ja, ich weiß.« Zoller nickte. Ihre dunklen Locken glänzten unter dem Licht der Neonröhren an der Decke.
    Selena betrachtete kritisch die Karte, suchte nach Hinweisen, nach einem Gebiet, das sie übersehen hatten, in dem der Kerl sich verkrochen haben könnte, nach einer Stelle, wo sie womöglich das nächste Opfer fanden.
    Sie warf einen Blick auf die vergrößerten Kopien von den Botschaften, die sie über den Köpfen der Opfer an den Baumstämmen gefunden hatten. Sie ähnelten einander, nur die Position des Sterns wich jeweils leicht ab. Der Unglücksstern-Mörder wollte ihnen etwas mitteilen, aber was?
    »Hat schon jemand O’Learys Eltern angerufen?«, fragte sie Zoller.
    »Noch nicht.«
    »Verschieben wir das, bis wir uns den Wagen angesehen haben.«
    Unruhig, mit dem Gefühl, etwas übersehen zu haben, ging Alvarez zurück zu ihrem Schreibtisch und überflog noch einmal die Vermisstenliste. In seiner Aussage versicherte der Vater, Brian O’Leary, dass keine Menschenseele seinem Kind etwas Böses wollte, außer ihrem Freund, Cesar Pelton, einem geschiedenen Vater von zwei Kindern, einem »Ganoven, der ständig seine Arbeit verliert«. Laut Elyssas Vater hatte Pelton das Mädchen mehrfach geschlagen, doch Anzeige wurde nie erstattet. Elyssas Mutter, eine unterwürfige Frau, hatte geschwiegen und ihrem Mann weder beigepflichtet noch widersprochen.
    Was für ein Alptraum, dachte Alvarez. Sie blickte nach draußen. Dort begann es gerade wieder zu schneien.
     
    Dr. Jalicia Ramsby hatte in den fünfzehn Jahren ihrer Tätigkeit so ziemlich alles gesehen: das volle Spektrum psychischer Störungen. Alles von klinischer Depression bis zu manisch-depressiven Erkrankungen, Schizophrenie und dissoziativen, besser bekannt als multiplen, Persönlichkeitsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen, um nur wenige zu nennen. Sie hatte versucht, Patienten zu helfen, die Alkoholiker, suizidgefährdet, manisch-depressiv, autistisch oder was auch immer waren. Sie hatte in Kliniken, Krankenhäusern, Heimen und sogar im Gefängnis gearbeitet.
    Und einen Simulanten hätte sie auf Anhieb erkannt.
    Glaubte sie zumindest.
    Doch die Patientin in Zimmer 126 gab ihr Rätsel auf.
    Sie saß in ihrem neuen Büro im Mountain View Hospital, einem lichtdurchfluteten Raum mit atemberaubendem Blick auf die Olympic Mountains im Westen von Seattle, trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte und sah die ungeöffnete Flasche Pepsi Light, ihre übliche morgendliche Koffeindosis, nicht einmal an. Etwas stimmte nicht. Etwas, was sie nicht recht benennen konnte. Noch nicht. Ihr Blick wanderte über ihren aufgeräumten Schreibtisch. Außer der Colaflasche auf einem geflochtenen Untersetzer fanden sich darauf ein halb mit Eis gefülltes Glas, ein Foto von ihrer Tochter bei der Zeugnisvergabe nach der achten Klasse, eine Langhalsvase mit einer einzelnen Rose und der offene Aktenordner. Notizen, Diagnosen, Fotos, Arztberichte und Gespräche aus fünfzehn Jahren.
    Jalicia hatte alles zwei Mal gelesen, um den Fall Padgett Renee Long in den Griff zu bekommen, doch es gelang ihr nicht. Die anderen ihr anvertrauten Patienten verstand sie. Sie passten nicht unbedingt immer in ordentliche kleine psychiatrische Schubläden, aber immerhin deckten sich ihre Leiden mit denen anderer Fälle und boten ihr einen Bezugsrahmen, von dem aus sie arbeiten konnte.
    Padgett war anders.
    Sie fuhr in ihrem Drehstuhl herum und suchte den Bücherschrank ab, eine regelrechte Bücherwand, vollgestellt mit Bänden zu jedem Thema, das sie

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