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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes
Autoren: Paul Harding
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John. Vielleicht hatte sie einen Verdacht, und
     damit war die Saat gelegt.« Athelstan blies die Wangen auf. »Weiß
     der Himmel, was dann geschah. Ihr ganzes Leben drehte sich um die
     Tatsache, daß ihre Mutter vergiftet worden war, und so verbündete
     sie sich mit der alten Amme. Vielleicht verstand diese ja auch etwas von
     Arzneien. Egal wie, sie dachten sich ein kleines Spiel aus, um den
     willensschwachen Walter zum Bekenntnis oder wenigstens zur Reue zu
     zwingen. Aber was fangen wir jetzt an, Sir John?«
    »Oh, ich lasse sie ein
     paar Tage in ihrem eigenen Saft schmoren. Unterdessen werde ich das Mädchen
     bei den Minoritinnen besuchen.«
    »Danke, Sir John. Und
     dann?«
    »Wie gesagt: Dann gehe
     ich nach Hause und erlasse auf meinen Eid einen Haftbefehl gegen Walter
     und Eleanor Hobden. Meine Konstabier können ihn zustellen, und ehe
     sie viel älter sind, werden die Hobdens vor den königlichen
     Richtern in Westminster stehen.«
    Athelstan dankte ihm noch
     einmal und versprach dem Coroner, das ganze Beweismaterial zu den
     Rathausmorden gründlich zu studieren. Dann trennten sie sich; Cranston ging zu den
     Minoritinnen, und Athelstan hinunter zur London Bridge.
    *
    »Ite missa est.«
     Segnend streckte Athelstan die Hand aus; die Sonntagsmesse war zu Ende. Er
     lächelte, als seine Pfarrkinder, die doch kaum Latein konnten, zurückbrüllten:
     »Deo gratias!« 
    Athelstan stieg die
     Altarstufen hinunter, beugte das Knie und folgte Crim in die Sakristei.
     Dann kam er wieder heraus, stellte sich in den Vorraum und schüttelte
     seinen Gemeindemitgliedern die Hände, als sie hinausgingen. Watkin
     und Pike, der Grabenbauer, blieben da, wie er sie vor der Messe gebeten
     hatte. Er verabschiedete Ranulf, den Rattenfänger, der immer noch
     strahlte, weil er Cranston geholfen hatte, Pemel, die Flamin, Ursula und
     ihre Sau, Tab, den Kesselflicker und die Kurtisane Cecily, die prachtvoll
     aussah in ihrem weizengelben Kleid.
    »Du hast dich anständig
     benommen?« fragte Athelstan sie.
    »Selbstverständlich,
     Pater!«
    Also geschehen doch Wunder in
     Southwark, dachte er. Als letzter ging Jacob Arveid, der Deutsche, mit
     seiner hübschen Frau und seiner Kinderschar. Der Deutsche war ein
     fleißiger Pergamenthändler, der sich schon nach kurzer Zeit in
     einem schönen dreigeschossigen Haus mit Garten hinter dem Stadtpalast
     des Bischofs von Westminster eingerichtet hatte, allerdings immer noch
     Schwierigkeiten mit der Sprache hatte.
    »Das waren hübsche
     Worte«, versicherte er Athelstan jetzt. »Eine sehr genaue
     Predigt. Ich danke Euch vom Herzen meines Grundes.«
    »Meinst du nicht, vom
     Grunde deines Herzens?«
    »Von da auch, Pater.«
    Athelstan lächelte und
     sah zu, wie seine Gemeinde sich in der Gasse vor einem kleinen Stand
     versammelte, wo Tab, der Kesselflicker, Ale und Süßigkeiten
     verkaufte. Er ging durch die Kirche zurück in die Sakristei, wo ihn
     Watkin mit seiner furchterregenden Frau und Pike, der Grabenbauer, mit
     seiner gleichermaßen beeindruckenden Gattin erwarteten.
    Oh Herr, betete Athelstan,
     bitte laß es friedlich abgehen. Er warf Pike, mit dem er sich vor
     der Messe heimlich getroffen hatte, einen kurzen Blick zu. Der
     Grabenbauer, der sich in des Priesters Schuld sah, hatte rasch zugestimmt,
     daß die Verlobung seines Sohnes mit der Tochter Watkins die beste Lösung
     sei. Dann hatte er aufmerksam zugehört, als Athelstan ihm eingeschärft
     hatte, was er sagen solle, wenn sie mit Watkin zusammenkämen.       
    »Nun, hier sind wir,
     Pater.« Watkin scharrte mit den großen, schmutzigen Stiefeln.
     »Ich weiß, weshalb Ihr uns sprechen wollt, wenn wir auch
     anscheinend als letzte gemerkt haben, daß unsere Tochter in Pikes
     Bengel verschossen ist.«
    »Ein junger Mann«,
     widersprach Pikes Frau.
    »Mir gefällt das
     überhaupt nicht«, meldete sich Pike zu Wort. »Ich sehe in
     dieser Verlobung keine Zukunft. Mein Sohn sollte sich weiter umschauen.«
    »Was ist denn an meiner
     Tochter auszusetzen?« zischte Watkins Frau. »Meinst du, dein
     Sohn ist zu gut für sie?«
    Athelstan lächelte bei
     sich, schwieg und sah zu, wie Watkin und seine Frau Pike erbittert
     angriffen. Danach gab es kaum noch Probleme. Erst entschuldigte Pike sich
     widerstrebend, und dann willigte er - anscheinend ebenso widerstrebend -
     ein, den Streit beizulegen; sein Sohn würde Watkins Tochter am ersten Sonntag nach Ostern heiraten. Alle
     gingen hinüber ins
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