Der Zuckerkreml
eurer.«
»Darum auch bist du mehr gefragt als wir, und hinterrücks
ist die Bitternis größer!«, lacht Jussja. »Wir fuchteln uns einen ab und sind wieder
weg. Das einfache Volk zürnt unser nicht lange. Es trifft ja keine Edelärsche!,
heißt es.«
»Uns wie den Ärschen ist nur eines wichtig: dass es schnell
vorüber sein möge!«, wirft Sobol ein.
»Arsch und Arsch ist zweierlei«, hält Matwej gegen. »Es
gibt Ärsche, die zu traktieren ist ein innerer Vorbeimarsch.«
»Und bei wieder anderen ist’s schad um den Rotz, drauf zu
spucken!«, nickt Schka Iwanow. »Ärsche, die es lohnen, sind heutzutage eine
Seltenheit, Freunde!«
»Lohnende Ärschlein findest du höchstens noch in
Mädchengymnasien!«, spricht der Hilfsbüttel Michi mit tückischem Lachen. »Hüpft das
Flohchen auf dem Popochen! Fußsöhlchenzwiebeln – ein Jungbrunnen für die Seele!«
»Weißt du nicht, dass es sich ziemt, sein Amt ganz
uneigennützig zu versehen?«, belehrt ihn Matwej.
»Wie sollte ich das nicht wissen!«, lacht Michi listig und
macht dazu mit den Händen »Gänsefüßchen«, wie es seine Art ist.
»Züchtigen ganz ohne Herz und Leidenschaft, das gibt es
nur in den Lagern!«, widerspricht Jusja. »Ich bin doch kein Roboter, dass ich mein
Staatsamt so lieblos zu versehen imstande wäre. Man muss Ärsche und Ruten gleich
lieb haben, dann entsteht erst gar kein Zwiespalt im Herzen.«
»Meine Knute liebe ich, das kann man laut sagen!«, ruft
Matwej und streicht sich den Bart. »Aber ich liebe sie ohne Sünde.«
»Auch unsere Liebe zur Rute ist keusch, Matti«, stellt
Jusja fest. »Sadisten sind keine unter uns.«
»Knute und Rute sind wie Alpha und Omega«, hat Wanja zu
bemerken.
»Die Knute hat ihre eigene Metaphysik, und die Rute
ebenso«, fasst Schka Iwanow zusammen und nimmt einen Schluck aus seinem Glas.
Ein stadtbekannter Bettler von der Trubnaja Ploschtschad kommt in
die Kneipe gestürmt: Nikitka, der Lästerer. Er schlägt ein Kreuz und verbeugt sich.
»Gesundheit und Wohlergehen Gottes Geschöpfen allen!«
Hier im Glücklichen
Moskowien ist er bekannt und wohlgelitten. Von allen Seiten prasseln
Einladungen über ihn herein:
»Setz dich zu uns, Kollege!«
»Nikitka, schluck ein Zirkusbierchen mit uns!«
»He Floh, hops mal zu mir rüber!«
Aber Nikitka hat sein Muster: Mittwochs und freitags setzt er sich an keinen Tisch, sondern
dreht nur eine Runde durchs Lokal, zeigt ein paar lebende Bilder, schluckt bisschen
was und geht wieder – zurück auf die Trubnaja.
»Setz dich doch und trink einen. Wenn’s dich alten Stubben
schon mal hier anschwemmt!«, lädt auch Matwej ihn lauthals ein.
»Nein, an Fastentagen darf man hier nicht anwachsen,
spricht die Muttergottes«, sagt Nikitka und kommt herbeigehinkt. Er klappt die
schlaue Maschine auf, die ihm vor der schmutzigen Brust hängt, wirft sie an. »Habt
ihr schon gesehen, was die Gossudarin des Nachts treibt?«
Dabei lässt er seine schlaue Leuchtblase wachsen, und man
kann sehen, wie die Gossudarin in ihrem Schlafgemach sich mit einer blauen Salbe
einsalbt und in eine Blaufüchsin verwandelt, als die sie flugs in den Hundezwinger
des Kremls entschwindet, um sich den Rüden dort hinzugeben.
»Kennen wir, kennen wir längst, Nikitka«, lacht Schka
Iwanow. »Spinn was Neues.«
»Was Neues? Na gut, habt ihr schon gehört, im Kreml hat’s
eine Hübsche, drei Pud Scheiße gehen mit ihr spazieren, ein halbes bricht ab, wenn
sie sich verneigt,zwei wachsen nach, wenn sie den Pfau macht.
Dreimal könnt ihr raten, wer es ist!«
»Die Schwiegertochter des Gossudaren.«
»Bald wird Ilja, der Wundertäter, einen Blitz auf die
beiden runterfahren lassen, die Unzüchtigen zu strafen! Feuer vom Himmel wird er
herniedersenden den Übeltäterinnen!«
»Wird er nicht«, spricht Matwej gähnend. »Unsere
Gossudarin vögelt sich um den Verstand – gestern, heute, immerdar.«
»Und das nicht mit Hunden, sondern mit Gardisten«, nickt
Schka.
»Steck uns lieber was über das werte Söhnchen vom
Gossudaren, Nikitka! Von dem gab’s lange nichts Lustiges zu hören!«
Nikitka tritt näher, hat, ehe er ganz heran ist, schon ein
Gläschen Wodka gekippt, steckt die Nase in den Ärmel, bis er wieder Luft hat, um
weiterzureden.
»Der Sohn des Gossudaren? Er krankt an der Sünde der
Sodomie.«
»Ach ja?« Die Scharfrichter am Tisch werden hellhörig.
»Jawohl. Und nicht aus freien
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