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Der Zuckerkreml

Der Zuckerkreml

Titel: Der Zuckerkreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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eurer.«
    »Darum auch bist du mehr gefragt als wir, und hinterrücks
     ist die Bitternis größer!«, lacht Jussja. »Wir fuchteln uns einen ab und sind wieder
     weg. Das einfache Volk zürnt unser nicht lange. Es trifft ja keine Edelärsche!,
     heißt es.«
    »Uns wie den Ärschen ist nur eines wichtig: dass es schnell
     vorüber sein möge!«, wirft Sobol ein.
    »Arsch und Arsch ist zweierlei«, hält Matwej gegen. »Es
     gibt Ärsche, die zu traktieren ist ein innerer Vorbeimarsch.«
    »Und bei wieder anderen ist’s schad um den Rotz, drauf zu
     spucken!«, nickt Schka Iwanow. »Ärsche, die es lohnen, sind heutzutage eine
     Seltenheit, Freunde!«
    »Lohnende Ärschlein findest du höchstens noch in
     Mädchengymnasien!«, spricht der Hilfsbüttel Michi mit tückischem Lachen. »Hüpft das
     Flohchen auf dem Popochen! Fußsöhlchenzwiebeln – ein Jungbrunnen für die Seele!«
    »Weißt du nicht, dass es sich ziemt, sein Amt ganz
     uneigennützig zu versehen?«, belehrt ihn Matwej.
    »Wie sollte ich das nicht wissen!«, lacht Michi listig und
     macht dazu mit den Händen »Gänsefüßchen«, wie es seine Art ist.
    »Züchtigen ganz ohne Herz und Leidenschaft, das gibt es
     nur in den Lagern!«, widerspricht Jusja. »Ich bin doch kein Roboter, dass ich mein
     Staatsamt so lieblos zu versehen imstande wäre. Man muss Ärsche und Ruten gleich
     lieb haben, dann entsteht erst gar kein Zwiespalt im Herzen.«
    »Meine Knute liebe ich, das kann man laut sagen!«, ruft
     Matwej und streicht sich den Bart. »Aber ich liebe sie ohne Sünde.«
    »Auch unsere Liebe zur Rute ist keusch, Matti«, stellt
     Jusja fest. »Sadisten sind keine unter uns.«
    »Knute und Rute sind wie Alpha und Omega«, hat Wanja zu
     bemerken.
    »Die Knute hat ihre eigene Metaphysik, und die Rute
     ebenso«, fasst Schka Iwanow zusammen und nimmt einen Schluck aus seinem Glas.
    Ein stadtbekannter Bettler von der Trubnaja Ploschtschad kommt in
     die Kneipe gestürmt: Nikitka, der Lästerer. Er schlägt ein Kreuz und verbeugt sich.
    »Gesundheit und Wohlergehen Gottes Geschöpfen allen!«
    Hier im Glücklichen
     Moskowien ist er bekannt und wohlgelitten. Von allen Seiten prasseln
     Einladungen über ihn herein:
    »Setz dich zu uns, Kollege!«
    »Nikitka, schluck ein Zirkusbierchen mit uns!«
    »He Floh, hops mal zu mir rüber!«
    Aber Nikitka hat sein Muster: Mittwochs und freitags setzt er sich an keinen Tisch, sondern
     dreht nur eine Runde durchs Lokal, zeigt ein paar lebende Bilder, schluckt bisschen
     was und geht wieder – zurück auf die Trubnaja.
    »Setz dich doch und trink einen. Wenn’s dich alten Stubben
     schon mal hier anschwemmt!«, lädt auch Matwej ihn lauthals ein.
    »Nein, an Fastentagen darf man hier nicht anwachsen,
     spricht die Muttergottes«, sagt Nikitka und kommt herbeigehinkt. Er klappt die
     schlaue Maschine auf, die ihm vor der schmutzigen Brust hängt, wirft sie an. »Habt
     ihr schon gesehen, was die Gossudarin des Nachts treibt?«
    Dabei lässt er seine schlaue Leuchtblase wachsen, und man
     kann sehen, wie die Gossudarin in ihrem Schlafgemach sich mit einer blauen Salbe
     einsalbt und in eine Blaufüchsin verwandelt, als die sie flugs in den Hundezwinger
     des Kremls entschwindet, um sich den Rüden dort hinzugeben.
    »Kennen wir, kennen wir längst, Nikitka«, lacht Schka
     Iwanow. »Spinn was Neues.«
    »Was Neues? Na gut, habt ihr schon gehört, im Kreml hat’s
     eine Hübsche, drei Pud Scheiße gehen mit ihr spazieren, ein halbes bricht ab, wenn
     sie sich verneigt,zwei wachsen nach, wenn sie den Pfau macht.
     Dreimal könnt ihr raten, wer es ist!«
    »Die Schwiegertochter des Gossudaren.«
    »Bald wird Ilja, der Wundertäter, einen Blitz auf die
     beiden runterfahren lassen, die Unzüchtigen zu strafen! Feuer vom Himmel wird er
     herniedersenden den Übeltäterinnen!«
    »Wird er nicht«, spricht Matwej gähnend. »Unsere
     Gossudarin vögelt sich um den Verstand – gestern, heute, immerdar.«
    »Und das nicht mit Hunden, sondern mit Gardisten«, nickt
     Schka.
    »Steck uns lieber was über das werte Söhnchen vom
     Gossudaren, Nikitka! Von dem gab’s lange nichts Lustiges zu hören!«
    Nikitka tritt näher, hat, ehe er ganz heran ist, schon ein
     Gläschen Wodka gekippt, steckt die Nase in den Ärmel, bis er wieder Luft hat, um
     weiterzureden.
    »Der Sohn des Gossudaren? Er krankt an der Sünde der
     Sodomie.«
    »Ach ja?« Die Scharfrichter am Tisch werden hellhörig.
    »Jawohl. Und nicht aus freien

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