Der Zuckerkreml
Loch im Karton, vom mickrigen Lauch –
und von mir auch.«
Sodann beugte er sich nach vorn, reckte sein dürres
Ärschlein unter das unerschütterliche Antlitz des Gossudaren.
»Jegorr! Feuer!«
Der Roboter hielt ihm sein Mittelfingerfeuerzeug an den
Hintern, knipste – ein Flämmchen erschien. Peterle furzte vernehmlich. Der Furz
lohte in grün-gelblichem Licht. Die Stichflamme fraß den Kopf des Gossudaren und
erlosch. Im Hologramm blieb ein Loch zurück. Der Gossudar saß in seiner Loge wie
zuvor, nur ohne Kopf und mit halber Schulter.
Schwankend richtete Peterle sich auf, trat einen Schritt
vom Hologramm zurück, betrachtete das Ergebnis.
»Das hätten wir«, sagte er.
Sein Blick aus den nun schon gänzlich verquollenen
Schlitzäuglein verhieß, dass der dem Gossudaren zugefügte Schaden ihn
zufriedenstellte.
»Erste Sa-a-ahne, was, Jegorr?«
»Jawohl.«
»Zeig mal … das vom letzten Mal.«
Ein neues Hologramm erschien neben dem vorigen, von
gleicher Art, nur kleiner. Auf ihm fehlten dem Gossudaren Hals und Kinn.
»Guck dir das an, he!«, rief Peterle aus, trat zum
Roboter, umarmte dessen vielkantigen Schenkel. »Da lag der Furz zu tief. Schlecht
getroffen, wie? Schwach gefurzt, nicht wahr?!«
»Jawohl.«
»Und heute? Wie war ich? Gut war ich. Was, Jegorr?«
»Jawohl.«
Peterle und der Roboter standen in Betrachtung des
Hologramms beieinander. Hin und wieder schmiegte sich die schaukelnde, leise
klingelnde Petruschkamütze an des Roboters Wespentaille.
»Er-fr-rischung!«, kommandierte Peterle.
Er langte nach dem Glas im Roboterbauch, das
überschwappte, während er es zum Mund führte; kurz davor hielt er inne, ließ das
Glas in die linke Hand wandern und zeigte dem Hologramm den rechten Mittelfinger.
»Du kannst mich mal!«, brüllte er und, dem Roboter den
Ellbogen in die Seite stoßend: »Komm, du auch, Jegorrr!«
Der Roboter reckte den silbernen Mittelfinger und hob ihn
vor das Hologramm.
»Sie können mich einmal, Herr Gossudar Wassili
Nikolajewitsch«, schnarrte er.
Eine Zeit lang standen die beiden Mittelfinger steil im
Raum – unbeweglich der eine, schmale silberne, leicht schwankend der andere,
hellrosa-pummelige.
Peterles Arm erlahmte als Erster.
»Perfekt!«, rief er und klatschte dem Roboter die flache
Hand auf das Hinterteil. Dann trank er aus und warf sich das Glas über die Schulter.
Der Roboter fuhr hin und sammelte es ein.
»Dieser …«
Peterle kratzte sich die nackte, unbehaarte Brust.
»Man müsste ihn …«
Seine feuchten Schlitzäuglein blickten suchend.
»Jegorrr!«
»Sie wünschen?«
»Ich …« Peterles Stummelfinger scharrten nervös auf der
Brust umher. »Ich will … das …«
»Sie wünschen?«, wiederholte der Roboter, die Augen auf den Zwerg
gerichtet.
»Wie … war das …«
Während der Zwerg noch nach dem rechten Wort suchte,
knickten ihm auf einmal die Beine ein. Er plumpste mit dem Steiß auf den
Teppichboden, kippte auf den Rücken, war jedoch im nächsten Moment wieder auf den
Beinen, schüttelte wütend den Kopf, dass die Schellen bimmelten.
Der Roboter schaute auf seinen Herrn. Der erwiderte den
Blick wortlos, wackelte nur mit Fingern und Zehen.
»Wer … bist du?«, stieß er endlich hervor. Er konnte die
Zunge kaum noch rühren.
»Ich bin Jegorr, dein Roboter«, kam die Antwort.
»Wie … wie gehen die Geschäfte?«
»Kröte krähte, Katze kläffte!«
»Und hast du … bist du …«
»Sie wünschen?«
»Wer … bist du?«
»Ich bin Jegorr, dein Roboter.«
Peterle hob den Arm, streckte ihn dem Roboter entgegen,
bewegte die Lippen – dann kippte er längelang um und wurde still. Der Roboter fuhr
an ihn heran, ging auf die Knie, beugte sich langsam nach vorn, nahm Petruschka auf
die Arme, richtete sich wieder auf und erhob sich. Dann fuhr er ins Schlafzimmer.
Peterle auf seinen Armen schlief, der kleine Mund stand offen. Der Roboter legte ihn
auf das ordentlich gemachte Bett, deckte ihn zu. Zog die Mütze vom Kopf des
Schlafenden. Fuhr damit zurück ins Wohnzimmer. Legte die Mütze in den
Kleiderschrank. Räumte den Tisch ab. Schaltete das Hologramm ab. Löschte die
Deckenbeleuchtung. Ging in den Standby-Modus. Seine blauen Augen erloschen.
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DIE KNEIPE
Das Gasthaus Glückliches
Moskowien, Ecke Neglinnaja / Maly Kisselny gelegen, im Besitz des
getauften Juden Abram Iwanowitsch Mamon, ist schon gegen acht Uhr abends gut gefüllt
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