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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schulte
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Rentenversicherung. Irgendwann bekäme er noch einmal einen Herzinfarkt, diese Klingel musste man ausschalten können. Noch besser: Keiner würde klingeln.
Vorsichtig blickte er durch den Türspion. Diesmal handelte es sich um Finn. Er stand mit Blumen und der Post vor der Tür, selbst sein Dreitagesbart fehlte – nackte, glatte, glänzende rosa Haut offenbarte sich ihm, wie bei einem Kind, zum Reinkneifen und Rumdrehen.
„Was wollen Sie hier?“
Finn musste sich konzentrieren. Maximilian stand nur mit einem Hemd und in Shorts vor ihm, außerdem kratzte er sich gerade an der linken Po-Backe.
„Ich möchte zu Clara.“
„Sie will Sie nicht sprechen. Das hat sie gesagt. Wenn Finn auftaucht, dann sag ihm, dass ich ihn nicht sehen will. Das können Sie mir glauben.“
Wieder kratzte er sich, was bei Finn für eine Unterbrechung in seinem Denkfluss führte. Er wusste genau, was er sagen wollte, zumindest zu Clara, nicht zu ihm.
„Ich habe Sie angerufen, aber es ist keiner rangegangen.“
„Das Telefon funktioniert nicht, vermutlich ein Wackelkontakt und dann ist da noch Blumenwasser rein gelaufen –“
„Bitte, es ist wichtig. Kann ich mit ihr reden?“
Maximilian betrachtete ihn. Finn war ein netter Kerl, er passte gut zu Clara, aber leider nicht zu seinen Plänen.
„Gut, dann wecke ich sie. Aber Sie tragen die Verantwortung. Ich kann für nichts garantieren. Sie hat sich erst vor ein paar Minuten hingelegt. Aber dafür wird sie bestimmt Verständnis haben.“
„In Ordnung!“ seufzte Finn und reichte Maximilian Blumen und Post. „Ich muss sowieso weiter. Könnten sie ihr das geben? Hier die Post, die lag im Flur.“
Als Maximilian die Tür schließen wollte, fielen ihm die Abfalltüten auf, die den Eingang blockierten.
„Wenn Sie sowieso nach unten gehen“, er packte den Müll und lud sie ihm auf. „Unten rechts habe ich einen Container gesehen. Ich sag Clara auch, dass sie den Abfall mitgenommen haben. Das wird ihr bestimmt imponieren.“
Dann schloss er ab.
„Gehen Sie endlich!“, rief Maximilian hinter der Tür.
Finn wusste nicht, wie er reagieren sollte. Der alte Mann hatte ihm einfach den Dreck angedreht und wenn er es sich überlegte, wäre es jetzt wohl am besten, ihm die ganzen Sachen vor die Tür zu werfen. Doch das fände Clara nicht gut. Und da es sich um ihren Abfall handelte, bekäme sie den Ärger und anschließend er wieder.
Der alte Mann beobachtete ihn durch den Spion. Finn stand nur da, ausgetrickst. Natürlich hätte er laut klingeln können, an die Tür schlagen oder anrufen – obwohl, das hatte er versucht, aber immer nur das Besetztzeichen. Jetzt war nicht die richtige Zeit, besser später noch einmal probieren, wenn Maximilian im Park spazieren ging. Er musste sie alleine treffen.

Reisekosten
    „Es tut mir leid!“, sagte Clara. „Aber so ist leider die Hausordnung!“
Maximilian wirkte abwesend, er lief durch den Raum, blieb stehen, schaute unter einem Kissen nach und marschierte dann weiter.
„Haben Sie mich verstanden?“
„Ja! Schon klar! Der Hund ist hier nicht erlaubt.“
Clara hatte mit einer anderen Reaktion gerechnet: pures Entsetzen, ein Aufschrei, irgendwas Melodramatisches – aber der alte Mann blieb ruhig.
„Ich finde mein Etui nicht!“ stammelte er und suchte weiter.
„Und was wollen wir jetzt machen?“
„Ich gebe den Hund nicht her.“
„Aber die Hausordnung – Sie haben sie selbst gelesen.“
„Dann müssen wir eben kämpfen. Wir gehen vor Gericht. Wir beide! Wo ist denn nur mein Etui? Haben Sie mein Etui gesehen?“
Claras Magen zog sich zusammen. Sie betrog ihn und er hatte keine Chance. Es war wie ein ungleicher Konflikt, sie besaß die Pistole, der andere gar nichts, ein Schuss und alles vorbei. Sie fühlte schon den Sieg. Sie ging in die Küche und machte sich einen Kaffee.

Claras neue Hausordnung stieß bei ihren Nachbarn auf reges Interesse, vielmehr förderte sie einen nachbarschaftlichen Streit zwischen Tier- und Nicht-Tierbesitzern. Der Höhepunkt dieser Auseinandersetzung: Zwanzig Nachbarn schlugen auf den Hausmeister ein, der in letzter Sekunde in seine Wohnung flüchtete. Der aus Russland stammende Mann verstand so gut wie nichts von dem, was die Hausbewohner ihm vorwarfen. Eigentlich besaß er nur einen Notfallposten. Wenn das Licht ausging oder die Toilette überlief, wählte er eine Telefonnummer und bestellte einen Fachmann. Eine einfacher Tätigkeit, weil es nur drei Telefonnummern gab, und eine davon war die der Polizei.
Clara

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