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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schulte
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oder lehnten sich an die Grabsteine, um zu schlafen.
Maximilian verließ den Park in Richtung Stadt. Irgendwo musste es doch Möglichkeiten für eine Übernachtung geben; und wenn es nur ein trockner Raum war. Doch die besten Plätze belegten schon die Obdachlosen. Einige übernachteten in den Vorräumen der Banken, nahe den Geldautomaten. Andere ließen sich nachts in Einkaufspassagen einschließen oder verbrachten die Zeit in Hausfluren und Gängen bis man sie raus warf. Maximilian brauchte einen Unterschlupf. Von einem anderen Rentner wusste er, dass auf dem alten Campingplatz noch Wohnwagen standen, die so mancher für eine Übernachtung nutzte. Keiner hielt sich dort gerne auf, da nebenan eine hässliche Fabrik stand. Täglich schob sie graue, übel riechende Dämpfe über den Platz. Nur in der Nacht verbesserte sich die Luft. Dann erklang nur das klopfende, sich wiederholende Maschinengeräusch, das den Boden erzitterte. Pa-Tamm! Pa-Tamm! Wie eine Trommel. Keiner wusste, was sie produzierten. Aber bei den Geräuschen musste es schon was Großes sein.
Ein halbwegs trockener Platz für die Nacht, mehr brauchte Maximilian gar nicht. Einige der Wohnwagen standen ausgebrannt auf dem Gelände. Wie Gerippen urzeitähnlicher Geschöpfe ragten sie aus der Landschaft, nur die geschmolzenen Räder erinnerten an ihr ursprüngliches Dasein. Der Geruch verbrannten Gummis haftete an jedem Stein.
In der Nähe der Bahngleise fand Maximilian einen Wohnwagen, der viel versprechend aussah. Er war überdacht, alle Fenster hingen noch drin und das Beste: Die Tür war bereits aufgebrochen. Er musste vorsichtig sein. Manchmal trieben sich hier eigenartige Kerle herum. Sie raubten Obdachlose aus, vor allem Rentner. Meistens lebten sie selbst auf der Straße und hausten in Verstecken, zum Beispiel in leeren Häusern, Fabriken oder vergessenen Wohnwagen. Sie waren so zahlreich wie die Ratten, kamen nur nachts heraus, niemand wusste, wie viele es waren – über sie gab es keine Statistiken, weil sie nicht wählten und den Staat in keiner Weise forderten. Nur eins wusste man über sie: Ihre Zahl wuchs beständig.
Vorsichtig öffnete Maximilian die Tür. Ein kalter, feuchter Modergeruch fiel heraus. Auf dem Boden huschte ein kleiner dicker Käfer vorbei. Erst als Maximilian ein Streichholz anzündete, erkannte er mehr. Der Wohnwagen sah verlassen aus. Keiner da und auch keine Anzeichen, dass demnächst jemand käme.
Schnell klemmte er seinen Dackel unter den Arm und kletterte in den Wagen. Unter seinen Füßen presste sich das Wasser aus dem Teppich und gab sumpfige Geräusche von sich. Nur hinten in einer Ecke befand sich eine Matratze, die zwar nicht feucht, sich aber doch klamm anfühlte. Maximilian setzte sich dorthin, nahm seinen Dackel auf den Schoß, wickelte sich in seine Jacke ein und schloss die Augen. Seine Beine schmerzten. Es war ein langer Weg gewesen.

Das Bein nach Walthers Lexikon der Medizin
Die paarigen Gliedmaßen von Tieren und Menschen werden gern als Beine bezeichnet. Sie dienen vor allem der Fortbewegung an Land, bei manchen Menschen werden sie aber auch genutzt, um sich im Wasser vorwärts zu bewegen.
Das Bein gliedert sich in drei verschiedene Bereiche: Oberschenkel, Unterschenkel und Fuß. Eine übermäßige Belastung von Beinknochen und -muskeln führen meist zu Schmerzen. Am häufigsten treten diese an den Füßen auf – vor allem nach langen Shopping-Touren am Wochenende oder nach dem Kauf von unbequemen Schuhen, die am Anfang doch so toll aussahen.

Schreie weckten ihn. Sein Dackel bellte. Fast wie Fernsehen, so unnatürlich, als ob er aufgewacht und auf den falschen Kanal gezappt hätte. Zwei Männer, die aussahen wie Reinhold Messner und Charles Bukowski brüllten ihn an. Der hintere blendete ihn mit einer Taschenlampe. Der erste trat nach ihm und versuchte, ihm den Koffer wegzunehmen, dann folgten Schläge. Sie packten ihn, hoben ihn an, schüttelten ihn, schlugen ihm ins Gesicht, warfen ihn auf die Matratze und traten nach ihm. Das Ganze wiederholte sich. Maximilian fand keine Zeit, etwas zu sagen oder darüber nachzudenken, worin er gerade hineingeriet. Erst als der zweite Mann nach seinem Hund stieß, wurde ihm klar, in was für einer schwierigen Lage er sich befand. Der kleine Dackel jaulte und landete in einer Ecke. Doch es dauerte keine Sekunde, da stand er auf allen Vieren, sprang nach vorne und knurrte die Männer an. Maximilian bekam alles nur im Taumeln mit, er wurde gerade am Kragen seines

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