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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schulte
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Mantels nach oben gerissen. Der Mann schleuderte ihn wie ein Kind empor und Maximilian tauchte in dessen Atem ein, eine Mischung aus Alkohol und Fäulnis ergriff ihn. Sofort hielt er sich an den Armen des Mannes fest, die ihn ebenfalls umklammerten. Als er auf der Matratze landete, stürzte der Angreifer mit ihm nieder. Der Dackel biss dem Mann ins Ohr und ließ nicht mehr los. Maximilian musste etwas tun, ganz egal was. Er schlug mit seinen Fäusten auf den Mann, aber es half nichts. Die Kraft eines Kindes steckte in seinen Muskeln. Erst als er versuchte, sich hervorzukämpfen, bekam er etwas Festes in die Hände und schlug zu. Eine schnell fließende rote Flüssigkeit überzog das Gesicht des Mannes. Die Zähne glänzten rot. Die Taschenlampe hinter ihm flackerte. Das Gesicht verschwand im Dunkeln, kam wieder hervor, bekam Farbe. Dann brüllte der Mann und eine Blutwelle schwappte über seine Lippen. Dort wo sich gerade noch eine schwarze Zahnreihe befunden hatte, tat sich eine unansehnliche Lücke auf. Dann wurde es im Wohnwagen dunkel, die Taschenlampe ging aus, für einen Moment schien Stille einzukehren, dann erstrahlte das Licht und der Gewaltakt setzte sich fort.
Maximilian hielt ein Stück Metall in seiner Hand. Ganz gleich, wozu das Objekt gedient haben mochte mit all seinen Gewinden und Schrauben, es fand jetzt einen neuen Zweck. Es lag schwer in der Hand, fühlte sich gut an. Es gab ihm die Kraft, die ihm fehlte.
Der Angreifer brüllte noch immer, raffte sich auf und hielt sich das blutende Ohr, während der zweite Mann hinter ihm stand und etwas Unverständliches schrie. Maximilian schlug zu. Er wollte die Wange des Mannes treffen, verfehlte ihn und traf stattdessen die Nase. Ein lautes Knacken, abstehende Schrauben rissen die Haut mit, der Mann fasste sich ins Gesicht und fiel nach hinten. Jetzt kam der Zweite nach vorne, trat nach Maximilian und verfehlte ihn. Wieder fand das Metallobjekt ein Ziel. Es bohrte sich in die Stirn und es knackte, als ob Holz zerspringen würde. Der zweite Mann stürzte zur Seite, taumelte aus dem Wohnwagen heraus. Maximilian schlug noch einmal nach ihm, erwischte aber nur einen Fußknöchel. Der Mann kreischte, hüpfte, humpelte, dann stürzte er aus dem Wohnwagen. Maximilian drehte sich um. Sein Dackel hatte den ersten Angreifer an der Jacke gepackt, der sich nun nach unten krümmte, um sein Gesicht zu schützen. Und Maximilian schlug zu, einmal, zweimal, auf den Rücken, ins Bein, in den Arm, der Mann schrie und das Metall färbte sich rot. Blutverschmiert torkelte der Angreifer aus dem Wohnwagen. Endlich war Ruhe. Selbst der Dackel hörte auf zu bellen. Die Dunkelheit im Wohnwagen kroch in sich zusammen. Ein gelbliches Glimmen hinter der Fabrik kündete den Morgen an.

Tötung eines Angehörigen
    Das Blut trocknete bereits auf seinem Hemd, Wasser konnte ihm nichts anhaben. Es sah aus, als hätte Maximilian sich mit Brombeersaft bekleckert. Er stand in der Herrentoilette des Krankenhauses und schrubbte. Seine Hände zitterten. Zum Glück hatte er noch einen Pullover dabei, den er einfach drüber zog. Für die Reinigung fehlte ihm das Geld. Doch sein Gesicht sah schlimmer aus, als sein Hemd. Es war übersäht mit kleinen und großen, roten wie blauen Schwellungen. Die Nase schien sich ein wenig weiter nach links zu neigen als sonst üblich. Die Augenlider, die stets nach unten zeigten, folgten jetzt noch stärker ihrem Verlangen. Was wollten die Männer von ihm? Seinen Koffer? Warum griffen sie ihn an? Wie ging es dem anderen Mann? Obwohl er die beiden verjagte, fühlte er sich als Verlierer. Das Ganze schien ihm wie ein schlechter Traum. Er wachte auf und die Welt fühlte sich so komisch an, so falsch.
Mit ein paar letzten Handgriffen und ein paar Wasserspritzern ins Gesicht säuberte er sich für seinen Krankenbesuch. Fast jeden Tag kam er hierher und sah nach seinem Bruder. Jeder Tag konnte der letzte sein, an dem er ihn besuchte. Blumen brachte er auch mit, Nelken wie meistens. Diesmal kamen sie nicht vom Blumenhändler aus der Lobby, sondern vom Friedhof. Die Toten brauchten sie nicht, Blumen gehörten den Lebenden. Und dennoch schaffte er es nicht, sie seinem Bruder ans Bett zu stellen. Irgendwie fand er es falsch, irgendwie unpassend, schließlich warf er sie in den Abfalleimer – so wie immer.
Als Maximilian das Krankenzimmer seines Bruders betrat, saß dort Besuch: ein alter Mann, der den anderen Patienten besuchte, genauso wie er selbst. Die beiden Männer

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