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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schulte
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bemerkt wurde. Zusätzlich blinkten einzelne rote Lichter an der Decke.
Die Angestellten drehten sich sofort zum Ausgang. Jeder rechnete damit, dass ein alter Rentner verzweifelt auf den Ausgang zustolperte, verfolgt von zwei, drei bulligen Pflegern, die ihn dann niederrangen und wie einen Verbrecher hinter sich herzogen. Doch sie fanden nur Clara und Maximilian. Alle starrten sie an. Selbst der Wächter am Ausgang ging langsam auf die beiden zu und musterte sie.
„Lass dir was einfallen!“, murmelte Maximilian hinter vorgehaltener Hand. „Ich glaub, die merken was!“
„Was soll ich machen?“
„Keine Ahnung, aber mach was! Du bist die Ärztin!“
Die beiden Pfleger beobachteten Clara. So viele Fragezeichen bildeten sich in ihren Gesichtern, dass sie am liebsten weggelaufen wäre.
„Wollen Sie schon gehen?“, brüllte sie plötzlich die beiden Angestellten an.
Die Frau erschrak und machte einen Schritt rückwärts. Selbst der Mann, der Clara um zwei Köpfe überragte, wich zur Seite.
Warum hatte sie das getan? Für einen Augenblick zögerte sie. Als sie merkte, dass sie die beiden Angestellten einschüchterte, fuhr sie fort: „Dort hinten im Aufenthaltsraum ist eine riesige Sauerei, die machen Sie erst mal weg!“
„Aber meine Schicht ist vorbei!“
Clara warf ihr einen bösen Blick zu.
„Danach habe ich nicht gefragt!“
„In Ordnung!“, flüsterte die Frau und lief den Gang entlang. Der Mann folgte ihr, wagte es nicht, etwas zu sagen oder sich gar umzudrehen.
Clara schlenderte gemütlich auf den Wächter zu, während sie Maximilian in seinem Rollstuhl zurück ließ.
„Der sieht aber übel aus!“, motzte der Mann und zeigte auf ihn.
„Schlaganfall!“, meinte Clara und stemmte ihre Hände in die Seite. „Und ein bisschen verrückt!“
Maximilian grummelte, aber da er nichts sagen durfte, öffnete er nur seinen Mund, machte ein paar unverständliche Grunzlaute und ließ etwas Spucke herauslaufen.
„Das ist ja eklig!“, meinte der Sicherheitsmann und trat einen Schritt zurück. „Wer sind Sie eigentlich? Sind Sie neu?“
Clara verdeckte den Namen auf ihrer Chipkarte, indem sie die Arme vor den Brüsten verschränkte.
„Bin von der Zeitarbeit, zur Aushilfe, wegen der Prüfung in den nächsten Tagen. Damit alles gut vorbereitet ist.“
„Die kommen auch immer öfters. Sollen uns in Ruhe unsere Arbeit machen lassen. Na, ja! Ich glaube, ich muss mich mal um den Alarm kümmern. Die lernen es nie!“, er grinste sie an. „Aber hier kommt keiner raus.“
„Die haben den doch schon längst“, winkte sie ab. „Der kam noch nicht zur Teeküche, da haben sie ihn schon geschnappt.“
„Ach, die haben ihn?“
„Gerade erst passiert“, sie zeigte auf das Ende des Flurs. „Die hatten ihn, bevor der Alarm anging.“
„Ich sag’s ja“, grinste der Sicherheitsmann. „Hier kommt keiner raus.“
„Sie sollten aber mal nach hinten gehen. Er hat versucht, aus einem Fenster zu klettern. Ich glaube, das steht noch offen. Wahrscheinlich hat das den Alarm ausgelöst.“
„Da könnten Sie Recht haben.“
Der Mann bedankte sich bei Clara, wirbelte seinen Elektroschocker wie einen Revolver in der Hand herum, steckte ihn in den Gürtel und marschierte breitbeinig los. Clara und Maximilian warteten kurz, dann holte sie die Chipkarte heraus, zog es durch das Lesegerät und die beiden liefen so schnell es ging durch den Ausgang.
Doch kaum draußen angekommen folgte schon das nächste Problem. Das Tor befand sich fast einhundert Meter entfernt und während Clara und Maximilian noch überlegten, in welche Richtung sie fliehen sollten, kamen bereits zwei Pfleger aus dem Park auf sie zu. Die Alarm-Sirene lockte sie an: ein großer hagerer Typ und ein kleiner bauchiger Kerl mit Glatzkopf.
„Was jetzt? Was sieht Ihr Plan vor?“
„Keine Ahnung!“, sagte Maximilian. „So weit war ich mit dem Fluchtplan noch nicht.“
„Was?“
„Sie waren zu früh. Nächste Woche wäre er fertig gewesen.“
„Das hätten Sie mir sagen können.“
Riesige Mauern umklammerten das Altenheim und den kleinen Park, Entkommen schier unmöglich. Selbst am Haupttor befand sich ein älterer Wachmann, der die Autos kontrollierte, die rein oder raus fuhren. Doch Clara gab nicht auf. Gerade fuhren zwei privilegierte Rentner auf ihren Elektromobilen an den beiden vorbei, als ihr etwas in den Sinn kam.
„Los! Schnappen Sie sich einen Wagen!“
Maximilian zögerte. Es war nicht seine Art, andere Rentner von ihren Fahrhilfen zu stoßen, doch er

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