Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.
muß er etwas bieten. Er schlägt Pleil vor, wieder jemanden umzubringen. Diesmal einen Mann, vielleicht einen Schwarzhändler, der viel Geld mit sich führt. Pleil ist einverstanden: »Aber keinen Mann! Ich bin doch nicht schwul! Schließlich will ich auch meinen Spaß dabei haben!« Hoffmann gibt nach. »Na schön, eine Frau. Und wer legt sie diesmal um?«
»Jetzt bist du einmal dran.«
Dieser Mord spielt sich nicht vor der romantischen Kulisse des Gebirgswaldes ab, sondern hinter dem Güterbahnhof der oberfränkischen Stadt Hof im Zonenrandgebiet. Auch diese Stadt ist Durchgangsstation für Pendler zwischen Ost und West. In der Bahnhofsgaststätte entdecken Pleil und Hoffmann eine etwa fünfundzwanzigjährige Frau, die ihnen für ihr Vorhaben geeignet erscheint. Sie setzen sich zu ihr an den Tisch. Während Hoffmann mit ihr plaudert, trinkt sich Pleil mit reichlich Alkohol Mut an.
Nach Einbruch der Dunkelheit schlägt Hoffmann vor, die Gaststätte zu verlassen und sich Zimmer zur Übernachtung zu suchen. Die junge Frau schließt sich ihnen an. Hinter dem Güterbahnhof schlägt ihr Hoffmann den Griff des Fallschirmjäger-Messers auf den Kopf. Sie fällt lautlos um. Weitere Hiebe und Stiche machen sie bewußtlos. Nun ist Pleil an der Reihe. Seine Manipulationen am Körper der Sterbenden bringen ihn rasch ans ersehnte Ziel. Als er sich zufrieden erhebt, tötet Hoffmann die junge Frau mit einem tiefen Halsschnitt. Er schneidet ihr einen Finger ab, denn der Ring daran läßt sich nicht anders abziehen. Er nimmt auch das Gepäck des Opfers an sich.
In den nächsten Monaten bleiben die beiden Mörder weiterhin aktiv. Zwischen Vienenburg im Norden und Walkenried im Süden, fast immer auf westlichem Gebiet nahe der Zonengrenze, verläuft ihre blutige Spur. Im Dezember schließt sich ein anderer junger Sachse, der achtzehnjährige Arbeiter Konrad Schüssler, dem Mörderpaar an. Pleil hat ihn zufällig kennengelernt. Er will den hübschen Jungen als Lockvogel für weibliche Opfer benutzen. Manchmal arbeiten die Täter zu dritt, manchmal zu zweit. Ihr modus operandi ist gleichförmig. Entweder erschlägt Pleil die Frauen, oder Hoffmann ersticht sie mit dem Messer. Einmal, wenige Tage vor Weihnachten, fordert auch Pleil neben dem sexuellen einen materiellen Gewinn. Er eignet sich den Mantel einer Toten und eine in ihrem Koffer gefundene Puppe an. Den Mantel legt er seiner Frau, die Puppe seiner Tochter auf den Weihnachtstisch.
Im März 1947 töten Pleil und Hoffmann zum ersten Mal an der Zonengrenze bei Zorge eine junge Frau auf dem Gebiet der Ostzone. Nachdem sich Pleil an der Bewußtlosen seinen Orgasmus verschafft hat, schneidet Hoffmann ihr den Kopf ab. Hoffmann, so heißt es im Bericht von Dr. Wolfgang Ullrich, »nahm diesen Kopf neben den erbeuteten Kleidungs- und Wäschestücken des Mädchens mit sich. Mit der einen Hand hielt er an den Haaren den Frauenkopf, während aus dem Halsstumpf noch Blut tropfte, und mit der anderen die Kleidungsstücke. Den Kopf warf Hoffmann auf das Gebiet der britischen Zone, während der Rumpf auf russischem Besatzungsgebiet lag.«
Am Sonntag, dem 13. April, mietet ein zweiundfünfzigjähriger Hamburger Kaufmann Pleil als Grenzführer in die sowjetische Zone an. Noch auf westlichem Gebiet erschlägt Pleil den Mann mit einem Beil und raubt ihn aus. Dann fährt er heim nach Marienberg. Unruhig verbringt er die nächsten Tage. Er plant einen weiteren Mord in dieser Gegend, fährt dorthin zurück und wird verhaftet.
Bei seiner Vernehmung gesteht er sofort, den Kaufmann getötet zu haben. Er behauptet, der Mann hätte ihn beschimpft, weil er sich mit ihm verirrt hatte. Aus Zorn über die Beleidigungen habe er den Mann erschlagen. Das Gericht verurteilt Pleil wegen Totschlags und schweren Raubes zu zwölf Jahren Zuchthaus und verfügt, Pleil anschließend in eine Heil- und Pflegeanstalt zu verbringen.
Über Pleils Haftzeit gibt es widersprüchliche Berichte.
Nach einer Information von E. Wieczorek, Erstem Kriminalhauptkommissar a. D., bezichtigte sich Pleil bereits 1947 in Briefen an die Kriminalpolizei, noch andere Morde began gen zu haben. Die Kriminalpolizei nahm die Selbstbezichtigung nicht ernst, weil Pleil sie danach widerrief.
Nach dem Bericht von Dr. Ullrich, dem ich hier weitgehend gefolgt bin, gestand Pleil erst 1949 während einer psychiatrischen Untersuchung seinen ersten Mord im Bruch bei Mattierzoll und später auch die anderen Verbrechen, die er allein oder mit seinen
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