Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.
Komplizen begangen hatte.
Hoffmann wurde in der Ostzone verhaftet und an die westdeutsche Justiz ausgeliefert, Schüssler bei Rückkehr aus der Fremdenlegion in Hamburg festgenommen.
Eine neue Verhandlung wurde anberaumt und Pleil 1950 u. a. des neunfachen, Hoffmann des sechsfachen und Schüssler des zweifachen Mordes schuldig gesprochen. Alle drei erhielten eine lebenslängliche Freiheitsstrafe.
1958 erhängte sich Pleil in der Zelle.
Pleil war ein Triebtäter, der nur durch Blut und Mord zu sexueller Befriedigung gelangte. Dieses Hauptmotiv verband sich zeitweise mit Raub. Daß er manche Leichen beraubte, könnte zwei Gründe gehabt haben. Einmal war es bloße Habgier. Zum anderen gab es bei Pleil wie bei einigen anderen Triebtätern dafür auch das Motiv des Fetischismus. Ein dem Opfer gehörender Gegenstand oder Körperteil wird aufbewahrt und erinnert den Täter ständig wieder an seine Tat. Pleil behielt blutige Wäschestücke bei sich, deren Anblick ihn sexuell erregte.
Pleils Sadismus trat, im Unterschied zu anderen Lustmördern, erst verhältnismäßig spät zutage. Pleil wuchs in ungeordneten familiären Verhältnissen auf. Sein Vater besaß einen kleinen Laden und betätigte sich nebenbei als Schmuggler im deutsch-tschechischen Grenzgebiet. Rudolf mußte sich daran beteiligen. Schon als Kind war er kontaktfreudig, aber jähzornig, wenn er die geforderte Anerkennung von anderen Kindern nicht erhielt. Wie seine Schwester litt Pleil an angeborener Epilepsie. Mit vierzehn Jahren hatte er erste homosexuelle und heterosexuelle Erlebnisse. Die Angst vor seinem trunksüchtigen Vater trieb ihn früh aus dem Haus. Er fuhr zur See, wurde dann aber wegen seiner Epilepsie für seefahrtuntauglich erklärt. Die Krankheit bewahrte ihn vor dem Kriegsdienst. Er arbeitete dann als Kellner im Marienberger Ratskeller. Da im Nazideutschland Erbkranke – zu denen man auch die Epileptiker rechnete – unfruchtbar gemacht wurden, sollte auch Pleil 1945 sterilisiert werden, aber dazu kam es wegen des nahen Kriegsendes nicht mehr. Pleil heiratete und wurde im Mai 1945 in Zöblitz als Hilfspolizist eingestellt. Als Waffe erhielt er ein Kleinkalibergewehr.
Eines Tages nahm er zwei Plünderer fest, wobei sich ein Schuß löste und einen der Plünderer an der Hüfte verletzte. Pleil untersuchte die Wunde und verband sie. Der Mann stöhnte vor Schmerz. Pleil schlug ihn ins Gesicht und bekam dabei einen Orgasmus. Diese überraschende Erfahrung, angesichts eines nackten blutigen Körpers und durch Schläge sexuelles Lustgefühl zu erzielen, bestimmte die weitere Entwicklung von Pleils Perversion. Er »erlernte« eine vollkommenere Form der Lust, als es ihm die Selbstbefriedigung und der normale Geschlechtsverkehr boten. Er begann, seiner Frau durch brutale Manipulationen während des Beischlafs Schmerzen zuzufügen. Aber auch das führte selten zum gewünschten Erfolg, zumal sich seine Frau meistens dagegen wehrte.
So begann sich Pleil in der Phantasie auszumalen, was ihm die Wirklichkeit vorenthielt. Die Bilder eines nackten blutigen Körpers, der widerstandslos seine sadistischen Manipulationen duldete, nahmen Überhand, bis er sie, ermutigt durch seinen Kumpan Hoffmann, in den Grenzwäldern zu verwirklichen begann. Von Mord zu Mord steigerte sich Pleils Erfolgserlebnis. Und der Erfolg verfestigte seinen Zwang zu morden. Der Psychologe v. Hentig schreibt, impotente Sexualtäter seien »aggressiv bis zur Besinnungslosigkeit. Ihre aufgedämmte Spannung entlädt sich im Orgasmus einer motorischen Explosion.«
War der solchen blutigen Zwängen gehorchende Pleil für seine Taten verantwortlich zu machen? Pleil war Epileptiker. Es gibt epileptische Dämmerzustände, in denen die Kranken gewalttätig werden oder Brandstiftung oder Sexualverbrechen begehen. Danach erinnern sie sich nicht mehr daran. Die Psychiater bestätigten Pleil eine leichte angeborene Epilepsie. Das Gericht anerkannte bei einem der Morde, daß Pleil ihn in einem solchen epileptischen Dämmerzustand begangen hatte und dafür nicht verantwortlich sei. Da Pleil jedoch die anderen Morde in allen Einzelheiten schilderte und auch die Tatorte genau beschreiben konnte, war dafür kein solcher Dämmerzustand anzunehmen.
Die Psychiater bezeichneten Pleils Sexualität als abnorm, nicht aber als krank. Als Sadist habe er durch Gewalttaten die höchste Form sexueller Befriedigung gesucht. Einem unwiderstehlichen Zwang sei er dabei nicht unterworfen gewesen. Mehrmals habe er
Weitere Kostenlose Bücher