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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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Er fühlt sich wie ein praller Luftballon, den eine unsichtbare Hand zersticht, so daß Körper und Seele und Selbstbewußtsein erschlaffend schrumpfen.
    Es ist nicht mehr weit bis zu seinem düsteren Paradies. Die Dunkelheit bricht herein. Hier draußen in der Vorstadt wird die Straßenbeleuchtung immer spärlicher. Tschikatilo erblickt ein Kind vor sich. Er beschleunigt seine Schritte, um es einzuholen. Ein Mädchen – sein roter Mantel ist mit einem Pelzkragen besetzt. Auf dem Kopf trägt es eine Fellmütze.
    Jetzt ist er auf gleicher Höhe mit dem Kind. Zehn Jahre höchstens, denkt er. Und denkt: welch eine schöne wehrlose Beute. Lock sie in die Höhle und spiel mit ihr, wie der Kater mit der Maus. Sie wird piepsen vor Angst. Nicht ich muß Angst haben wie vorhin im Park. Sie ist es, die Angst haben wird! Und weinen und flehen, daß ich ihr nichts tue. Was für ein spannendes Spiel! Die Maus auf dem Bett, der Kater über ihr. In ihr meine Angst töten! Erfreut verspürt er eine Erektion. Boshe moi, betet er, laß es diesmal gut gehen.
    »Wer bist du denn, Kleine?« fragt er väterlich.
    »Lena.«
    »Und wo wohnst du?«
    »Noch ein ganzes Stück weit.«
    »Und da gehst du abends allein so weit weg?«
    »Habe eine Freundin besucht. Und jetzt bin ich zu spät dran. Meine Mama wird schimpfen.«
    »Vielleicht sollte ich mit deiner Mama sprechen, damit sie nicht mit dir schimpft.«
    »Das würdest du wirklich tun?« Lena ist glücklich, einem so lieben Freund begegnet zu sein.
    »Für so ein hübsches kleines Mädchen tue ich das gern.«
    Eine Weile gehen sie schweigend nebeneinander her.
    Tschikatilo überlegt, wie er Lena in seine Höhle verbringen könnte. Er blickt sie an. Ihr Körper wirkt irgendwie verkrampft.
    »Ist dir nicht gut?«
    »Doch«, murmelt sie. Und fügt entschlossen hinzu: »Ich muß mal. Auf die Toilette.«
    Tschikatilo jubelt lautlos auf. »Na, da hast du aber Glück, Lena. Ich wohne ganz in der Nähe. Da kannst du in meinem Häuschen auf die Toilette gehen.«
    Lena nickt dankbar.
    Jetzt ist es wirklich nur noch ein paar Schritte bis zu Tschikatilos Höhle. Zwischen den wenigen Straßenlaternen liegt Dunkelheit. Auch die Höhle ist von Finsternis umgeben. Bevor Tschikatilo mit Lena hineingeht, blickt er sich um. Niemand ist in der Nähe. Er nimmt Lenas Hand. »Na komm.«
    Er schließt die Tür auf. Sie betreten das einzige armselige Zimmer. Er verriegelt die Tür, zieht die Vorhänge zu.
    »Wo ist denn die Toilette?« fragt Lena.
    Das sind die letzten Worte, die sie in ihrem kurzen Leben spricht. Danach werden ihr nur noch wenige erstickte Schreie bleiben. . .
    Tschikatilo packt sie und wirft sie zu Boden. Er kniet neben ihr nieder, drückt ihr den Mund zu, reißt ihr Mantel, Kleid, Unterwäsche herunter. Stöhnt verzweifelt auf, die Erektion ist schon wieder vorbei. Er versucht trotzdem, in ihren Leib einzudringen. Vergebens. In ohnmächtiger Wut wälzt er sich vom Körper des Kindes herunter. Lena erhofft Befreiung. Beginnt zu strampeln, zu schreien. Tschikatilo erblickt etwas Blut zwischen ihren Schenkeln.
    Und das Wunder geschieht.
    Die Gegenwehr des Opfers, das Entsetzen in seinem Gesicht, die Schreie, das Blut – plötzlich überfluten ihn die Wellen eines Orgasmus.
    In diesem Augenblick beginnt Tschikatilo das Geheimnis seiner Lust zu ahnen: Herr zu sein über Wehrlose. Ihre Ohnmacht ist seine Macht. Das macht ihn zum Mann. In diesem Augenblick ist er Mann, denn er bekommt die langersehnte Entspannung.
    Das jetzt so mühelos errungene Lustgefühl genügt ihm nicht. Es soll sich wiederholen, und – zum Teufel! – es wird sich wiederholen, er braucht nur mehr Blut.
    Er greift zum Messer und klappt es auf. Sticht es wieder und wieder in Lenas Unterleib, sieht das Blut herausquellen, wühlt mit gieriger Hand in den Wunden und ejakuliert nochmals, direkt auf den Körper des sterbenden Kindes, vermischt mit dem Finger Sperma und Blut. . .
    Als die Erregung abklingt, begreift er, was er getan hat.
    Er hat getötet, ohne es eigentlich zu wollen. Er wollte doch nur seinen Orgasmus. Nun weiß er, daß er all die umständlichen Handlungen nicht mehr braucht, die Äußerung seines Verlangens, das Vorspiel, die Küsse. Nicht einmal die Erektion braucht er mehr, um einen so wunderbaren Orgasmus zu bekommen, wie ihn keine Frau ihm beim Beischlaf verschaffen konnte. Ein solches Lustfeuerwerk hat seinen Preis. Er heißt: Mord.
    Und heißt zugleich Angst. Das wird Tschikatilo in dieser Minute bewußt.

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