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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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zu spät. Findet die Leichen, aber nicht mich. Ob sie auch die Genitalien gefunden hat, die ich den Jungen abschnitt und ins Gebüsch warf?
    Am liebsten ginge Tschikatilo hin und schaute nach. Aber es steht ihm ja ein weit aufregenderer Genuß bevor.
    Er blickt auf Sweta, die arglos neben ihm über den schlammigen Pfad stakst. »Nicht gerade die geeigneten Schuhe«, bemerkt er mitfühlend. Sweta nickt. »Bin ja auch nicht auf einen Fußmarsch eingerichtet.«
    Die Erinnerung an die toten Jungen hat Tschikatilo angenehm erregt. Diesmal zur Abwechslung wieder eine Frau. Mein Vergnügen, sinniert er, das habe ich in den Jahren gelernt, ist immer ein dreifaches. Zuerst der Film im Kopf: die Vorstellung der Tat, das Drehbuch sozusagen. Schon das ist eine künstlerische Regieleistung, in Einzelheiten festgelegt wie die Szene für einen Film. Dann die Umsetzung des Drehbuchs: die Tat selbst. Wiederum ein schöpferischer Akt. Allerdings werden die festgelegten Details in der Erregung des Augenblicks noch abgewandelt, verfeinert, weiter vervollkommnet. Und welche sinnlichen Erlebnisse eröffnet ihm das Messer im Leib der Opfer: das Geheimnis der Innereien zu ertasten, den Geruch der Todesangst einzuatmen, den Geschmack der Genitalien zu kosten. Oft reißt ihn dann die Lust empor. Er springt auf, tanzt triumphierend um die Leiche herum und ruft: »Nieder mit den Faschisten! Tod den Okkupanten! Es lebe unser sozialistisches Vaterland!« In diesem Augenblick ist Tschikatilo der siegreiche Partisan, das heilige Idol seiner Kindheit, der in der Stille der Wälder seinen blutigen Auftrag erfüllt.
    Und dann, zum dritten, auf dem Heimweg und nachts zu Hause im Bett: das Video der Erinnerung, noch einmal Lust und Triumph.
    Er reißt sich aus seinen Gedanken. Jetzt sind wir tief genug im Wald. Jetzt wird es Zeit für Akt Nr. 2. . .
    Akt Nr. 2 ist abgedreht. Aufgeschnitten, verstümmelt, ohne Augen, liegt Sweta vor ihm. Er hat während der Tat zweimal ejakuliert. Er fühlt sich entspannt. Das Partisanenlied ist verklungen, er reinigt das Messer im Moos und bedeckt die Leiche mit Ästen und Laub, nicht allzu sorgsam, sie soll ja gefunden werden und seinen Triumph über die Polizei erhöhen. Die Kleidung der Toten faltet er zu einem Bündel zusammen, das er mit dem blauen Nylonmantel umwickelt. Er nimmt es in die Arme, legt seinen Kopf darauf und umschreitet feierlich den Schlachtort.
    Dann wirft er das Bündel ins Gebüsch.
    Er ordnet seine Kleidung, zieht den Mantel über, setzt den Hut auf, nimmt die Aktentasche auf und geht den Weg zurück, den er vor einer Stunde mit seinem Opfer gekommen ist.
    Er betritt den Bahnsteig. Noch immer fällt dünner Regen, noch immer steht derselbe Polizist verdrossen unter dem Schutzdach des Wartehäuschens. Tschikatilo geht gelassen an ihm vorbei, bis zu einem Hydrant. Hier wäscht er sich die Hände. Als er sich aufrichtet, sieht er, daß ihn der Milizionär beobachtet. Tschikatilo trocknet sich die Hände am Taschentuch. Der Polizist schreitet langsam auf ihn zu, bleibt vor ihm stehen und mustert ihn.
    »Woher kommen Sie, Bürger?«
    »Ich habe im Nachbarort einen Freund besucht. Und bin die Abkürzung durch den Wald zurückgekehrt.«
    Der Polizist starrt ihn unbewegt an. »Sie haben Blut an der Wange, Bürger.«
    Tschikatilo verflucht seine Unvorsichtigkeit. Lange Erfahrung in der Verstümmelung seiner Opfer hat ihn immer besser vor Blutspuren an seinem Körper bewahrt. Ein Blutfleck im Gesicht! Er zwingt sich zu einem Lächeln. »Das dichte Unterholz. Ein Ast oder eine Brombeerranke.«
    Der Polizist nickt. »Ihren Ausweis bitte.« Tschikatilo überreicht ihm den Personalausweis. Der Polizist notiert sich Namen und Adresse und gibt ihm den Ausweis zurück. »Gute Heimfahrt noch!« wünscht er dem Bürger und begibt sich unter das Schutzdach zurück.
    Die Tötung Sweta Korostiks war Tschikatilos 53. und letzter Mord. Zwei Wochen später, am 20. November 1990, wird er vor einem Café in Nowotscherkassk verhaftet und zur Vernehmung ins Miliz-Hauptquartier von Rostow gebracht.
    Tschikatilos Verhaftung ist das Ergebnis einer jahrelangen verzweifelten Suche der Miliz und der Staatsanwaltschaft nach einem Serienmörder, der hauptsächlich im Gebiet der südukrainischen Großstadt Rostow seine blutigen Spuren setzte. Wie jeder Serienmörder wurde auch Tschikatilo erst nach einer Reihe von Morden als ein solcher Täter erkannt. Anfangs hatte die Polizei keinen Zusammenhang zwischen seinen einzelnen Opfern

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