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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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niemals etwas bemerkt? Nie den leisesten Verdacht gehabt, daß mit diesem stillen und hilfreichen Papa Denke etwas nicht stimmte?
    Daß dreißig Menschen sein Zimmer betraten, es aber niemals wieder lebend verließen?
    Daß im Sommer unerträglicher Verwesungsgestank aus seiner Stube drang?
    Daß vor Jahren ein Wanderbursche blutüberströmt aus Denkes Wohnung in Panik davonlief?
    Daß ein anderer Denkes Nachbarn berichtete, Denke habe ihn zu erdrosseln versucht?
    Daß Denke Eimer voll blutiger Flüssigkeit in den Gully auf dem Hof ausgoß?
    Daß er Schüsseln, bis oben mit Fleisch gefüllt, in den Geräteschuppen brachte, zu einer Zeit, als ein Kilo Fleisch Milliarden kostete? Und daß man glaubte, es sei Hunde- oder Katzenfleisch, obwohl die Tötung dieser Tiere verboten war?
    Daß ein Korbmacher nächtelang in seinem Zimmer sägte, hämmerte und mit der Axt hantierte?
    Daß er nachts mit einem vollen Sack auf dem Rücken in den Stadtwald ging und mit leerem Sack zurückkehrte?
    Daß man immer wieder Knochen im Stadtwald fand, die kaum Tierknochen sein konnten?
    Fragen, auf die die Befragten keine andere Antwort wußten als die eine stereotype Antwort: Wir haben uns nichts dabei gedacht.
    So daß sich daraus eine weitere Frage ergab: Wo ist die Grenze zwischen Toleranz und Mißtrauen gegenüber dem Nachbarn? Eine Frage, auf die es keine sichere und beruhigende Antwort gibt. Gleichgültigkeit kann zur Duldung von Verbrechen, Mißtrauen zur Verfolgung Unschuldiger führen.
    Wurden im Fall Denke jedoch tatsächlich alle Zeichen, die auf ein Verbrechen hindeuteten, aus Gleichgültigkeit oder Nachsicht übersehen, dann läßt sich nur zu leicht einer ganzen Stadt vorwerfen: Ihr seid mitschuldig an diesen Morden. Oft aber fügen sich die einzelnen Alarmsignale für eine Mordserie erst nach der Entdeckung des Täters zu einem Ganzen zusammen. Die einzelnen Teile des Puzzles erscheinen zuvor rätselhaft und vieldeutig, vor allem, wenn der Täter, wie so viele Serienmörder, unauffällig und harmlos wirkt.
    Denke konnte auch deshalb seine Morde so lange fortsetzen, weil er seine Opfer unter nicht seßhaften Menschen aussuchte. Es waren Wanderburschen, Landstreicher, Bettler, Arbeitslose, Ausgegrenzte. Es fiel niemandem auf, wenn sie verschwanden. Wurden sie den noch vermißt und gesucht, verlief ihre Spur im Nichts.
    Im Gegensatz zu Serienmördern wie Kürten und Haarmann, die bereitwillig über ihre Verbrechen sprachen und sich ihrer Taten brüsteten, nahm sich Denke das Leben, bevor er eine einzige Aussage machen konnte. Die Triebkräfte seiner Taten lassen sich nur erahnen.
    Dr. Pietrusky versuchte damals, sie in Denkes Lebensgeschichte zu entdecken.
    Denkes Vater besaß eine kleine Landwirtschaft. Karl war der dritte Sohn. Die familiären Verhältnisse waren geordnet, Geisteskrankheiten und Alkoholismus nicht bekannt.
    Karl war ein Spätentwickler, von schwachem Intellekt und gestörter Sprachfähigkeit. Erst mit sechs Jahren konnte er die ersten Worte stammeln. Unbegreiflicherweise wurde er trotzdem mit sechs Jahren eingeschult, so daß die Schule für den Minderbegabten zur Qual wurde. Der Lehrer verspottete ihn als Idioten. Seine Bewegungen verliefen in Zeitlupe, seine Sprache war umständlich und verworren, seine Lernfähigkeit machte nur geringe Fortschritte. Seine geistigen und körperlichen Mängel errichteten eine Mauer zwischen ihm und seiner Umwelt. Karl blieb auf sich selbst zurückgeworfen, ein Einzelgänger. Er galt als mürrisch und verstockt. Er haßte die Schule, in der er ständig nur gedemütigt wurde. Sein Bruder und ein Klassenkamerad mußten ihn oft gewaltsam zum Unterricht schleppen. Seine Sprachstörungen behielt er sein Leben lang, lange Zeit war er auch Bett nässer. Heute würde man ihn vielleicht als Autisten bezeichnen.
    Verschlossen und teilnahmslos, mußte er zu jeglicher Arbeit gedrängt werden. Eine berufliche Ausbildung erschien aussichtslos. Der Vater ließ Karl in der Landwirtschaft mitarbeiten. Einmal verschwand er ein ganzes Jahr, um in einem Steinbruch zu arbeiten.
    Nach dem Tode seiner Eltern behielten ihn seine Geschwister bei sich, weil er sich allein nicht im Leben behaupten konnte. Für Frauen interessierte sich Denke nie. Jemand hatte behauptet, Denke sei weder Mann noch Frau. So glich er einem blassen geschlechtslosen Wesen, das sich träge in dunklen Tiefen bewegte. Als er sich sein Erbteil auszahlen ließ und in Münsterberg ein Haus kaufte, geriet er bald in finanzielle

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