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Der zweite Buddha

Der zweite Buddha

Titel: Der zweite Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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dort? Sie sind doch nicht Olney?«
    »Nein, Sir; hier spricht Wilbur C. Denton; ich bin der Sekretär von Mr. Crockett. Ich werde Ihnen sofort den Fahrstuhl schicken, Mr. Lam.«
    »Ja, danke«, sagte ich, legte den Hörer auf die Gabel zurück und wartete. Es dauerte keine 30 Sekunden, da war der Aufzug bereits da. Während ich nach oben glitt, schoß mir die Frage durch den Kopf, ob wohl die Röntgenanlage eingeschaltet sein mochte. Wahrscheinlich ja, vermutete ich. Da hielt der Fahrstuhl; ich stieg aus und stand vor einem männlichen Wesen, dessen Länge durch seine schlechte Haltung übertroffen wurde. »Mein Name ist Denton«, begrüßte er mich. »Erfreut, Sie kennenzulernen.«
    Seine Hand lag schlaff in der meinen. Ich ließ sie rasch wieder los und erkundigte mich: »Wo steckt Olney?«
    »Er telefoniert gerade, Mr. Lam.«
    »So; und Crockett?«
    »Mr. Crockett muß jeden Moment hier sein. Es kann sich höchstens noch um ein paar Minuten handeln; er hat heute vormittag etwas sehr Wichtiges vor und hat mich eigens deshalb herbestellt. Aber Mr. Olney meint, daß er trotzdem unter allen Umständen erst mit Ihnen sprechen will.«  ,
    Denton lächelte; es war eine etwas verwässerte Version der Olneyschen Herzlichkeit. Dann bedeutete er mir, ihm zu folgen, und führte mich in einen Raum, den ich noch gar nicht kannte. Eine elektrische Schreibmaschine, ein Kopiergerät, Aktenschränke und einige bequeme Sessel ließen erkennen, daß er als Schreibbüro diente.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, forderte er mich auf. »Wenn Sie gestatten, arbeite ich solange noch ein bißchen.«
    »Lassen Sie sich nicht stören.«
    Denton setzte einen Kopfhörer auf und stellte das Diktiergerät an. Seine langen, knochigen Finger schwebten eine Sekunde lang über der Tastatur der Schreibmaschine; dann fielen sie auf die Tasten wie die Hände eines Klaviervirtuosen.
    Fasziniert beobachtete ich ihn. Das Stakkato der Anschläge wurde n ur durch das Klingelzeichen am Ende jeder Zeile unterbrochen. Ich hatte den Eindruck, daß der Schlitten ebenso rasch von rechts nach links glitt, wie er von dem elektrischen Mechanismus von links nach rechts transportiert wurde. Im Nu war das Ende des Bogens erreicht, und Denton legte ein neues Blatt ein.
    Da ging die Tür auf, und Olney kam herein. Er bestand nur aus Lächeln, und Herzenswärme strahlte ihm aus allen Knopflöchern. »Na, da sind Sie ja endlich!« rief er. »Donald Lam, der Meisterdetektiv... großartig haben Sie das gemacht, Lam! Wie geht’s Ihnen?«
    Er packte meine Rechte und schüttelte sie heftig; gleichzeitig schlug er mir mehrfach auf die Schulter. Es war fast ein Bühnenauftritt.
    Denton ließ sich indessen von dieser Szene nicht beeindrucken. Er würdigte uns keines Blickes und hämmerte ohne Pause auf die Tasten.
    »Also, dann kommen Sie mal mit rüber, Lam«, beendete Olney schließlich die Begrüßung. »Mr. Crockett erwartet Sie.«
    Er führte mich in einen anderen Arbeitsraum und klopfte an eine Tür in der Rückwand, die so aussah, als liege dahinter ein Wandschrank.
    Da niemand antwortete, klopfte er abermals.
    Wieder rührte sich nichts. Nun drückte er auf einen Klingelknopf - einen außerordentlich geschickt verborgenen Klingelknopf, der selbst bei genauem Hinsehen nicht zu entdecken war. Wahrscheinlich hätte man ihn mit einem Vergrößerungsglas finden können, aber wer nicht wußte, wo er zu suchen war, würde kaum Erfolg haben. Obgleich ich ihm zugesehen hatte, merkte ich nur an einem entfernten Klingeln, was die rasche Bewegung seines Daumens zu bedeuten hatte.
    Auch diesmal geschah nichts. Olney blickte auf seine Armbanduhr und murmelte: »Komisch ...«
    Da sagte hinter uns eine Frauenstimme: »Ist etwas nicht in Ordnung, Melvin?«
    Ich wandte mich um und erkannte Mrs. Crockett. Sie war mit einem ziemlich durchsichtigen Neglige bekleidet, und da sie gegen das Licht stand, bot sie einen recht offenherzigen Anblick. Das schien sie aber nicht weiter zu stören.
    Olneys Stimme war kühl und formell: »Alles in bester Ordnung, Mrs. Crockett.«
    In diesem Augenblick bemerkte sie mich. »Ach, Mr. Lam — guten Morgen... oh, ich fürchte, ich bin ein bißchen transparent...«
    Also doch, dachte ich. Sie lachte und zog das Négligé enger zusammen, ohne daß hierdurch die Sicht wesentlich verschlechtert worden wäre.
    »Was ist mit Dean — wo steckt er denn?« erkundigte sie sich.
    »In seinem Privatbüro«, berichtete Olney. »Er sagte mir, daß er heute früh um neun

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