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Der zweite Buddha

Der zweite Buddha

Titel: Der zweite Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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stellte mich an die gleiche Stelle, an der er gestanden hatte, und ließ die Finger über die Wand gleiten. Gleichzeitig setzte ich den linken Fuß unmittelbar vor der Tür dicht an die Stoßleiste. Dann drückte ich wahllos mit dem Daumen irgendwohin, preßte aber gleichzeitig die linke Fußspitze fest gegen den Fußboden.
    Augenblicklich erklang drinnen die Glocke.
    Olney riß die Augen auf. »Donnerwetter!«, rief er aus. »Vor Ihnen muß man sich ja in acht nehmen!«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Phyllis Crockett kam mit dem Schlüssel. »Ich gebe ihn nur heraus, weil Sie mir versichert haben, daß ...«
    Olney ließ sie nicht ausreden. Er riß ihr fast den Schlüssel aus der Hand, schob ihn in das Schloß, ließ es aufschnappen lind stieß die Tür auf.
    Wir traten gleichzeitig vor und blieben gleichzeitig wie angenagelt stehen. Hinter der Tür befand sich die kleine Kammer, die ich am Tage zuvor vom Badezimmerfenster aus gesehen hatte. Und vor uns lag Dean Crockett der Zweite. Er lag auf dem Rücken; die Knie waren extrem gebeugt und die Füße halb unter seinem Körper verborgen. In seiner Brust steckte dicht unter dem Halsansatz der Bolzen eines Blasrohrs. Offensichtlich war der Mann schon eine ganze Weile tot.
    Ohne meinen Standort zu verändern, ließ ich den Blick rundum durch den kleinen Raum wandern. Die Kammer war unmöbliert, bis auf die Regale, die ich schon gestern gesehen hatte. Sie waren mit allen möglichen Dingen vollgestellt: Konservenbüchsen, Bücher, Kunstgegenstände, Schreibpapier, Zettelkästen und sonstiger Kram lagen auf den Brettern durcheinander. In der Rückwand der Kammer bemerkte ich knapp unterhalb der Decke einen zweiten Bolzen. Er war tief in das Holz der Wandverkleidung gedrungen, und ich mußte daran denken, was mir Phyllis Crockett von der Durchschlagskraft erzählt hatte, die das verschwundene und wiedergefundene Blasrohr den Bolzen verleihen sollte.
    »Großer Gott!« stöhnte Olney.
    »Da — in seiner Kehle!« schrie Phyllis Crockett. »Der Bolzen ...« Ihre Stimme war völlig verzerrt.
    »Da oben im Regal steckt noch einer.« Ich wies dorthin.
    »Wo?« Mrs. Crockett trat rasch vor, sah den Bolzen und wollte danach greifen.
    »Finger weg!« sagte ich scharf.
    Sie fuhr herum. »Was soll das heißen, Mr. Lam? In was für einem Ton reden Sie mit mir? Sie haben kein Recht...«
    »Lassen Sie den Bolzen, wo er ist«, unterbrach ich sie ungerührt. »Der Bolzen ist ein Beweisgegenstand. Und wenn Sie irgend etwas hier drin anrühren, dann wird es Ihnen wahrscheinlich bald außerordentlich leid tun.«
    »Was meinen Sie damit? « fragte sie, im Augenblick mehr verwirrt als zornig.
    »Aus dem Winkel, in dem dieser Bolzen in das Holz eingedrungen ist, kann man seine Flugbahn berechnen«, erklärte ich ihr. »Er muß durch das offene Fenster gekommen sein, das kann man schon von hier aus erkennen. Und ich vermute, bei näherer Prüfung wird sich herausstellen, daß die Flugbahn nach Ihrem Badezimmerfenster weist.«
    Sie sah mich mit weit aufgerissenen Augen an, sagte aber nichts.
    »Wenn Sie also jetzt den Bolzen ‘rausziehen«, fuhr ich fort, »dann wird man nachher behaupten, daß Sie sich nicht zuerst um Ihren Mann gekümmert haben, sondern daß Sie bemüht waren, schleunigst Spuren zu verwischen — Spuren, die nach Ihrem Badezimmerfenster wiesen. Und dann wird mit Sicherheit jemand auf die Idee kommen, daß Sie selbst den Bolzen abgeschossen haben könnten... Nein, Mrs. Crockett, es ist schon besser, wenn Sie jetzt diesen Raum verlassen und nichts darin verändern. Ich werde die Polizei verständigen.«
    Olney betrachtete mich erstaunt. »Ich weiß nicht recht«, sagte er kalt, »ich glaube, ich sehe mich gezwungen, Mrs. Crockett zuzustimmen: Sie haben wirklich kein Recht zu dieser Haltung; Sie maßen sich Befugnisse an, die Ihnen nicht zustehen.«
    »Das lassen Sie doch meine Sorge sein«, wies ich ihn zurecht. »Ich besitze eine Lizenz aus Privatdetektiv, und ich weiß, was ich in diesem Fall zu tun habe. Sie werden jetzt den Raum verlassen — alle beide —, und ich werde die Mordkommission anrufen.«
    »Und wenn wir es ablehnen, Ihren Anordnungen zu gehorchen?« fragte Olney erregt.
    »Dann werde ich der Polizei nicht nur sagen, daß Sie Spuren verwischt haben, sondern auch, daß Sie es absichtlich getan haben.«
    Einen Augenblick lang maßen wir uns wortlos mit den Augen. Dann grinste er: »Das ändert allerdings die Sachlage... Kommen Sie, Mrs.

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