Der zweite Buddha
Crockett; wir tun, was er gesagt hat. Und um dieser kleinen Klapperschlange auch gleich die Giftzähne auszubrechen: soll er doch den Schlüssel behalten, bis die Polizei da ist. Dann kann wenigstens niemand behaupten, wir hätten irgendwelche Beweismittel entfernt.«
Während er das sagte, schob er Phyllis Crockett aus dem Kämmerchen. Ich folgte, und er schloß die Tür ab. Ich ließ mir den Schlüssel geben und meinte: »Das ist eine der besten Reden, die Sie je gehalten haben — auch wenn Sie das vielleicht gar nicht wissen... oder wissen Sie es?«
11
Kurz darauf kamen die Beamten von der Mordkommission. Sie standen unter dem Kommando von Frank Sellers, einem alten Verehrer Bertha Cools.
Sellers hatte einen widerwilligen Respekt vor Berthas unkomplizierten, aber ausgekochten Anschauungen. Über mich war er sich nicht recht im klaren. Als ich damals in die Firma eintrat, hatte Sellers kein Hehl daraus gemacht, daß er dies für einen Fehlgriff hielt. Vergebens hatte ihm Bertha zu erklären versucht, daß sie einen jüngeren, körperlich und geistig beweglichen Partner brauche. Sellers hält nicht viel von geistigen Fähigkeiten; er ist mehr für Muskeln.
Dieser Frank Sellers betrat nun also an der Spitze seiner Leute den Raum und erkannte mich sogleich. »Ei, wer ist denn da — das ist doch mein Freund Donald, der Miniaturdetektiv; der kleine Mann mit dem großen Gehirn, den sie aus der Anwaltskammer ‘rausgeschmissen haben... Was, zum Teufel, machen Sie denn hier, Lam?«
»Gerade habe ich die Polizei angerufen und einen Mord gemeldet«, berichtete ich. »Und jetzt will ich auf schnellstem Wege in mein Büro zurück, sobald ich Ihnen die notwendigen Fragen beantwortet habe — natürlich nur, falls Sie nicht Wert darauf legen, ein Stündchen mit mir zu verplaudern.«
»Kaum, sprach der Ochse, als man ihn melken wollte... Wo ist Crockett?«
»Hinter der Tür dort liegt er. Hier ist der Schlüssel. Sie werden ein paar interessante Spuren finden.«
»Sehr wahrscheinlich«, knurrte Sellers, »nachdem Sie dran ‘rumgespielt haben.«
Er nahm den Schlüssel und schloß die Tür auf. Dann stand er eine ganze Weile bewegungslos im Türrahmen und sah sich in dem kleinen Raum um. Schließlich winkte er zwei von seinen Leuten heran und wies auf den gefiederten Bolzen, der im Holz des Regals steckte. »Stellen Sie fest, wem das Apartment da unten gehört«, ordnete er an. »Dann suchen Sie den Hausmeister; er soll mit dem Hauptschlüssel kommen. Ich will da mal hineinschauen.«
»Das ist nicht nötig«, warf Phyllis Crockett ein. »Ich habe das Apartment gemietet.«
»Wieso?« fragte Sellers erstaunt. »Sie wohnen hier oben, und außerdem haben Sie noch das Apartment?«
»Da unten arbeite ich. Das ist mein Atelier.«
»Aha, da arbeiten Sie... was denn, wenn ich fragen darf?«
»Sie malt«, warf ich ein.
Sellers wandte sich zu mir: »Seit wann hängen Sie eigentlich in der Geschichte drin?«
»Seit drei Tagen.«
»Und wie kam das? — Los, Sherlock Holmes, pack mal aus!«
»Crockett hat doch diese Party gegeben«, begann ich; »und weil ihm bei ähnlichen Anlässen schon Sachen weggekommen sind, hat er Bertha engagiert, um ...«
»Ach ja, richtig«, unterbrach mich Sellers grinsend, »das hat ja in der Zeitung gestanden. Na, und wie ist Bertha mit den Gästen fertig geworden?«
»Großartig natürlich.«
»Klar«, sagte er überzeugt, »das kann sie, so was. Wie geht’s ihr denn?«
»Ist ganz groß in Form«, berichtete ich.
Er schien den eigentlichen Anlaß zu diesem Gespräch ganz vergessen zu haben. »Dolle Nummer, die Bertha«, meinte er begeistert und fügte, zu seinen Beamten gewandt, erklärend hinzu: »Das ist nämlich eine Dame, die jeden von euch k. o. schlägt, wenn sie will...« Dann - wieder zu mir —: »Okay, Lam —, nehmen Sie die beiden jetzt in einen der anderen Räume hinüber und passen Sie auf, daß sie keinen Unsinn machen. Wir schauen uns inzwischen mal ‘n bißchen um... Wieso ist übrigens die Leiche jetzt erst entdeckt worden? Der Mann muß doch schon eine ganze Weile tot sein.«
»Ich bin gerade erst gekommen«, erwiderte ich. »Aber ich habe mir sagen lassen, daß Crockett dort hinten drin so eine Art geheimen Arbeitsraum eingerichtet hatte. Er schloß sich dort ein, wenn er nicht gestört werden wollte. Und das wurde sehr streng gehalten.«
»Hm... und wie war das mit dem Essen?«
»Sie sehen doch die Konservendosen in dem Regal; hinter dem Arbeitsraum soll
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